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Mal wieder im Fokus: Facebook

© Reuters

Update

Ab Freitag ändern sich die Rahmenbedingungen: Was Facebooks neue Datenrichtlinien bedeuten

Am Freitag kommen Facebooks neue Datenrichtlinien. Datenschützer kritisieren die Änderungen heftig. Wer ihnen nicht zustimmen will, muss austreten.

Man kann ihn sich als sehr aufmerksamen Zeitgenossen vorstellen, den Beobachter, der Facebook-Nutzern ab Freitag durchs Internet folgt. Er notiert, was im virtuellen Einkaufskorb landet, welche Begriffe bei Google gesucht werden oder welche Websites besonders viel Aufmerksamkeit bekommen. Der Beobachter merkt sogar, wo man sich gerade aufhält. Abschütteln lässt er sich nicht.

Wer sich am 30. Januar bei Facebook einloggt, willigt nämlich automatisch ein in die umstrittenen neuen Datenrichtlinien des sozialen Netzwerks. Eigentlich sollten diese schon zum 1. Januar in Kraft treten – wegen massiver Kritik europäischer Datenschützer hat der Konzern die Einführung aber um knapp einen Monat verschoben. So hätten die Nutzer länger Zeit, die geplanten Änderungen zu prüfen, hieß es. Eine Wahl haben sie aber nicht – wer mit den neuen Richtlinien nicht einverstanden ist, muss aus dem Netzwerk austreten. Dieser Schritt sollte zumindest eine Überlegung wert sein, denn die Neuerungen sind weitreichend.

Das ändert sich jetzt

Auffällig ist, dass Facebook in den neuen Richtlinien ganz genau beschreibt, was es mit den Daten der Nutzer tun darf. Für diese deutlich transparentere und leserfreundlichere Version ist das Unternehmen bereits vielfach gelobt worden. Trotzdem kann dies nicht über die eigentlichen Ziele hinwegtäuschen: Facebook will seine Nutzer in Zukunft noch passgenauer mit personalisierter Werbung beliefern. Dazu wird Facebook das Surfverhalten seiner Mitglieder auch außerhalb des Netzwerks verfolgen und das Verhalten auf besuchten Internetseiten und in Apps genau auswerten. Ziel ist es, die gesamte Internetbiografie des Nutzers zu erfassen. Wer die Ortungsfunktion seines Mobiltelefons eingeschaltet hat, könnte in Zukunft auch Werbung von Läden oder Restaurants in seiner Nähe angezeigt bekommen. Dass Facebook ungefragt auch Freunden anzeigt, wo man sich gerade aufhält und das mit Werbung verknüpft, sei allerdings falsch, sagte ein Sprecher. „Dazu müsste der Nutzer seinen Standort explizit teilen oder etwa in einem Restaurant einchecken.“

Facebook will es zudem bald möglich machen, auch innerhalb des Netzwerkes einzukaufen. „So hat Facebook Zugriff auf die Zahlungsdaten der Nutzer – gerade diese Informationen sind sehr sensibel“, erklärt die Datenschutzexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Sabine Petri.

Was Datenschützer kritisieren

Auch im Bundesjustizministerium ist man unzufrieden. „Wenn Facebook permanent verfolgt, wie wir auf bestimmte Angebote im Netz reagieren, besteht eine große Gefahr, dass wir vorhersehbar und damit auch manipulierbar werden“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär, Ulrich Kelber, dem Tagesspiegel. Es bleibe unklar, welche Daten zu welchem Zweck verarbeitet, genutzt und ausgewertet werden. Kelber kritisierte zudem, dass die Nutzer mit dem Einloggen am Stichtag automatisch ihre Einwilligung geben. „Man wird gezwungen das Gesamtpaket zu wählen. Facebook lässt nur die Wahl: alles oder nichts“, ärgert sich der Sozialdemokrat.

