zum Hauptinhalt

Wirtschaft: „30 Millionen Songs sind digital verfügbar“

Sony-Manager Philip Ginthör über legale Musik im Internet und den Umgang mit Exzentrikern.

Herr Ginthör, der globale Musikmarkt ist 2012 erstmals seit mehr als zehn Jahren gewachsen. Gibt es eine Trendwende?

Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir die Talsohle erreicht haben, und setzen auf Wachstum in den nächsten Jahren. Das Internet trägt mittlerweile dazu bei, dass der Rückgang des physischen Geschäfts mit CDs kompensiert wird. Der digitale Musikmarkt wächst sehr dynamisch und gewinnt neue Konsumenten für die Musik. Jeder fünfte Euro wird in Deutschland mittlerweile digital erwirtschaftet.

Was hat Sony aus der Krise gelernt?

Wir glauben, dass es immer das wirkungsvollste Gegenmittel ist, ein gutes legales Angebot einem illegalen gegenüberzustellen. Das hat die Musikbranche geleistet. 30 Millionen Titel sind weltweit digital und legal verfügbar.

Wie schädlich ist noch die Piraterie?

Es ist immer noch ein Problem. Weitere Maßnahmen des Gesetzgebers zum Schutz der Kreativen und ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für den Wert kreativer Inhalte ist geboten.

Was sollte die Politik tun?

Ich halte es für das effizienteste Mittel, einen Durchgriff gegen kommerzielle Anbieter von illegalen Downloads zu ermöglichen. Sie verdienen unter anderem durch Werbung unrechtmäßig viel Geld.

Durch Plattformen wie Youtube kann jeder Hobbykünstler global durchstarten. Lana del Rey oder Justin Bieber wurden so bekannt. Wie bedroht ist dadurch das Geschäft mit dem Aufbau von Künstlern?

Künstler brauchen ein professionelles Team, dass sich um Marketing, Promotion und Vertrieb kümmert. Stars werden nach wie vor von Menschen in Record Companies gemacht.

Lässt sich nur mithilfe einer großen Firma von der Musik leben?

Es gibt viele Künstler, die so von der Musik leben können. Sie veröffentlichen Musik in Eigenregie und veranstalten Konzerte für ein kleines Publikum. Das finden wir begrüßenswert, weil es ein Nährboden für neue Talente ist.

Findet man neue Musiker heute vor allem im Internet?

Kleine Kellerclubs und Konzerte vor Ort sind weiterhin wichtig für unsere Talentscouts, die auch traditionelle Medien verfolgen. Seit Jahren sind wir aber auch im Web unterwegs. Wir sind Partner und stellen ein Netzwerk aus Songschreibern und Produzenten zur Verfügung, damit der Künstler sich entwickeln kann.

Viele Musiker landen nur einen Hit und sind dann wieder weg. Was tun Sie für nachhaltigen Erfolg?

Einmal versuchen und dann fallen lassen ist nicht Teil unserer Mentalität. Bevor wir mit einem Künstler zusammenarbeiten, prüfen wir sehr genau den Künstler, sein Umfeld und uns.

Und wenn ein Künstler immer wieder für negative Schlagzeilen sorgt?

Für jede Kreativbranche gilt: Kreativität, Exzentrik und eine außergewöhnliche Persönlichkeit sind immer sehr nahe miteinander verbunden. Am Ende des Tages müssen wir als Dienstleister für diese Persönlichkeiten sicherstellen, dass wir ein Netz und die richtige Unterstützung in den professionellen Belangen bereitstellen. Wir nehmen keinen Einfluss auf die Persönlichkeit und auf die persönliche Entwicklung der Künstler.

Was ist eigentlich authentische Musik?

Authentizität ist allgemein eine Frage der Stimmigkeit. Schauen Sie sich die frühen Erfolge der Britney Spears an. Diese sind hochauthentisch, obwohl sie im hochkommerziellen Popbereich angesiedelt – und auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet waren. Das ist großartige, sich an Teenies wendende Musik. Was sie sagt, meint sie ernst und steht dazu. Das spürt ihr Publikum. Und genau das macht Authentizität aus.

Philip Ginthör

leitet seit 2011

die deutsche

Sony Music

Entertainment GmbH mit Sitz

in München.

Mit Ginthör sprach

Ulrich Goll.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false