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Panorama: Zu tief gegraben

Zwei Jahre auf Bewährung für Baggerführer nach Gasexplosion

Zwei Jahre nach der verheerenden Gasexplosion, die ein Bremer Heilsarmee-Altenwohnheim weitgehend zum Einsturz brachte und zwölf Menschen das Leben kostete, ist am Donnerstag ein 52-jähriger Baggerführer zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Landgericht Bremen hielt ihn der fahrlässigen Tötung und der Herbeiführung einer Explosion für schuldig. Laut Urteil hatte der bislang unbescholtene Familienvater bei Kanalbauarbeiten etwa zehn Zentimeter zu tief gebaggert und dadurch ein Gasrohr angehoben. Dadurch riss an der Kellerwand des Altenheims die Verbindung der Gaszuleitung zum hausinternen Rohrsystem ab, so dass Gas ausströmen und einige Minuten später explodieren konnte.

200 Rettungskräfte hatten in den Trümmern des Hauses tagelang nach Verschütteten gesucht. Elf Bewohner und Beschäftigte konnten nur noch tot geborgen werden; ein zwölftes Opfer starb später im Krankenhaus. 22 Personen wurden verletzt. Der Sachschaden betrug nach Angaben des Gerichts mindestens 3,3 Millionen Euro, nach Schätzungen der Verteidigung sogar fünf Millionen, wofür jetzt der Baggerführer und sein Arbeitgeber aufkommen müssen. „Sie haben einen schrecklichen Fehler gemacht - nach 30 Jahren ordentlicher Arbeit", sagte der Vorsitzende der Großen Strafkammer, Reinhard Wacker. Bei dem mehr als elfwöchigen Prozess wurden aber auch allgemeine Sicherheitsmängel deutlich: Es gibt keine präzisen Vorschriften für die Verlegungstiefe und die Kennzeichnung von Gasleitungen. Laut Urteilsbegründung wird in Lageplänen nicht vermerkt, wie tief die Rohre in der Erde liegen. In der Regel lägen die Leitungen 60 bis 80 Zentimeter tief. Darauf dürften sich Bauarbeiter bekanntermaßen aber nicht verlassen.

Deshalb, so die Richter weiter, hätte der Angeklagte höchstens 40 Zentimeter tief baggern dürfen. Er habe jedoch mindestens zehn Zentimeter tiefer geschürft. Zugleich habe aber auch das Rohr höher gelegen als üblich. Zu dieser unglücklichen Konstellation sei noch hinzu gekommen, dass das Verbindungsstück zwischen Zuleitung und Hausleitungssystem nicht normgerecht gewesen sei. „Ein Din-gerechtes Gewinde hätte halten können", meinte der Kammervorsitzende.

Die zweijährige Bewährungsstrafe entsprach voll dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert. Rechtsanwalt Wolfgang Dierks hält es für „überspitzt", einem Baggerführer zehn Zentimeter Tiefendifferenz zum Vorwurf zu machen. „Baggern ist kein Uhrmacherhandwerk", kommentierte er das Urteil.

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