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Wall ist seit 30 Jahren in Berlin tätig.

© dpa

30 Jahre Wall in Berlin: Meisterhafte Eigenwerbung

Wall feiert sein 30-jähriges Jubiläum und verlängert den Vertrag mit dem Senat um vier Jahre. Klaus Wowereit gratuliert und blickt zurück auf aufregende Jahre.

Der Wowereit spinnt, wenn er jetzt auch noch Toilettenhäuschen eröffnet. So hieß es hier und da vor einigen Jahren. Am Donnerstagabend erinnerte sich Klaus Wowereit an diese und andere Episoden, die er mit der im Stadtbild so überaus präsenten Firma Wall erlebt hat. Und natürlich mit dem Namensgeber Hans Wall. Dessen Sohn Daniel, seit 2009 Vorstandsvorsitzender und mit gut neun Prozent auch Miteigentümer, hatte in den Martin-Gropius-Bau zu einem „Parlamentarischen Abend“ eingeladen, um Wall in Berlin zu feiern: Vor 30 Jahren hatte Hans hier seine erste große Ausschreibung gewonnen, verlagerte daraufhin den Firmensitz aus dem Südwesten nach Berlin, baute später ein Produktionswerk im brandenburgischen Velten und eine Unternehmenszentrale an der Friedrichstraße.

Eine Erfolgsgeschichte, die auch über das 30. Jahr hinausgeht. Denn überraschend hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung den Vertrag für die Nutzung des öffentlichen Straßenlandes mit Wall um vier Jahre bis 2018 verlängert. Erst dann soll in einer großen Ausschreibung geklärt werden, wer künftig im öffentlichen Raum werben darf. Und viel Geld dabei verdienen.

Wowereit hat geholfen bei der Eroberung fremder Städte

Man weiß, was man aneinander hat. Daniel Wall bedankte sich „besonders“ bei Wowereit, „der uns immer unterstützt hat, wenn es um die Eroberung anderer Städte ging“. Zum Beispiel Istanbul. Und er begrüßte explizit den „Herrn Bürgermeister Müller“, dessen Verwaltung für die jüngst erfolgte Vertragsverlängerung zuständig ist. Wall hat derzeit zwei Verträge mit der BVG über den West- und den Ostteil der Stadt sowie Verträge „über die Litfaßsäulen, die Toiletten und anderes“, wie Daniel Wall sagt. Vertragspartner sind die BVG, die Bezirke, aber vor allem das Land Berlin, vertreten durch die Verwaltung für Stadtentwicklung von Michael Müller (SPD).

Im Kreise der Familie. Firmengründer Hans Wall mit seiner Tochter Johanna, dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, Stefanie Wall und ihrem Ehemann Daniel, dem jetzigen Vorstandsvorsitzenden (von links), im Martin-Gropius-Bau, wo am Donnerstagabend Jubiläum gefeiert wurde.
Im Kreise der Familie. Firmengründer Hans Wall mit seiner Tochter Johanna, dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, Stefanie Wall und ihrem Ehemann Daniel, dem jetzigen Vorstandsvorsitzenden (von links), im Martin-Gropius-Bau, wo am Donnerstagabend Jubiläum gefeiert wurde.

© promo/Eva Oertwig

Nach Angaben dieser Behörde haben die Verträge unterschiedliche Laufzeiten; mit der Verlängerung der Nutzung des Straßenlandes wird nun angestrebt, 2018 ein ganzes Paket mit öffentlichen Toiletten und inklusive der Bezirke neu auszuschreiben. Wall kann also bis dahin wie gewohnt seinen Werbegeschäften nachgehen. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Land Berlin dadurch Einnahmen entgehen, ist offen.

Hans Wall war der Toilettenkönig von Berlin

Am Donnerstagabend war das kein Thema. Von der anderen Straßenseite, aus dem Preussischen Landtag, waren neben Wowereit und Müller noch ein paar andere Senatoren, die Fraktionschefs von CDU, Grünen und Linken sowie reichlich Abgeordnete in den Gropius-Bau gekommen, um Wall in Berlin zu feiern. „Was für eine Ehre“, meinte der Vorstandsvorsitzende Daniel Wall, „in dieser Stadt 30 Jahre unternehmerisch tätig sein zu dürfen“. Das hätte der alte Wall nicht schöner sagen können. „Herzlich willkommen, Hans“, begrüßte der Sohn den Vater, der „zeitweise Toilettenkönig von Berlin“ gewesen sei. Das Verhältnis der beiden ist nicht das beste, seitdem der Alte höchst überraschend vor fünf Jahren seinen Mehrheitsanteil am Unternehmen an den französischen Konkurrenten Decaux verkauft hat.

Das hat auch Wowereit nicht vergessen. „Ich war ein bisschen irritiert und ein bisschen skeptisch, doch es ist einen gute Partnerschaft geworden.“ Die Franzosen hätten alle Versprechungen, was die Zukunft von Wall in Berlin betrifft, eingehalten. „Und ich hoffe, das bleibt auch so.“ Wer wollte, konnte da wiederum Skepsis heraushören. Doch bis zur Entscheidung über den künftigen Stadtmöblierer von Berlin wird Decaux sicherlich keine Entscheidung treffen, die schlecht wäre für die Tochter Wall. Mindestens bis 2018 ist also Ruhe.

Sponsoring gehört zum Geschäftsmodell

Derartiges Kalkül kam in den offiziellen Reden nicht vor. Wowereit machte sich lustig über den „Migrationshintergrund“ von Hans Wall, der 1984 aus dem badischen Ettlingen nach Berlin gekommen war. Er sei „nie einfach gewesen“, sagte Wowereit über den Firmengründer, „aber solche Unternehmerpersönlichkeiten braucht das Land“. Und es sei für ihn, den Regierenden Bürgermeister, dem die Regelung der eigenen Nachfolger nicht gelungen ist, „eine wunderbare Geschichte, dass Hans Wall das an seinen Sohn weitergegeben hat“.

Geschäftsgrundlage der Außenwerber ist das gute Einvernehmen mit den Kommunen, deren öffentlichen Raum sie mit Plakatflächen oder Litfaßsäulen, mit Toiletten und Wartehäuschen bestücken. Soziales Engagement gehört deshalb zum Geschäftsmodell. Bei Wall ist das unter anderem die Finanzierung vieler städtischer Brunnen oder der Weihnachtsbeleuchtung am Ku’damm. „Ein großes Dankeschön für das Sponsoring“, sagte Wowereit. Und bitte weiter so.

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