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Wirtschaft: Ab 1. Juli werden bei Neuverträgen nur noch 3,25 Prozent garantiert

Immer wieder präsentiert sich die Bundesregierung als unfreiwilliger Verkaufsförderer für die Lebensversicherungsbranche: Schon der inzwischen gekippte Plan, die Erträge aus kapitalbildenden Lebensversicherungen zu besteuern, trieb die Verbraucher scharenweise in die Arme der Versicherungsvertreter - jeder wollte noch rasch sein steuerfreies Schnäppchen machen. Nun ziehen viele Vertreter mit einem neuen Verkaufsargument los, dessen Ursprung ebenfalls ein neues Gesetz bildet.

Immer wieder präsentiert sich die Bundesregierung als unfreiwilliger Verkaufsförderer für die Lebensversicherungsbranche: Schon der inzwischen gekippte Plan, die Erträge aus kapitalbildenden Lebensversicherungen zu besteuern, trieb die Verbraucher scharenweise in die Arme der Versicherungsvertreter - jeder wollte noch rasch sein steuerfreies Schnäppchen machen. Nun ziehen viele Vertreter mit einem neuen Verkaufsargument los, dessen Ursprung ebenfalls ein neues Gesetz bildet.

Vom 1. Juli an soll die gesetzlich garantierte Mindestverzinsung bei Kapitallebensversicherungen von bisher vier Prozent auf 3,25 Prozent gesenkt werden. "Betroffen davon sind alle Verträge, die nach diesem Stichtag abgeschlossen werden", bestätigt eine Sprecherin des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft. Manfred Westphal, Finanzexperte bei der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, warnt indessen vor übereilten Abschlüssen: "Die Senkung des Garantiezinses ist kein Grund, vor dem Stichtag noch rasch einen neuen Vertrag zu unterschreiben."

In der Tat ist schon die bisherige Regelung zur garantierten Mindestverzinsung alles andere als ein Rendite-Turbo. So erstreckt sich die Zinszusage nicht auf die gesamte Versicherungsprämie, sondern lediglich auf den so genannten Sparanteil. Darunter verstehen die Versicherer den Gesamtbeitrag abzüglich des Anteils, der für die Absicherung des Todesfalls als Risikoprämie verwendet wird. Resultat: Bezogen auf die gesamte Versicherungsprämie liegt die Garantieverzinsung schon heute je nach Versicherer nur bei einem bis maximal drei Prozent. "Die eigentliche Rendite wird bei Kapitallebensversicherungen mit den Überschüssen der Versicherer erzielt", erläutert Westphal. Diese Gewinnanteile sind allerdings nicht garantiert, und ihre Höhe hängt davon ab, wie geschickt die Versicherungen das Geld ihrer Kunden am Kapitalmarkt investieren.

Indirekt könnte sich die Senkung des Garantiezinses sogar positiv auf die Erträge mancher Versicherungen auswirken. Weil die Anbieter die garantierte Verzinsung mit entsprechend sicheren Geldanlagen sicherstellen müssen, haben sie künftig mehr Spielraum für chancen- und risikoreichere Investments an den Aktienmärkten. Mit der zunehmenden Bedeutung des Überschussanteils wird es für Versicherungskunden künftig noch wichtiger, auf die Finanzkraft des Unternehmens zu achten. Wenig hilfreich sind hierbei die Modellrechnungen der Versicherungsvertreter, da diese lediglich auf unverbindlichen Prognoserechnungen beruhen. "Vor dem Abschluss sollten sich Versicherungskunden aus möglichst vielen neutralen Quellen informieren", rät Westphal. Dies kann über die Beratungsstellen der Verbraucherzentralen geschehen, aber auch die Vergleichstests in Finanzzeitschriften wie "Capital", "Finanzen", "DM" oder "Finanztest" geben Aufschluss über die Ertragskraft der einzelnen Anbieter.

Wer sich seinen Versicherungsbedarf ausrechnen lassen will, kann sich an neutrale und provisionsunabhängige Versicherungsberater wenden, die gegen Honorar Analysen und Anbietervergleiche durchführen. Im Gegensatz zum Versicherungsvertreter oder makler ist der Versicherungsberater ein gesetzlich geschützter Beruf, der nur von ausgewiesenen Fachleuten ausgeübt werden darf. Versicherungsberater vermitteln keine Policen, sondern analysieren die Situation ihrer Klienten und geben neutrale Tipps für die Auswahl der besten Anbieter und Produkte. Weil die Berater keine Provisionen von Versicherungsunternehmen erhalten, verlangen sie ein Honorar vom Kunden.

Vorsichtig sollten Verbraucher sein, wenn ein Vertreter mit dem Argument der Garantiezinssenkung auf einen schnellen Abschluss drängt - denn solvente Versicherer argumentieren eher mit ihrer Ertragskraft als mit dem vorgeschriebenen Mini-Zins. "Solche Begründungen deuten darauf hin, dass es sich um einen leistungsschwachen Anbieter handelt," meint Westphal. Noch unseriöser werde es, wenn ein Anbieter dem Kunden weismache, dass ab dem 1. Juli die Gesamtrendite sinke. "Das ist eindeutig irreführend."Mehr zum Thema unter

www.versicherungsberater.de

Tom Schoenenberger

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