zum Hauptinhalt
Nicht von Dauer. Viele Migranten bleiben nur kurz in ihrer Wahlheimat. Foto: dpa

© dpa

Panorama: Zuzug in Industrieländer hat Konjunktur

Trotz Krise: Immer mehr Einwanderer zieht es in die reicheren Gegenden der Erde. Das nützt auch den Aufnahmeländern

Paris/Berlin - Auch in der Krise ist der Zuzug in die Industrieländer ungebrochen. Im vorvergangenen Jahr – neuere Zahlen lagen noch nicht gesichert vor – verzeichneten die Länder der OECD zwei Prozent mehr Einwanderung. Auf Spitzenwerte kommt demnach Deutschland, das unter den Ländern mit dem deutlichsten Zuwachs war. Die OECD, die „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“, vereint die 34 wirtschaftlich höchstentwickelten Länder der Welt.

Knapp 300 000 Menschen kamen dem aktuellen Bericht nach 2011 in die Bundesrepublik, heißt es im aktuellen „Internationalen Migrationsausblick” der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das waren etwa 68 000 mehr als noch 2010. Deutschland steht damit an fünfter Stelle der attraktivsten OECD-Länder, nach den USA, Großbritannien, Spanien und Italien. Spaniens Zuwanderer stammen vornehmlich aus dem spanischsprachigen Lateinamerika; Die Zuwanderung nach Italien etwa liegt inzwischen um 44 Prozent unter dem – hohen – Niveau von 2007. Aus dem europäischen Süden und den anderen von der Krise getroffenen Ländern wanderten zwischen 2009 und 2011 um 45 Prozent mehr eigene Staatsbürger ins Ausland. Und, heißt es im Bericht der OECD: „Die vorläufigen Daten für 2012 zeigen, dass die Abwanderung anhält.“ Nutznießer dieser Entwicklung seien vor allem Großbritannien und wieder Deutschland.

Dass es sich für die Aufnahmeländer um Nutzen geht, macht der Bericht auch klar: In mehr als zwei Dritteln der OECD-Länder sei der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung 2011 geschrumpft; die Lücke sei immer schwerer durch inländische Reserven zu schließen: „Folglich wird Migration immer wichtiger als Mittel, Unwuchten des Arbeitsmarkts auszugleichen“, schreiben die Autoren des Berichts. Da die demographische Entwicklung – also der Arbeitskräfteschwund im reichen Norden der Erde – über die nächsten Jahrzehnte anhalten werde, „werden mehr und mehr Länder der OECD Ländern wie Australien und Kanada ähnlich werden, was Bedeutung und Vielfalt ihrer migrantischen Bevölkerung angeht“. Dabei weist auch der Bericht darauf hin, dass gerade europäische Migranten, die nahe der Heimat wohnten und als EU-Bürger Freizügigkeit genössen, oft nicht auf Dauer blieben. In den vergangenen Jahren sei nur jeder zweite Grieche und sogar nur jeder dritte Spanier länger als ein Jahr in Deutschland geblieben.

Der OECD-Bericht beklagt zudem die noch nicht befriedigende Eingliederung der Zuzügler in die Arbeitsmärkte der Aufnahmeländer. Sie sei zwar besser geworden – in Deutschland sogar überdurchschnittlich, mit einem Zuwachs um fünf Prozentpunkte zwischen 2008 und 2012. Doch in nur wenigen OECD-Ländern seien Einwanderer und Einheimische gleichermaßen auf dem Arbeitsmarkt vertreten.

Einen Hinweis auf die Gründe gibt der Bericht ebenfalls, der sich, wie schon im vergangenen Jahr, in einem eigenen Kapitel mit den wirtschaftlichen Folgen von Diskriminierung befasst - von der übrigens männliche Migranten öfter betroffen seien als weibliche. Diskriminierung sei „ein zentrales Hindernis“ für die Integration von Einwanderern auf dem Arbeitsmarkt, aber auch in der Gesellschaft als ganzer und könne „wirtschaftliche Verluste“ verursachen.

So gut es allerdings sei, Antidiskriminierungspolitik zu machen, heißt es im Text, vermutlich sei es am wichtigsten, Diskriminierung bewusst zu machen – also eine Kulturveränderung zu schaffen. Zumal es meist nicht „um persönliche Vorurteile“ gehe, sondern um sozial verbreitete „negative Stereotype über Immigranten und ihre Kinder“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false