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Streik der Flugbegleiter: Die Lufthansa streicht viele Flüge.

© dpa/Nicolas Armer

Update

180.000 Passagiere von Streik betroffen: Lufthansa strebt Schlichtung mit Flugbegleitern an

Vier Jahre war Ruhe, nun sind die Lufthansa-Flugbegleiter wieder im Ausstand. 1300 Flüge fallen vermutlich aus. Jetzt macht der Konzern eine Wende.

Die Lufthansa will den Tarifkonflikt mit den Flugbegleitern nun doch in einer Schlichtung lösen. Nach einer monatelangen Gesprächspause erklärte Vorstandschef Carsten Spohr am Donnerstag ausdrücklich, dass man nun auch wieder das Gespräch mit der Kabinengewerkschaft Ufo suche. Ziel sei es, die von Ufo angebotene Schlichtung zu vereinbaren. Bislang hatte der Konzern Gespräche mit dem Argument abgelehnt, dass der Ufo-Vorstand nicht vertretungsberechtigt sei.

Vertrauliche Gespräche zwischen Konzern und Gewerkschaft Ufo geplant

Vorangegangen war am Mittwochabend ein Gespräch mit den konkurrierenden Gewerkschaften Verdi und der neuen "Cabin Union", das von der Ufo nicht wahrgenommen worden war. Lufthansa will mit allen drei Gruppen sprechen, die letztlich darum rangeln, wer für die rund 21.000 Flugbegleiter der Kerngesellschaft Lufthansa Tarifverträge abschließen kann.

Spohr deutete zudem an, dass die Lufthansa das rechtliche Vorgehen gegen die Tariffähigkeit der Gewerkschaft aufgeben könnte. "Wir sind zuversichtlich, auf dem Weg zu einer Schlichtung auch einen Weg zu finden, die bestehenden rechtlichen Fragen zu überwinden", sagte Spohr.

Lufthansa und Ufo wollen nun in vertraulichen Gesprächen über das Wochenende ausloten, ob sie Tarifverhandlungen beginnen oder einen Schlichter anrufen. UFO äußerte sich skeptisch. "Wir werden diesen Versuch machen. Wir wissen noch nicht, ob er erfolgreich ist", sagte Sprecher Nicoley Baublies am Münchener Flughafen. Zumindest machte die Gewerkschaft ihre Ankündigung nicht wahr, den Streik zu verlängern oder auf die deutschen Tochter-Airlines Eurowings und Sunexpress auszudehnen.

Zuvor hatte um Mitternacht ein 48-Stunden-Streik der Flugbegleiter begonnen. Der Konzern strich für Donnerstag bei seiner Hauptmarke Lufthansa rund 700 der weltweit 1100 geplanten Flüge, so dass an den Drehkreuzen München und Frankfurt am Main viele Maschinen am Boden bleiben und auch ein Großteil der lukrativen Überseeflüge ausfallen müssen. 

Zusammen mit 600 geplanten Stornierungen am Freitag sind der Airline zufolge rund 180.000 Passagiere betroffen. Auch Zubringerflüge von den kleineren deutschen Flughäfen fallen aus. Den Kunden wurden Umbuchungen auf andere Gesellschaften und Tage sowie im innerdeutschen Verkehr auf die Bahn angeboten. Dort war am Morgen sowohl in Hessen als auch bundesweit die Verkehrslage normal, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn.

Flughäfen melden keine langen Schlangen an Schaltern

Auch in den Terminals der Flughäfen Frankfurt und München blieb es ruhig. Es habe keine langen Warteschlangen an den Schaltern gegeben, berichteten Sprecher. „Wir gehen davon aus, dass sich die Passagiere im Vorhinein informiert haben“, sagte eine Sprecherin des Flughafenbetreibers Fraport.

Die Gewerkschaft Ufo will am Donnerstag am Flughafen München für die Belange der rund 21.000 Flugbegleiter bei der Lufthansa-Kernmarke demonstrieren. Am Freitag ist dann eine Kundgebung vor der Frankfurter Konzernzentrale am Flughafen geplant.

