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Wirtschaft: Abwanderung bei Schering

Der von Bayer übernommene Konzern verliert viele wichtige Mitarbeiter

Berlin - Schering laufen wichtige Mitarbeiter davon. Der von Bayer übernommene Berliner Pharmakonzern sei von „massiver Abwanderung“ betroffen, heißt es aus Unternehmenskreisen. Viele Abteilungsleiter hätten sich entschlossen, den Konzern zu verlassen. Das betreffe sowohl die Verwaltung als auch die Forschung, die für ein forschendes Pharmaunternehmen lebenswichtig ist. „Jetzt gehen die Leistungsträger“, hieß es.

Die Tatsache, dass viele Führungspositionen neu besetzt werden müssen, könnte den Start des fusionierten Unternehmens deutlich belasten und die Beschäftigten zusätzlich verunsichern. Die erfolgreiche Integration der Mitarbeiter gilt als eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen einer Fusion.

Noch am Montag hatte der Bayer-Vorstandsvorsitzende Werner Wenning bei Bekanntgabe der Quartalszahlen das Problem herungespielt. Er räumte zwar ein, dass „vereinzelt Mitarbeiter Schering verlassen“, hatte aber ausdrücklich betont, dass „wichtige Leistungsträger“ nicht dabei seien. Die Berliner Schering AG hatte bislang nur offiziell bekannt gegeben, dass Kommunikationschef Christof Ehrhart den Konzern verlässt und zum 1. Januar zum Luft- und Raumfahrtkonzern EADS wechselt.

Im Unternehmen stieß die Aussage Wennings auf Unverständnis. Wichtige Schlüsselpositionen müssten neu besetzt werden, hieß es dort. So werde beispielsweise der Chef der Accounting-Sparte, also des Rechnungswesens, Schering im kommenden Jahr verlassen. Prominente Abgänge gebe es auch in der Forschung. Der Hauptabteilungsleiter Pharmakogenomic (die sich mit individueller Arzneitherapie beschäftigt) wechsle in gleicher Funktion zu Novartis, der Abteilungsleiter Krebsforschung (Onkologie) zu einem großen Biotechunternehmen in England. Die Krebsforschung gilt in der Pharmabranche weltweit und auch bei Bayer Schering wegen der kräftigen Wachstumsraten als eine der wichtigsten Zukunftsbereiche überhaupt. Bereits gegangen ist auch der Chef des weltweiten Projektmanagements bei Schering sowie der Abteilungsleiter Klinische Entwicklung und Imaging, der sich mit einem eigenen Unternehmen in Berlin selbstständig macht.

Eine Schering-Sprecherin sagte dazu auf Anfrage: „Die Schering AG verzeichnet keine bedrohliche Abwanderung.“ Nur vereinzelt würden Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Der Betriebsrat war für eine Stellungnahme am Mittwoch nicht zu erreichen.

Schering war für knapp 17 Milliarden Euro von Bayer übernommen worden. Bayer-Chef Wenning hatte früh angekündigt, dass 6000 der 60 000 Stellen in der zusammengelegten Pharmasparte abgebaut werden. In welchem Ausmaß die deutschen Standorte betroffen sein werden, hat Bayer noch nicht gesagt. Bisher ist nur bekannt, dass in den USA aufgrund der Schließung einzelner Standorte bis zu 800 Arbeitsplätze abgebaut werden.

Der Kauf von Schering hatte Bayer im dritten Quartal einen Schub gegeben. Der um Sondereinflüsse bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern kletterte vor allem wegen des starken Pharma-Geschäfts um 22 Prozent auf 798 Millionen Euro.

Maren Peters

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