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Klügster Kiez Berlins. Adlershof, der Wissenschaftspark im Südosten der Stadt.

© Kitty Kleist-Heinrich

25 Jahre Wissenschaftspark Adlershof: Wo Wissenschaftler auch Unternehmer sind

Der riesige Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof im Südosten Berlins feiert 25. Geburtstag – und verabschiedet den langjährigen Chef.

Wo liegt der klügste Kiez Berlins? Darüber kann man sicher streiten. Mitte, Dahlem oder Charlottenburg könnten als Stamm-Standorte der drei Universitäten mit einigem Recht um einen solchen Titel konkurrieren. Doch es ist Adlershof, das heute damit wirbt. Was viele Berliner nicht wissen: Tatsächlich ist die Wissenschaftsstadt Berlin Adlershof einer der erfolgreichsten Standorte für Hochtechnologie in Deutschland. Nirgendwo sonst sind wissenschaftliche Einrichtungen dichter gesät. Über 6500 Studierende der HU aus den sechs Fachgebieten Mathematik, Physik, Chemie, Psychologie, Geografie und Informatik tummeln sich hier, zehn außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gibt es auf dem Science-Campus, und insgesamt sind über 1000 Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen dort angesiedelt.

Der eng mit der Geschichte des Fliegens verbundene Ortsteil im Südosten war auch zuvor kein wissenschaftliches Niemandsland, sondern wichtiger naturwissenschaftlicher Standort der Akademie der Wissenschaften der DDR. Seit dem Jahr 1991 fördert die Wista Management GmbH als Gesellschaft des Landes Berlin und Teil des Netzwerkes Berliner Wirtschaftsförderung dort die Ansiedlung von Start-up-Unternehmen junger Forscher, deren wissenschaftliche Entdeckungen und Erfindungen wirtschaftliches Potenzial haben: Zeit für eine Geburtstagstorte mit 25 Kerzen.

Ein besonderes Event kam gestern hinzu: Der feierliche Abschied von Geschäftsführer Hardy Rudolf Schmitz nach 14 – für den Standort Adlershof prägenden – Jahren. Dem abendlichen Empfang ging aus diesem Anlass ein Kolloquium voraus. Seine Leitfrage: „Wie sich Orte mit Zukunft erfolgreich gestalten lassen.“

Zu Beginn seiner Tätigkeit habe ihm der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin noch versichert, es sei ja rührend, wie er sich um diese verlassenen Liegenschaften kümmere, berichtete Schmitz schmunzelnd. Nun konnte Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung, ihm für große Verdienste um den mittlerweile größten Wissenschafts- und Technologiepark Deutschlands danken – und bei dieser Gelegenheit von der Neuansiedlung 60 weiterer Firmen und einem Umsatzplus von 6,8 Prozent im letzten Jahr berichten. „Nach der Jahrtausendwende wurde das Areal wirklich belebt.“ Nun gelte es, das „Fenster der Gelegenheiten“ für die Hauptstadt weiter zu nutzen, auch durch Synergieeffekte mit anderen Standorten. Yzer ist zuversichtlich: „Auch in diesem Jahr wird der Standort wieder über Bundesdurchschnitt wachsen.“

Lust am Neuen

Künftig sollen zudem „Berlin TXL. The Urban Tech Republic“ auf dem Gelände des (dann ehemaligen) Flughafens Tegel und das „Business Innovation Center“ FUBIC, das FU-nah in Dahlem auf dem Gelände des alten US-Militär-Hospitals geplant ist, dazugehören. Letzteres mit einem Schwerpunkt auf Ausgründungen aus dem Bereich der Lebenswissenschaften. „Berlin definiert sich über eine Vielzahl solcher Standorte“, sagte FU-Präsident Peter-André Alt. Kennzeichnend für sie alle sei „die Lust an Neuem, die auch wesentliches Element der Grundlagenforschung ist“.

Den Physiker Albrecht Krüger hat diese Lust am Neuen gleich im Jahr 1990 zur Gründung seiner Firma SENTECH Instruments GmbH in Adlershof bewogen. Seit 1977 war er dort an der Akademie der Wissenschaften tätig gewesen, dann war er einer der Ersten, der die Wege der Marktwirtschaft beschritt. Heute hat seine Firma, die sich unter anderem dem Messen mit Licht widmet, 65 Mitarbeiter, darunter 45 mit Hochschulabschluss. Eine Erfolgsgeschichte.

Diplom-Ingenieurin Ute Franke, Mitbegründerin und Geschäftsführerin des (noch) kleinen Start-ups 5micron GmbH, hat sich erst vor gut einem Jahr in Adlershof angesiedelt. Was sie dort schätzt? „Es gibt hier Partner und Nachbarn, jede Menge kluge Köpfe, Inspiration und offene Türen, kurze Wege und die Nähe zur Universität.“ Dass die Firma über das Know-how verfügt, um mithilfe der Photonik Oberflächen hochpräzise zu vermessen, führt nicht nur zu Aufträgen aus der Luftfahrt und aus der Filmbranche, sondern auch immer wieder zu Kooperationswünschen vonseiten der Wissenschaft, wie Franke berichtete.

Dass Wissenschaftler sich entschließen, Unternehmer zu werden, empfindet Sebastian Turner, Mitherausgeber dieser Zeitung, Gründer der Falling Walls Conference und Mit-Diskutant beim Kolloquium, als „etwas ganz Besonderes“. Adlershof sei in dieser Hinsicht ein interessantes Scharnier – doch sein innovatives Potenzial sei bei den Berlinern noch viel zu wenig bekannt. „Wenn Berlin nur wüsste, was es alles weiß!“

Wista-Chef Schmitz, dem nun Roland Sillmann im Amt des Geschäftsführers nachfolgt, hat darüber zumindest in Adlershof einen hervorragenden Überblick. „Ein solcher Standort muss eine Adresse haben“, so befand er zum Abschied. „Es muss Leute geben, die schlecht schlafen, wenn es nicht läuft.“

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