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Zetsche sucht Anschluss. Der Daimler-Chef will verhindern, dass ihm BMW und MAN davon fahren.

© dpa

125 Jahre Daimler: Drehmoment im Jubiläumsjahr

Daimler feiert bei der Hauptversammlung in Berlin seine 125-jährige Geschichte – und nimmt sich viel vor.

Berlin - Es ist ein Spagat, den Daimler- Chef Dieter Zetsche am Mittwoch im Berliner ICC vor etwa 4700 Aktionären vollführt. Von der Antike bis ins Jahr 2015 reicht er. Vom Glauben, die Erde sei eine Scheibe, bis zur CO2-Emission von 125 Gramm pro Kilometer, die Daimler in vier Jahren für seine gesamte Pkw-Flotte im Schnitt erreichen will. Dem Unternehmen, das die Erfindung des Autos für sich reklamiert, ist kein historischer Verweis zu kühn, sollen der Image-Film und Zetsches Rede auf der Hauptversammlung wohl zeigen. Und: Daimler sieht sich in seiner 125-jährigen Firmengeschichte als Motor des Fortschritts. „Wir können stolz sein auf unsere Tradition“, sagt Zetsche. Aber: „Mehr als die letzten 125 Jahre interessieren uns die nächsten.“

So sind es denn ehrgeizige Ziele, die sich Daimler setzt. Die Krise ist längst Geschichte. Daimler zählt seit 2010 wieder Rekorde: 1,9 Millionen verkaufte Pkw, 97,8 Milliarden Euro Umsatz, 4,7 Milliarden Euro Konzerngewinn – nach einem Minus von 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2009. In den ersten drei Monaten hat das Unternehmen mehr Pkw (plus zwölf Prozent) und Lkw (plus 27 Prozent) abgesetzt als im Vorjahr. „Wir hatten angekündigt, mit hohem Drehmoment aus der Krise zu kommen, und wir haben Wort gehalten“, sagt Zetsche. „Die Marschrichtung heißt profitables Wachstum.“ Daimler wolle das Jubiläumsjahr zum Rekordjahr machen. Berlin ist der passende Ort für diese Ansage: Vor 125 Jahren hatte Carl Benz hier das Patent für das erste Auto mit Verbrennungsmotor angemeldet.

Trotz Japan, trotz der Unruhe in der arabischen Welt bekräftigt der Daimler- Chef seine Prognosen: Der Konzernumsatz soll 2011 über dem des Vorjahres liegen, das operative Ergebnis über den 7,2 Milliarden Euro des Vorjahres. Zetsche rechnet damit, dass die globalen Automärkte 2011 „signifikant weiter wachsen werden“. Zetsche kündigt eine „Kampfansage an den Wettbewerb“ in einem Geschäftsfeld an, das bislang nicht zu den Daimler-Stärken gehörte: in der Kompaktklasse. Auf der Automesse in Schanghai wird ein neues Kleinwagenkonzept zu sehen sein, die neue B-Klasse feiert auf der IAA im September ihr Debüt.

Die Aktionäre bekommen nach einer Null-Runde wieder eine Dividende: 1,85 Euro je Aktie. Die Stimmung im ICC ist auch deshalb entspannter als in den Vorjahren – es sind aber auch deutlich weniger Anteilseigner gekommen als früher. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff spricht von einem „bemerkenswerten Turnaround“, deutet aber auch Besorgnis über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an: „Die Zeiten mit großer Volatilität (Schwankungsbreite) sind längst angebrochen.“

Ulrich Wecker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) nennt das Auf-und-Ab der Daimler-Aktie „irrsinnig“. Zetsche ruft er zu: „Trotz Ihrer guten Finanz- und Absatzzahlen scheint der Kapitalmarkt davon noch keine Notiz genommen zu haben.“ Im Vergleich mit den deutschen Wettbewerbern liege die Daimler-Aktie, die in den vergangenen zwölf Monaten immerhin um 48 Prozent gestiegen sei, weit zurück: BMW habe an der Börse 70 Prozent, die VW-Stammaktie mehr als 60 Prozent zugelegt. Ingo Speich von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, vergleicht die Wertentwicklung des Stuttgarter Unternehmens mit den Höhen der Schwäbischen Alb. „Die Konkurrenz ist aber schon auf Alpenniveau“, sagt er. Daimler gleiche einem Gemischtwarenladen, das sei schlecht für den Kurs. „Wir sprechen von einer Unterbewertung von 20 bis 25 Milliarden Euro“, sagt Speich. Am Mittwoch steigt die Daimler-Aktie bis zum Handelsschluss um knapp 1,3 Prozent.

Über gute Zahlen kann sich der Daimler-Vorstand nach zwei Jahren mit schrumpfenden Bezügen auch persönlich freuen: Die Vergütung der sechs Mitglieder stieg 2010 auf insgesamt 25 Millionen Euro. Allein Zetsche verdiente 8,7 Millionen Euro. „Sie sind uns viel wert“, sagt Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutioneller Privatanleger. Pro Stunde verdiene jeder Daimler-Vorstand rechnerisch 5700 Euro. Während der Hauptversammlung kämen so etwa 200 000 Euro auf den Gehaltskonten zusammen.

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