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Viel Reklame, zu wenig Käufer. Japans Binnenwirtschaft – hier der Wirtschafts- und Shopping-Distrikt Shinjuku in Tokio – kommt seit Jahren nicht in Gang.

© dpa

Abgerutscht: China löst Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ab

Nun ist es amtlich. Die Chinesen haben Japan nach mehr als 40 Jahren als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt abgelöst und das Land auf den dritten Rang verwiesen. Der Inselstaat bleibt abhängig von Exporten.

Berlin - Die gesamte Wirtschaftsleistung der Japaner lag im vergangenen Jahr bei knapp 5,5 Billionen Dollar (4,1 Billionen Euro) und damit unter dem chinesischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von knapp 5,9 Billionen Dollar. Die USA stehen weiter auf Rang eins, Deutschland bleibt nach vorläufigen Zahlen mit einem BIP von rund 2,5 Billionen Euro die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Im vierten Quartal 2010 war die Wirtschaftsleistung in Japan geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt von Oktober bis Dezember ging verglichen mit dem Vorquartal um 0,3 Prozent zurück, teilte die japanische Regierung am Montag mit. „Im vierten Quartal sind die Exporte gesunken – wegen der Aufwertung des Yen und der sich abschwächenden Wachstumsdynamik in Asien“, erklärt Klaus-Jürgen Gern vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Der Kurs des Yen war im Vergleich zum Dollar im vergangenen Quartal auf den höchsten Stand seit 15 Jahren geklettert. Das schadet Japan, weil seine Wirtschaft vom Außenhandel getragen wird. China ist der wichtigste Handelspartner. Zudem kämpft das Land mit einer enormen Schuldenlast. Die Staatsverschuldung beläuft sich auf fast 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Doch vor allem die japanische Binnenwirtschaft kommt nicht in Schwung. Seit mehr als zehn Jahren herrscht in der Tendenz Deflation – also ein sinkendes Preisniveau – was den privaten Konsum schwächt. „Die Löhne sind in den vergangenen Jahren kaum gestiegen und die Deflation sorgt dafür, dass die Schulden von Privatleuten und Unternehmen schwerer abzubauen sind“, sagt Gern. Dass die Löhne künftig stark steigen werden, sei nicht abzusehen. Zudem sorgen fallende Preise für Zurückhaltung bei den Verbrauchern. „Auch dass die Zentralbank billiges Geld in die Märkte pumpt, konnte die Wirtschaft bisher nicht maßgeblich ankurbeln“, sagt Gern. Der Leitzins tendiert seit 2003 nahe null. Auch das Auslaufen von Abwrackprämien und eine neue Tabaksteuer drückten auf die Kauflaune.

Dass sich diese Situation schnell bessert, bezweifeln Experten. „Die Japaner sind sehr zögerlich mit strukturellen Reformen und haben noch keine überzeugenden Maßnahmen eingeleitet“, sagt Gern. Die demografische Entwicklung in Japan sei schon deutlich weiter fortgeschritten als in Deutschland. Zudem stünde das Wachstum trotz der vier Prozent Zuwachs in 2010 noch auf wackeligen Beinen. „Japan hat den Einbruch aus dem Jahr 2009 noch nicht wieder aufgeholt“, sagt Gern. Die japanische Wirtschaft werde weiterhin von der ausländischen Nachfrage abhängig sein, sagt auch Yoshiki Shinke, Volkswirt beim Forschungsinstitut Dai-Ichi Life.

Gerade das könnte aber auch in der kommenden Zeit die Wirtschaft stützen: Fast ein Fünftel aller japanischen Exporte gehen nach China. Im Januar waren die chinesischen Einfuhren überraschend um 51 Prozent in die Höhe geschnellt. „Die Tatsache, dass die chinesische Wirtschaft boomt, ist eine gute Nachricht für Japan als Nachbarland“, sagte Wirtschaftsminister Kaoru Yosano.

Dass die Chinesen an Japan vorbeiziehen würden, war schon länger klar. „Japan hat ein Zehntel der Einwohner Chinas. Dieser Aufholprozess ist völlig normal und wäre auch eingetreten, wenn Japans Wirtschaft keine Probleme hätte“, sagt Gern. Die Volksrepublik könnte bis 2025 sogar die USA als weltgrößte Wirtschaftsmacht ablösen. Doch beim Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung haben die Chinesen noch viel aufzuholen – Japans ist etwa zehn Mal höher als die Chinas. mit rtr

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