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Die sozialen Widersprüche in San Francisco sind eklatant.

© Josh Edelson/AFP

Abstimmung bei US-Wahlen: San Francisco führt Steuer zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit ein

Mit einer Zusatzabgabe für Technologiekonzerne soll die Obdachlosigkeit bekämpft werden. Ein Softwaremogul hatte massiv dafür gekämpft.

Bei den US-Wahlen konnten die Bürger in San Francisco auch über einen besonderen Gesetzesvorschlag abstimmen. Es ging um eine Zusatzsteuer für die reichsten Unternehmen, um die Obdachlosigkeit in der Stadt zu bekämpfen, die zu einem massiven Problem geworden ist. 60 Prozent der Wähler stimmten für den Vorschlag. Der Plan sieht vor, dass Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Dollar (43 Millionen Euro) eine Abgabe von etwa 0,5 Prozent für Obdachlose leisten. Die Initiatoren hoffen, dass damit 250 bis 300 Millionen Dollar jährlich zusammenkommen, um Unterkünfte für 5000 Menschen sowie psychologische Betreuung und andere Hilfen zu finanzieren.

San Francisco in UN-Bericht über Slums

Obdachlose gehören zwar schon lange zum Stadtbild in San Francisco, doch in den vergangenen Jahren ist das Problem immer massiver geworden. "Es gab zwar immer Obdachlosigkeit, doch so schlimm habe ich es noch nie gesehen", sagt Marc Benioff, Chef des Softwareunternehmens Salesforce, der selbst in vierter Generation in der Stadt lebt. Selbst menschliche Fäkalien auf den Straßen und Gehwegen sind zu so einem Problem geworden, dass die Stadt inzwischen eine "Kot-Patrouille" in manche Viertel schickt. Die Zustände haben sogar die UN auf den Plan gerufen: Als „grausam und unmenschlich“ werden sie in einem gerade erschienenen Bericht bezeichnet, wo San Francisco neben den Slums von Mumbai oder Delhi aufgeführt wird.

Die sozialen Widersprüche sind eklatant und stechen ins Auge, denn die Krise spielt sich buchstäblich vor den Türen von Technologieriesen wie Uber oder Twitter ab, vor deren Hauptquartieren im Zentrum von San Francisco viele Obdachlose hausen.

Der Technologieboom hat einen Anteil an den Problemen. Er hat eine Spirale an steigenden Mieten und Gehältern in Gang gesetzt. Eine Ein-Zimmer-Wohnung kostet inzwischen durchschnittlich 3300 Dollar. Das liegt auch daran, dass mehr Start-ups und Firmen direkt nach San Francisco ziehen, statt ins angrenzende Silicon Valley. Doch auch dort gibt es Wohnungsnot, teilweise weichen Menschen die ihr Obdach verlieren daher in Wohnmobile aus, die im Silicon Valley in ganzen Straßenzügen parken.

Unternehmer stritten über Steuer

Auch deswegen hatte sich Salesforce-Chef Benioff für die Steuer stark gemacht. Er und sein Unternehmen investierten daher etwa acht Millionen Dollar in Werbung für die Initiative. Nach den massiven Steuersenkungen durch Donald Trump könne sein Unternehmen sich das ohne Probleme leisten. Allerdings stand er mit dieser Position relativ allein. Andere Unternehmer wie Twitter-Chef Jack Dorsey stritten auch öffentlich gegen das Programm. Er kritisierte dabei auch, dass die Steuer nicht einheitlich ist. So soll zwischen 0,175 und 0,69 Prozent liegen, der höhere Satz würde beispielsweise auf Finanzunternehmen entfallen. Dorsey kritisierte, dadurch könnte seine zweite Firma, der Zahlungsdienstleister Square letztlich mehr zahlen müssen, als das deutlich größere Salesforce.

Und auch die erst im Sommer gewählte Bürgermeisterin London Breed, die eigentlich den Kampf gegen Obdachlosigkeit zu einer ihrer zentralen Aufgaben erklärt hat, war gegen den Vorschlag. Sie argumentierte, die Steuer könnte Firmen aus der Stadt vertreiben.

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