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Merkel

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60 Jahre Soziale Marktwirtschaft: Lob und Tadel für die Wirtschaft

Vor 60 Jahren trat mit der Einführung der D-Mark die Wirtschafts- und Währungsreform in Kraft - es war die Geburtsstunde der sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik. Kanzlerin Merkel bezeichnete diese Entwicklung als Erfolgsgeschichte, sparte aber auch nicht mit Ermahnungen.

Zum 60-jährigen Bestehen der sozialen Marktwirtschaft hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Deutschlands Manager-Elite an ihre gesellschaftliche Verantwortung erinnert. Nach den Affären bei Siemens, Lidl und Telekom forderte Merkel die Unternehmen zu einer stärkeren Selbstkontrolle auf. "Sehen Sie sich auf die Finger. Jeder verantwortungslose Kollege aus Ihren Kreisen gefährdet die Grundlage unserer freiheitlichen Gesellschaft", sagte Merkel am Donnerstag bei einem Festakt in Berlin.

Merkel würdigte den Vater des Wirtschaftswunders, den früheren Bundeswirtschaftsminister und CDU-Kanzler Ludwig Erhard (1897-1977). "Erhard sah die Energie der Eigeninitiative und spürte die Kraft der Freiheit." Die Leistungsgesellschaft stehe in der Globalisierung vor neuen Herausforderungen. Viele Menschen hätten Angst vor sozialem Abstieg. "Unsere Gesellschaft lebt von Durchlässigkeit. Geht das verloren, wenden sich die Menschen von der sozialen Marktwirtschaft ab", warnte Merkel.

D-Mark brachte Butter, Bohnenkaffee und Südfrüchte

Erhard hatte am 20. Juni 1948 mit der Wirtschafts- und Währungsreform die D-Mark im Westen des Nachkriegsdeutschlands eingeführt. Über Nacht füllten sich die leeren Auslagen der Geschäfte. Es gab Butter, Bohnenkaffee und Südfrüchte. Jeder Bürger erhielt 40 Mark und einen Monat später noch einmal 20 Mark. Der populäre Erhard setzte die Aufhebung von Zwangsbewirtschaftung und Preisbindung für viele Güter eigenmächtig gegen den Willen der Amerikaner durch.

Merkel betonte, die Marktwirtschaft habe mit der Wiedervereinigung ihre Stärke unter Beweis gestellt. "In weniger als 20 Jahren deutscher Einheit ist es gelungen, 40 Jahre Planwirtschaft und die daraus entstandenen Schäden zu überwinden. Das ist alles in allem eine großartige Erfolgsgeschichte." Gleichzeitig müsse jeder Bürger sein Schicksal in die eigene Hand nehmen. Erhard habe bewiesen, dass mit "Verantwortungsfreude" Berge versetzt werden könnten.

FDP-Vize Brüderle: Festakt als "Trauerfeier"

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zeigte sich besorgt über das nachlassende Vertrauen in die Marktwirtschaft. Es sei ein Alarmzeichen, wenn in Umfragen nur noch 15 Prozent der Bürger die Verteilung des Wohlstandes als gerecht empfänden. Dabei sei Deutschland der Gewinner der Globalisierung. Steinbrück forderte weitere Reformen. "Fakt ist: Wenn wir es nicht tun, steigen wir ab."

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) warnte vor ausufernden Sozialausgaben. "Der Rundum-Sorglos-Staat ist eine verführerische und gefährliche Illusion." Die soziale Absicherung sei keine Hängematte, sondern ein Trampolin, um die Menschen auf die eigenen Füße zu stellen. Der frühere Bundesbank-Präsident und Mitarbeiter von Erhard, Hans Tietmeyer, lehnte einen Umverteilungsstaat ab. "Jeder Versuch, der die Leistungskraft der Wirtschaft überfordert, ist zum Scheitern verurteilt."

Der stellvertretende FDP-Chef Rainer Brüderle bezeichnete den Festakt als "Trauerfeier". "In kaum einer Kanzlerschaft wurden die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft so untergraben, wie in der von Angela Merkel. Ludwig Erhard muss sich im Grab umdrehen, dass die schwarz-roten Steuererhöher und Wettbewerbsbeschränker sich auf ihn berufen." (nim/dpa)

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