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Panorama: Zeuge: Kabelbrand war Ursache des Unglücks

Einen Tag nach dem schwersten Zugunglück in der Geschichte Ägyptens mit 373 Toten sind Zweifel an der offiziell genannten Unglücksursache aufgekommen. Die Polizei hatte erklärt, in dem Zug sei eine Gasflasche explodiert.

Einen Tag nach dem schwersten Zugunglück in der Geschichte Ägyptens mit 373 Toten sind Zweifel an der offiziell genannten Unglücksursache aufgekommen. Die Polizei hatte erklärt, in dem Zug sei eine Gasflasche explodiert. Diese sei entweder vom Zugpersonal oder von einem Fahrgast zum Aufbrühen von Tee benutzt worden. Einer der Überlebenden der Brand-Katastrophe sagte dagegen der Oppositionszeitung "Al-Ahrar", er habe gesehen, wie ein elektrisches Kabel zwischen zwei Waggons Funken gesprüht habe. "Dann hat sich das Feuer ganz schnell ausgebreitet", erklärte Mokhtar Ali Fahmi (20). Der Zugführer Mansur Jussif el Kummus sagte, wegen des starken Windes sei es nicht möglich gewesen, den Brand mit den im Zug vorhandenen Feuerlöschern zu bekämpfen.

Linke Oppositionspolitiker forderten den Rücktritt von Transportminister Ibrahim el Demeiri. Sie erklärten, es sei sicher kein Zufall, dass sich das Unglück in einem maroden Zug der dritten Wagenklasse ereignet habe, mit dem nur arme Leute reisen und nicht in einem klimatisierten Zug der ersten Klasse. Einige Kairoer Tageszeitungen kritisierten auch die Feuerwehrleute und Rettungskräfte. Die Feuerwehr habe erst sieben Stunden nach Ausbruch des Feuers mit den Löscharbeiten begonnen, schrieb "Al-Ahrar".

Sieben Waggons des Zuges, der sich auf dem Weg von Kairo ins oberägyptische Assuan befunden hatte, waren am Mittwochmorgen völlig ausgebrannt. Das Unglück ereignete sich etwa 70 Kilometer südlich von Kairo. Das Innenministerium erklärte die Bergungsarbeiten am Mittwochabend für beendet und gab bekannt, es seien insgesamt 373 Leichen geborgen worden. Die Zahl der Verletzten wurde mit etwa 60 angegeben. Der Direktor des Krankenhauses von El Ajat, in dem viele der Opfer behandelt waren, sagte, die meisten von ihnen hätten die Klinik wieder verlassen können.

Da die meisten Todesopfer durch das Feuer völlig entstellt wurden, konnten bislang erst weniger als ein Drittel der Leichen identifiziert werden. Die Beerdigung in einem "Märtyrergrab" ist nach Angaben der ägyptischen Nachrichtenagentur MENA für kommenden Samstag geplant. Im Islam müssen Tote möglichst schnell beerdigt werden. Die ägyptische Opposition hat indes eine Sicherheitsüberprüfung sämtlicher Bahnen gefordert. Oppositionsführer Mohammed Mursi sprach sich für die Bildung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses aus. Er kritisierte die Sicherheit im Bahnverkehr. Nach Angaben der Zeitung "El Gomhurija" kamen in den vergangenen zehn Jahren bei Zugunglücken in Ägypten 6000 Menschen ums Leben.

Kein neues Luxor

Der "Todeszug", der "Höllenzug" - Ägypten ist wieder mit tragischen Geschehnissen in den Schlagzeilen. Und das ist eigentlich das Letzte, was ein Land braucht, das in ganz erheblichem Ausmaß davon lebt, dass Besucher ins Land kommen und Devisen bringen. Katastrophenmeldungen machen oft an einem Tag das kaputt, was durch millionenschwere Anzeigenkampagnen und Öffentlichkeitsarbeit über Monate aufgebaut wurde.

Muss das Land nun einen ähnlichen Einbruch bei den Touristenzahlen fürchten wie nach den Anschlägen von Kairo und Luxor 1997? Wohl kaum. Erstens ist die ägyptische Tourismuswirtschaft - so zynisch es klingt - nach dem 11. September ohnehin immer noch am Boden. Aktuelle Preissenkungen bei Reiseveranstaltern sind dafür vielleicht der deutlichste Beleg. Zweitens zeigt die Erfahrung, dass Touristen sehr wohl zu unterscheiden wissen zwischen einer "lokalen" Katastrophe und einer Bedrohung, die sie selbst treffen könnte. Kein Kreuzfahrtgast storniert seine Reise in südostasiatische Gewässer, weil vor den Philippinen eine überladene Fähre mit 1000 Passagieren gesunken ist.

dpa, AFP

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