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Wirtschaft: Abschied von der DDR – mit hohem Defizit

Die Treuhand-Nachfolgerin stellt ihre Arbeit ein und hinterlässt milliardenschwere Verpflichtungen

Berlin (fo). Nach 13 Jahren ist die Privatisierung der ostdeutschen Wirtschaft abgeschlossen. Die Nachfolgeorganisation der Treuhandanstalt, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), wird selbst abgewickelt. Die Treuhand war bereits 1994 in BvS umbenannt worden. Sie hat fast 105 Milliarden Euro Defizit hinterlassen. Die BvS arbeitete nach eigenen Angaben ohne öffentlichen Zuschussbedarf.

Die Strategie der Treuhand und ihrer Nachfolgerin, die Volkseigenen Betriebe und Kombinate der ehemaligen DDR möglichst schnell zu privatisieren, war vor allem in den ersten Jahren nach der Wende heftig umstritten. Möglicherweise war die teilweise massive Kritik auch Hintergrund der Ermordung des TreuhandPräsidenten Detlev Karsten Rohwedder im Frühjahr 1991. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt. Der letzte BvS-Präsident, Hans Schroeder-Hohenwarth, sagte am Mittwoch in Berlin, weder die Treuhand noch die BvS hätten für sich in Anspruch genommen, „die wirtschaftlichen Folgen von 40 Jahren SED-Diktatur zu beseitigen. Aufgabe sei es gewesen, die DDR-Betriebe fit für den Wettbewerb zu machen.

Rüdiger Pohl, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), sieht keine Alternative zum schnellen Umbau der Staatswirtschaft. „Die Treuhand war ein Erfolgsmodell, weil sie es geschafft hat, in kürzester Zeit eine sozialistische Wirtschaft zu privatisieren.“ Der Streit, ob Sanierung vor Privatisierung hätte gehen müssen, hält Pohl für entschieden. „Die totale Deindustrialisierung Ostdeutschlands ist gerade durch die Treuhand verhindert worden.“ Kritikern hält er entgegen: „Kein Mensch brauchte damals ausgerechnet die Produkte made in DDR.“

Zur Bilanz der BvS gehört auch: Nur 1,2 Millionen von 4,5 Millionen Arbeitsplätzen in der Ost-Betrieben konnten im Zuge der Privatisierung erhalten werden. Die Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern ist heute doppelt so hoch wie im Westen. Der BvS-Präsident sieht dafür aber nicht die Privatisierungspolitik verantwortlich. Zum Wiederaufbau eines gewerblichen Mittelstandes im Osten hält Wissenschaftler Pohl die Investitionszulage für untauglich. Seit 1991 seien 13 Milliarden Euro an staatlichen Zulagen gezahlt worden. Angestoßen wurden damit aber nur 18 Milliarden Euro Investitionen. „Das steht in keinem Verhältnis“, sagt Pohl. Der IWH-Chef plädiert deshalb dafür, die Fördermittel umzuschichten. Die Zulagen sollten besser den Kommunen gegeben werden, um die marode Infrastruktur in den Städten zu sanieren. Anlässlich ihrer Auflösung präsentierte die BvS natürlich auch ein wenig Statistik. Bis Ende September betrugen die überprüften Arbeitsplatzzusagen, die bei Verstoß mit Strafen belegt sind, 861 536 Stellen, sieben Prozent mehr als vereinbart. Im Durchschnitt hatte jeder verkaufte Betrieb oder Betriebsteil 106 Mitarbeiter. Käufer aus dem Westen garantieren 156 Arbeitsplätze, Investoren aus dem Osten nur 54. Die gesamten Investitionszusagen betragen 68 Milliarden Euro. Sie sind um 14 Prozent übertroffen worden. Das Mitte der neunziger Jahre befürchtete Defizit aus der Privatisierung von bis zu 125 Milliarden Euro allein durch die Treuhand blieb aus. Der Erblastentilgungsfonds (siehe Kasten) musste 104,5 Milliarden Euro übernehmen.

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