Datenschützer Frank Spaeing kritisiert, dass sich Facebook schon seit Jahren bei Änderungen der Nutzungsbedingungen immer weiter reichende Rechte einräumt. Spaeing ist im Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) und hat mit seinen Kollegen im Rahmen der Initiative „Datenschutz geht zur Schule“ bereits mehrere tausend Schüler im Umgang mit sozialen Medien geschult. Er sagt: „Facebook füttert seine Nutzer immer weiter an, dreht aber gleichzeitig die Stellschrauben immer fester. Ein bisschen ist es wie der Frosch, der in warmes Wasser gesetzt wird und nicht merkt, wie es anfängt zu kochen.“ Spaeing glaubt jedoch, dass für viele Nutzer ein Abschied von dem sozialen Netzwerk keine Alternative ist.

Was die anderen machen

Facebook mal wieder im Fokus.
Facebook mal wieder im Fokus.

© p-a/dpa

Facebook ist mit seinen Praktiken zudem nicht allein. Das Aufzeichnen des Surfverhaltens ist überall im Internet anzutreffen. Um den Nutzer über verschiedene Webseiten hinweg tracken zu können, enthalten viele Seiten digitale Wanzen. Das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie untersucht regelmäßig die 500 wichtigsten Webseiten für den deutschen Sprachraum darauf hin, ob diese verwanzt sind. Bis zu 50 sogenannte Tracker auf einer Seite sind dabei keine Seltenheit.

Auf der Fraunhofer-Seite „Track your Tracker“ kann nachgeprüft werden, in welchem Umfang die eigenen Favoritenseiten solche Analysewerkzeuge einsetzen. Unter den sozialen Netzwerken führt Facebook.com aktuell mit 36 Trackern. Google plus kommt auf 15 Tracker, darunter befinden sich auch bekannte Firmennamen wie 1und1, Billiger.de oder Amazon. Beim Businessnetzwerk Xing wird gerade einmal ein Tracker gemeldet, LinkedIn kommt auf vier, bei Twitter wurde kein Tracker gefunden.

Was Sie jetzt noch tun können

Um sich vor der Datensammelwut Facebooks zumindest ein wenig zu schützen, kann man etwa die Ortungsdienste auf dem Smartphone ausschalten, sagt Spaeing. Bei iPhones lässt sich dies auch speziell für die Facebook-App tun. Besser ist es natürlich, sich die Anwendung gar nicht erst aufs Telefon zu laden. Manche Nutzer verwenden gar ein gesondertes Gerät für ihre Facebook-Aktivitäten.

Zudem ist es sinnvoll, die Einstellungsoptionen bei Facebook so weit wie möglich zu nutzen. „Bei den Werbeanzeigen sollte man die datensparsamste Variante wählen, sonst kann Facebook Daten verwenden, um den Freunden Werbung zu schicken“, sagt Datenschutzexpertin Petri. Die Verbraucherzentrale NRW empfiehlt die Einstellung „niemand“ sowohl unter „Nutzung Name und Foto zu Werbezwecken auf Webseiten Dritter“ als auch in der Rubrik „Kombination Werbeanzeigen und Freunde“ – beide zu finden über den Reiter „Einstellungen/Werbeanzeigen“. Das ist in weniger als 30 Sekunden erledigt. Wem das aber nicht weit genug geht, dem bleibt letztendlich wohl nur der Austritt – der einzige Weg, um den hartnäckigen Beobachter doch noch abzuschütteln.

Anmerkung der Redaktion: In unserem Text werden Tracker behandelt, die unter anderem für die werbetreibende Industrie auf den Webseiten von Sozialen Netzwerken platziert werden. Die Online-Ausgabe des Tagesspiegel ist ebenfalls auf die Einnahmen aus Werbeschaltungen angewiesen. Der Tagesspiegel setzt darum wie auch andere Zeitungen auf seiner Webseite Zählpixel ein, um unter anderem zu messen, wie oft ein Werbemittel einem Nutzer angezeigt wurde. In anderen Fällen dienen die Zählpixel der Marktforschung.

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