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Panorama: "Wir leben auf einem Pulverfaß"

Im Wrack der Pallas ist weit mehr Öl, als das Kieler Umweltministerium zugibt.Etwa 100 Tonnen sollen sich im Bug, dem vorderen Teil des Schiffes also, befinden.

Im Wrack der Pallas ist weit mehr Öl, als das Kieler Umweltministerium zugibt.Etwa 100 Tonnen sollen sich im Bug, dem vorderen Teil des Schiffes also, befinden.Diese Menge nannten Amrumer Politiker, die am Montag enttäuscht von der ersten Sitzung des Untersuchungsausschusses in Kiel auf ihre Insel zurückkehrten.

"Die sagen nicht die Wahrheit und spielen die Gefahr herunter", sagte Amrums Katastrophenschutzbeauftragter Peter Martinen über die Kieler Ministerien."Und daß Öl im Schiff ist, ist klar." Seiner Kenntnis nach war einer der Treibstofftanks leckgeschlagen.Das Öl lief dann in die Spitze des Schiffes, weil diese tiefer als das Mittelteil im Mahlsand versackt ist."Mindestens 100 Tonnen sind da noch drin", sagte der Bürgermeister der Insel-Gemeinde Wittdün, Klaus Theus, dem Tagesspiegel.

"Wir leben auf einem Pulverfaß." Wenn der Bug jetzt abbreche, werde auf einen Schlag soviel Öl auslaufen wie nach der Strandung im November.Damals starben 16 000 Enten.Liefe im Frühjahr erneut Öl aus, wären seltene Vögel betroffen."Das wäre eine richtige Katastrophe", sagte ein Amrumer.

Nun geht Angst um auf der Insel.Denn der Frachter ist nach drei Monaten derart von der See zerschlagen, daß der Bug beim nächsten Sturm abbrechen könnte.Da die Holz-Ladung in der vordersten Luke nicht entladen wurde, kommt man nicht an die Tanks unter dem Laderaum heran.Die Arbeitsplattform "Barbara", von der aus das Feuer bekämpft und das Öl abgepumpt wurde, ist nach Rotterdam zurückgekehrt.Am 8.Januar hatte das Kieler Umweltministerium die Menge Restöl im Wrack auf drei Tonnen geschätzt.Behörden-Sprecherin Claudia Viße behauptete gestern, daß Taucher auch die vorderen Tanks kontrolliert hätten.Wie das geschehen sein soll, sagte sie nicht.

Experten von der Insel rechnen folgendermaßen: 600 Tonnen Treibstoff waren auf der Pallas, als sie am 29.Oktober einige Seemeilen vor Amrum strandete.300 Tonnen wurden von der Barbara abgepumpt, 60 Tonnen liefen aus.Zudem wurden einige hundert Tonnen mit Sand-Öl-Gemisch an den Stränden gesammelt.Wie hoch der Anteil des Öls in der Mischung war, ist ungewiß.Der Rest sei verbrannt, behauptet Umweltminister Steenblock.Doch viele Amrumer glauben dem Grünen-Politiker nichts mehr.So sei er nicht auf einen Vorschlag der Behörden vor Ort eingegangen, die gefordert hatten, die Laderäume mit Sand zu füllen.Dies hätte zwei Vorteile: Das Wrack läge stabiler, und Öl würde gebunden.

Das Ministerium verschanzt sich derzeit hinter einem Gutachten, das ein "externer Experte" bis Mitte Februar vorlegen soll.Wer das ist - darüber schweigt man sich im Ministerium aus."Nichts passiert", sagt Amrums Katastrophenschützer Martinen.

Jedenfalls nichts, was das Ölproblem löst.Gestern brachte der Tonnenleger "Repsold" vom Wasser- und Schiffahrtsamt vier "Sperrgebietstonnen" im Gebiet um die Pallas aus.Wieviel Öl genau noch in der Pallas lagert, wissen allerdings auch diese Seeleute nicht.Der Maschinist der "Repsold" berichtete vom Schiff aus, daß der Deckel der vordersten Luke durch den Sturm in den Laderaum gestürzt sei.Außerdem werde der Riß im Rumpf immer größer.Bei Flut sei das Vorschiff vollständig überspült.Demnächst solle auf der Pallas ein drei mal drei Meter großes Warnschild aufgestellt werden: "Betreten des Wracks verboten." Dazu sagte eine Amrumerin: "Für sowas haben die Geld".

JÖRN HASSELMANN

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