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Wirtschaft: 100 000 Fachleute zu wenig

Bis 2010 steigt der Bedarf an qualifiziertem Personal in Berlin-Brandenburg erheblich / zu wenig Aus- und Weiterbildung

Berlin - Nun, wo die Konjunktur auch in Berlin anzieht, werden viele Firmenchefs wach. „Im Moment begreifen immer mehr, dass sie nur über eigene berufliche Erstausbildung ihre Zukunft sichern können“, hat Gerd Haendly beobachtet. Und weil für zusätzliche Aufträge auch zusätzliches Personal gebraucht wird, habe derzeit so mancher „Probleme, Fachleute zu kriegen“. Haendly ist Leiter der ABB Training Center GmbH in Wilhelmsruh und seit Jahrzehnten mit Ausbildung beschäftigt. Das gilt so ähnlich auch für Kurt Kutzler, den Präsidenten der TU Berlin. Er spricht von einem „deutlichen Fachkräftemangel“ in Berlin, vor allem fehlten Ingenieure. „Wir können mit unseren Absolventen den Bedarf des Marktes nicht decken“, sagt der TU-Präsident und hofft auf den neuen Hochschulpakt, der zusätzliche Mittel und damit zusätzliche Studienplätze bringen soll.

Bis 2010 werden in der Region Berlin-Brandenburg vermutlich 100 000 Fachkräfte fehlen. Nach Einschätzung der Friedrich-Ebert-Stiftung, die zum „Fachkräftepotenzial im Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg“ am kommenden Donnerstag eine Konferenz veranstaltet, werden zunehmend Industriefirmen Probleme mit Stellenbesetzungen bekommen. Aber auch die Bereiche Gesundheitswesen und die Informations- und Kommunikationstechnologie seien betroffen. Schon heute, so hat der Branchenverband Bitkom ermittelt, sehen sich 43 Prozent der IuK-Firmen in ihrer Entwicklung behindert – weil sie nicht das richtige Personal kriegen. Das bestätigt Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Berliner IHK. „Es gibt zwar viele Willige, aber zu wenig Fähige“, beschreibt er die Situation auf dem Berliner Arbeitsmarkt mit rund 270 000 Arbeitslosen.

Derzeit werde durch die „Quantitätsdebatte“, also die Massenarbeitslosigkeit, noch „verdeckt, dass uns das Thema treffen wird“. Und zwar vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Arno Hager, Chef der Berliner IG Metall, ist optimistisch, „den Personalbedarf mit den Berliner Ressourcen händeln zu können“. Es seien „Instrumente möglich, mit denen man Arbeitslose reanimieren könne“, meint der Metaller. Das glaubt auch Klaus-Dieter Teufel, stellvertretender Chef der Unternehmensverbände (UVB). Gerade in Berlin gebe es eine „schlechte Qualifikationsstruktur bei den Arbeitslosen“, und deshalb sei es ein „schwerer Fehler“, dass die Bundesagentur für Arbeit die Maßnahmen für Fortbildung und Umschulung derart runtergefahren habe. In Berlin nahmen vor vier Jahren 21 627 Arbeitslose an „Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung“ teil, aktuell sind es noch 9587.

Die UVB haben inzwischen einen Fachkräftepool eingerichtet, bei dem sich Firmen Arbeitskräfte ausleihen können, und versuchen mit Verbundausbildungen den Nachwuchs zu sichern. Das macht auch ABB-Ausbilder Haendly, mit dessen Einrichtung inzwischen 173 Unternehmen kooperieren. Vor vier Jahren hatte Haendly 220 Lehrlinge, derzeit sind es 345. „Und alle, die hier fertig werden, haben danach einen Job bekommen“, freut sich der Ausbildungsleiter.

Aber nicht beim IFG – dem Institute for Scientific Instruments in Adlershof. Geschäftsführer Norbert Langhoff hat zwar Jahr für Jahr ein „zweistelliges Wachstum bei Umsatz und Arbeitsplätzen“. Aber weil es im sächsischen Vogtland mehr Ingenieure und Konstrukteure gibt als in Berlin, hat IFG dort inzwischen eine Zweigstelle eröffnet.

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