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Sofort umgerechnet. In manchen Geschäften, die das System nutzen, bekommen Kunden ihre Rechnung sofort in Euro. Den Kurs sollten Kunden prüfen.

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Abrechnung in Euro statt Zloty: Kreditkarten-Zahlungen in Polen werden zur teuren Touristenfalle

In Polen wird beim Bezahlen mit ausländischen Kreditkarten oft vor Ort in Euro umgerechnet. Der Kunde zahlt dabei drauf. Und die Anbieter der Karten erklären sich machtlos.

Von Matthias Meisner

Ob an der Kasse des Supermarktes der Grenzstadt Kostrzyn (Küstrin), an der Tankstelle in Slubice, bis 1945 Stadtteil von Frankfurt (Oder), oder auch in der Pension am Badesee von Osno Lubuskie (Drossen) – der deutsche Tourist bekommt in Polen öfter die Frage zu hören, wenn er mit Kreditkarte bezahlen möchte: „In Zloty oder in Euro?“ Es kann auch vorkommen, dass er gar nicht gefragt wird, zum Beispiel im Baumarkt von Sulecin (Zielenzig). Dort erwirbt er für 38 Zloty einen kleinen Emailletopf und eine Kuchenform. Zur Unterschrift vorgelegt bekommt er einen Kreditkartenbeleg über 9,30 Euro. Das Kleingedruckte in polnischer und englischer Sprache lässt aufhorchen: Man akzeptiere den Wechselkurs und verzichte darauf, dass die Kreditkartenfirma Mastercard den Zahlbetrag umrechnet.

In Polen ist, seit gut einem Jahr, ein System auf dem Vormarsch, das in anderen Nicht-Euro-Ländern wie der Schweiz oder Großbritannien schon seit längerer Zeit verbreitet ist. Es heißt DCC, das steht für Dynamic Currency Conversion, zu Deutsch: dynamische Währungsumrechnung. Für den Reisenden ist es in der Regel mit Nachteilen verbunden – im konkreten Fall des kleinen Baumarkteinkaufs ging es nur um 34 Cent, die dem Kunden zu viel berechnet wurden. Bei Hotelübernachtungen, Tankfüllungen oder auch beim Abheben am Geldautomaten geht es dann aber schnell um Euro-Beträge, die mehr gezahlt werden müssen, zuweilen sogar zweistellige.

So richtig los mit DCC ging das im östlichen Nachbarland vor der Fußball-Europameisterschaft 2012. Zwei große polnische Banken sorgten zunächst für die Verbreitung. In den umkämpften Markt stieg dann auch die Firma Elavon ein, Tochtergesellschaft einer US-amerikanischen Bank. In Europa hat Elavon inzwischen außer in Polen Niederlassungen in Großbritannien, Irland, Deutschland und Norwegen. DCC erkennt, ob mit einer ausländischen Kreditkarte bezahlt werden soll – und schlägt dann die Abrechnung in der Heimatwährung vor. Es sei ein „großer Vorteil, wenn der Betrag bereits beim Bezahlen vor Ort in der jeweiligen Landeswährung angezeigt wird“, heißt es auf der Homepage von Elavon, deshalb schütze das System vor „manch böser Überraschung“.

In Wirklichkeit aber ist es so, dass fast immer die böse Überraschung kommt, wenn der Umrechnungskurs später überprüft wird. Elavon nennt ihn „genau, tagesaktuell und marktgerecht“. Er ist aber, so Finanzexperten, fast immer höher, als wenn die Kreditkarte in Landeswährung belastet wird. Die „clevere Kartenakzeptanzlösung“ (Eigenwerbung) zahlt sich aus für Elavon selbst – und für die Händler. Denn denen schreiben die DCC-Anbieter einen Teil der Umrechnungsbeträge gut. „Je mehr Transaktionen Sie abwickeln, desto höher die Erträge“, wirbt Elavon um Kunden.

Die Kreditkartenfirmen derweil distanzieren sich davon: „Das hat mit uns nichts zu tun“, versichert der Sprecher von Mastercard Deutschland, Thorsten Klein. Die Auslandseinsatzgebühr der Bank – meist zwischen ein und zwei Prozent des Umsatzes – wird übrigens außerhalb der Euro-Zone in jedem Fall fällig. Denn, so die Logik von Firmen wie Visa oder Mastercard: Schließlich sei in Polen der Euro keine Landeswährung.

Im Internet wird gewarnt vor den Tücken von DCC. Andreas Schwarze, stellvertretender Bürgermeister der uckermärkischen Gemeinde Tantow bei Stettin, beschäftigt sich mit der Sache seit Monaten und spricht von einer „riesengroßen Schweinerei“: „Jeder verdient ein bisschen mit, nur die Kunden nicht.“ Der Linken-Politiker rät: „Die Umrechnung im Kopf oder im Taschenrechner selbst durchzuführen, ist ja auch kein Hexenwerk.“ Schwarze sagt, viele Geldautomaten in Polen seien darauf programmiert, dem Kunden die Auszahlung mit garantierter Umrechnung aufzudrücken: Mehrmals müsse man klicken, um sie zu verhindern. Der Kurs mit DCC-Funktion sei dann oft mehr als zehn Prozent schlechter als ohne.

Schwarze nennt DCC ein „Geldumtausch-Verteuerungssystem“. Er formuliert das nicht härter als Verbraucherschützer, die auch über „windige Händler“ und „überraschende Kosten“ schreiben. Der Internet-Vergleichsrechner www.transparo.de erklärt, das System könne durch ungünstigen Umrechnungskurs und zusätzliche Gebühren „katastrophal teuer“ werden. Die Stiftung Warentest rät, über die Hausbank Protest einzulegen, wenn ein Kunde sich nicht richtig über die schlechte Rate informiert sieht. „Schadenersatz im Ausland einzuklagen, ist für die meisten Kunden wohl eher eine theoretische Möglichkeit.“

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