Die Lufthansa war am Mittwoch in zwei Gerichtsinstanzen mit dem Versuch gescheitert, den Streik noch mit juristischen Mitteln zu stoppen. Sowohl das Arbeitsgericht Frankfurt als auch das hessische Landesarbeitsgericht lehnten eine Einstweilige Verfügung gegen den Streik ab.

Nach Einschätzung der Richter sind die Tarifverträge korrekt gekündigt worden; der Streikbeschluss ist gültig. Angriffe der Lufthansa-Anwälte gegen die kurzfristig geänderte Arbeitskampfordnung der Gewerkschaft lehnten sie ebenfalls ab. Hier handele es sich um interne Regelungen der Ufo ohne Außenwirkung.

Ufo fordert unter anderem höhere Spesen und Zulagen

In der ersten Frankfurter Gerichtsverhandlung hatte Lufthansa der Gewerkschaft noch sofortige Vorverhandlungen zu tariflichen Themen angeboten, die aber erst mit dem neu zu wählenden Ufo-Vorstand ab dem 15. Februar 2020 finalisiert werden könnten. Den jetzigen Vorstand lehne man weiterhin als nicht vertretungsberechtigt ab, sagte Lufthansa-Anwalt Thomas Ubber. Als letzte Möglichkeit zur Verhinderung des Streiks könnte Lufthansa auch eine Schlichtung verlangen, was aber letztlich auf eine Anerkennung des Ufo-Vorstands hinausliefe.

Ufo fordert für die Lufthansa-Flugbegleiter höhere Spesen und Zulagen sowie den besseren Zugang für Saisonkräfte in reguläre Anstellungsverhältnisse. Für die vier anderen Flugbetriebe wurden jeweils separate Forderungen aufgestellt und Urabstimmungen abgehalten.

Letzter Ufo-Streit im Jahr 2015 dauerte eine ganze Woche

In einem ersten Warnstreik bei den vier Tochter-Flugbetrieben hatte Ufo am 20. Oktober dieses Jahres mehr als 100 Flüge ausfallen lassen. Damals hatte der Lufthansa-Konzern keinen Ersatzflugplan erstellt.

Der letzte reguläre Ufo-Streik bei der Lufthansa-Kerngesellschaft datiert aus dem Jahr 2015 und war mit einer Woche Dauer der längste in der Unternehmensgeschichte. Um so etwas zu verhindern, schreckte das Unternehmen vor Maßnahmen wie hohen Schadensersatzklagen gegen die Gewerkschaftsfunktionäre persönlich nicht zurück, wie bei der Verhandlung am Arbeitsgericht herauskam.

Betriebsergebnis der Lufthansa auch im dritten Quartal rückläufig

Der Dax-Konzern hat unterdessen ohnehin schon stark zu kämpfen mit Preisdruck in Europa und steigenden Kosten für Treibstoff. Im saisonal stärksten dritten Quartal ging der bereinigte Betriebsgewinn abermals zurück. Trotz leichten Umsatzzuwachses um drei Prozent auf 27,7 Milliarden Euro sank er um acht Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro.

Nach neun Monaten lag das Betriebsergebnis 30 Prozent unter Vorjahr, der Konzerngewinn sackte mit 1,04 Milliarden Euro noch stärker um 43 Prozent ab. Die Lufthansa steigt deshalb noch stärker auf die Kostenbremse und verordnete den Töchtern Austrian und Brussels Airlines sowie der Frachtsparte Cargo Sparprogramme.

So sollen bei Austrian Airlines 700 bis 800 von gut 7000 Stellen abgebaut werden und bis 2021 die jährlichen Kosten um 90 Millionen Euro sinken. Brussels Airlines und Lufthansa Cargo sollen vor allem durch eine Vereinheitlichung und Verkleinerung der Flotten rentabler werden. (dpa, Reuters)

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