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Die Abgeltungsteuer - naht ihr Ende?

© Kai-Uwe Heinrich

Abgeltungsteuer: Rot-rot-grüne Allianz sinnt auf Abschaffung

Eine Mehrheit der Finanzminister der Länder ist dafür, die 2008 eingeführte Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge auslaufen zu lassen. Wohlhabende sollen wieder stärker belastet werden.

Mit klarer Mehrheit hat die Finanzminister der Länder am Donnerstag ein Signal gesetzt: Die die 25-prozentige Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge soll zum Auslaufmodell werden. Elf Minister von SPD, Grünen und Linken stimmten im Finanzausschuss des Bundesrates dafür, die fünf Ressortchefs aus der Union dagegen. Die rot-rot-grüne Mehrheit will über eine Entschließung des Bundesrats die Bundesregierung auffordern, die Abschaffung der Pauschalsteuer einzuleiten und wieder zur Belastung nach dem persönlichen Steuersatz zurückzukehren. Ob sich das Plenum der Länderkammer dem Votum des Ausschusses anschließt, bleibt abzuwarten: Die Länder, in denen SPD, Grüne und Linke regieren, haben 34 Stimmen – die Mehrheit liegt bei 35 Stimmen. Es müssten also entweder Rheinland-Pfalz (dort sitzt die FDP im Kabinett) oder eines der Länder mit großer Koalition mitmachen. Im Finanzausschuss hat jedes Land eine Stimme, im Plenum wird nach Größe der Länder zwischen drei und sechs Stimmen gestaffelt.

Begründet wird der Vorstoß für die Abschaffung der Abgeltungsteuer damit, dass die Grundlage für ihre Einführung wegfalle. Sie war 2008 eingeführt worden, um steuerflüchtige Anleger aus dem Ausland wieder nach Deutschland zu locken. Die niedrigere Steuer von 25 Prozent (vor allem betuchte Anleger habeneinen oft deutlich höheren persönlichen Steuersatz) sollte einen Anreiz schaffen, Schwarzkonten etwa in der Schweiz oder in karibischen Steueroasen zu räumen. Berühmt wurde die Begründung des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück: „Besser 25 Prozent von x als 45 Prozent von nix.“ Nun aber haben Dutzende Staaten vereinbart, künftig einen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und Steuerdaten einzurichten. Der soll in diesem Jahr starten. Damit werden dem deutschen Fiskus die Anlagen von Deutschen im Ausland, grenzüberschreitende Steuerhinterziehung dürfte damit deutlich schwieriger werden.

"Gerechtigkeitslücke"

Der Antrag zur Abschaffung der Abgeltungsteuer wurde von Brandenburg eingebracht, das Finanzministerium dort leitet der Linken-Politiker Christian Görke. Der sieht das Ende der Pauschalbesteuerung vor allem als Ende einer Privilegierung von Wohlhabenden. „Wir wollen erreichen, dass die Bezieher von hohen Kapitaleinkünften sich wieder angemessen und gerecht am Gemeinwohl beteiligen“, sagte Görke am Donnerstag. Der Steuersatz von 25 Prozent (plus Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) ist im Falle von Besserverdienenden geringer als der Satz auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ein persönlicher Steuersatz von 25 Prozent wird bei der Einkommensteuer im Grundtarif bei 50000 Euro erreicht. Bei einem Einkommen von 100000 Euro liegt er schon bei 33 Prozent. Bei hohen Kapitaleinkünften war die Abgeltungsteuer daher in vielen Fällen eine Steuersenkung, auch wenn einige Vergünstigungen aus der Zeit davor, etwa ein Werbekostenabzug, gestrichen wurden. Wer einen persönlichen Steuersatz von weniger als 25 Prozent hat, musste sich zu viel gezahlten Steuer bisher über die Steuererklärung zurückholen. Görke ist der Ansicht, dass viele Menschen den pauschalen Steuersatz von 25 Prozent als ungerecht empfinden. In der Antragsbegründung heißt es: „Die steuerliche Ungleichbehandlung wirkt umso stärker, je höher die Kapitalerträge und je höher die Einkünfte der Steuerpflichtigen überhaupt ausfallen.“ Mit der Abschaffung werde eine „Gerechtigkeitslücke“ geschlossen. Das lässt anklingen, dass SPD, Grüne und Linke das Thema auch im Bundestagswahlkampf einsetzen werden.

Hat sich die Steuer für den Fiskus gelohnt?

Wie weit sich die Abgeltungsteuer für den Fiskus gelohnt hat, ist umstritten, weil die Finanzkrise nach 2008 und die seither drastisch gesunkenen Zinsen auf Rentenpapiere einen Vergleich mit der Phase davor verzerren. Zudem resultierten Mehreinnahmen aus der Besteuerung von Kapitaleinkommen in den vergangenen Jahren zu einem nennenswerten Anteil aus der Auswertung von angekauften Daten über Auslandskosten von Deutschen („Steuer-CDs“). Aus Sicht der Steuerverwaltung ist die Pauschalsteuer immerhin bequem, weil sie von den Finanzinstituten automatisch abgeführt wird. Daher gibt es auch im Bundesfinanzministerium Anhänger der Abgeltungsteuer. Andererseits wird sie anonym abgeführt, weswegen der Steuerverwaltung zunehmend Erkenntnisse über die Steuerbasis fehlen. Die offizielle Linie von Minister Wolfgang Schäuble (CDU) ist, die Erfahrungen aus dem internationalen Datenaustausch abzuwarten und dann zu entscheiden.

Interessant dürfte werden, wie weit der Status quo vor Einführung der Abgeltungsteuer zurückkehrt. Bis 2008 etwa galt eine einjährige Spekulationsfrist, nach der Gewinne aus Aktienverkäufen nicht mehr versteuert werden mussten. Auch die Dividendenbesteuerung war günstiger. Vor allem aber war der Freibetrag, der für Sparer mit mittleren Einkommen relevant ist, bis 2008 fast doppelt so hoch wie jetzt.  Nach dem Antragstext zur Bundesrats-Entschließung sollen „angemessene Frei- und Pauschbeträge“ geprüft werden.  

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