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Wirtschaft: Abschied von der Dose – und von vielen Jobs

Zahlreiche Händler wollen die Einwegverpackungen aus den Regalen verbannen. Für die Dosen-Hersteller ist das eine Existenzfrage

Berlin . Als Dieter Künstle Ende vergangener Woche die Nachricht erreichte, dass Handelsketten wie Metro, Tengelmann und Edeka die Dosen aus den Regalen räumen, da wusste er, dass die Zeiten noch schwerer werden. Künstle ist Geschäftsführer des Berliner Dosenwerkes Rexam. Er produziert Dosen für Bierbrauereien wie Berliner Kindl und Schultheiss, die bislang Supermärkte und Discounter beliefert haben.

Doch seit die neue Verpackungsverordnung das Dosenpfand über Deutschland brachte, hat Künstle keinen rechten Spaß mehr an seinem Job. „Seit Anfang des Jahres produzieren wir nur noch 35 Prozent von dem, was wir sonst machen“, sagt Künstle. Seit in der vergangenen Woche auch noch große Handelskonzerne wie Metro (Real, Extra) und Tengelmann (Kaiser’s) ankündigten, künftig ganz auf Einweg zu verzichten, hat Künstle die Hoffnung ganz verlassen: „Wir überlegen, ob wir das Werk stilllegen müssen.“ Vorerst versucht Künstle aber, sein Werk wie schon in den ersten sechs Monaten des Jahres mit Kurzarbeit über die schweren Zeiten zu retten. Den Antrag für die zweite Jahreshälfte hat er gerade gestellt.

So wie Künstle geht es vielen Dosenherstellern und Einwegproduzenten. Wer seine Produktion nicht auf Mehrweg umstellen kann – das gelingt etwa der Berliner Schultheiss-Brauerei – schickt seine Mitarbeiter in Kurzarbeit und drückt die Kosten, um über die Runden zu kommen. Auch der größte deutsche Dosenhersteller Ball Packaging Europe (früher: Schmalbach-Lubeca), der die Hälfte der 7,3 Milliarden Dosen produziert, die in Deutschland jährlich verkauft werden, schließt Entlassungen nicht mehr aus.

Der Dosenumsatz ist bei Ball Packaging Europa im ersten Halbjahr um 50 Prozent eingebrochen, zu Jahresbeginn lag der Rückgang sogar bei 70 Prozent. Seit in der vergangenen Woche Kaiser’s und Konsorten entschieden haben, Dosen nicht mehr zu verkaufen, hat das Unternehmen keine Hoffnung mehr, dass sich die Situation verbessert – ganz im Gegenteil: „Wir müssen jetzt über Kapazitätsanpassungen nachdenken“, sagt Sprecherin Sylvia Blömker. Es werde zwar alles getan, um Entlassungen zu vermeiden, aber ausschließen will sie es nicht mehr. Schon seit Jahresbeginn arbeiten rund 1000 Mitarbeiter in den vier deutschen Werken in Kurzarbeit, Verträge mit mehr als 80 Zulieferern sind bereits gekündigt.

Aber auch bei den Abfüllern ist die Lage seit Einführung des Dosenpfandes angespannt. In der Radeberger-Gruppe, zu der auch Berliner Kindl gehört, ist schon im Mai die Entscheidung gefallen, konzernweit 100 Mitarbeiter zu entlassen. In der Holsten-Brauerei werden Entlassungen für den Herbst nicht mehr ausgeschlossen. „Wenn der Sommer vorbei ist, werden wir feststellen müssen, inwieweit die Mitarbeiterzahl im Einwegbereich überdimensioniert ist oder nicht“, sagt Holsten-Sprecher Udo Franke. In der Oderland-Brauerei in Frankfurt (Oder) ist die Situation noch dramatischer. Das Unternehmen, das zur Brau und Brunnen-Gruppe gehört und zu 90 Prozent Dosenbier produziert, hat seine rund 160 Mitarbeiter bereits im März und April zum ersten Mal auf Kurzarbeit gesetzt. Nach der Entscheidung großer Teile des Handels, die Dose rauszuschmeißen, steht das Unternehmen vor dem Ende: „Anfang Juli entscheidet Brau und Brunnen, ob das Unternehmen geschlossen wird“, sagt Geschäftsführer Götz Ziaja. Viel Hoffnung hat er nicht mehr: „Es sieht nicht gut aus.“

Maren Peters

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