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Öfter mal was Neues: Wer einen 24-Monats-Mobilfunkvertrag schließt, bekommt ein neues Handy gratis oder verbilligt dazu. Die alten Geräte bekommen oft die Kinder.

© picture alliance/dpa

Abzocke oder Schnäppchen?: Der Kampf ums Gratis-Handy

Gratis Handys bei längeren Verträgen? Justizministerin Christine Lambrecht will das verbieten. Und stößt auf Widerstand in der Regierung.

Ginge es nach Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), würden sich Verbraucher künftig nicht mehr lange binden. Verträge sollen maximal ein Jahr lang laufen, eine automatische Verlängerung soll es nur für drei Monate geben, Kündigungen sollen innerhalb eines Monats möglich sein. So steht es in dem Entwurf ihres „Faire-Verbraucherverträge-Gesetzes“. Doch das Vorhaben könnte schwieriger werden als gedacht.

Denn es gibt heftigen Widerstand. Der kommt vor allem aus der Telekommunikationsbranche, die an den Zwei-Jahres-Verträgen für Mobilfunk, Internet und Festnetz festhalten will.

Eine generelle Verkürzung der maximalen Vertragslaufzeit auf zwölf Monate sei „schädlich und den Realitäten des Marktes nicht angemessen“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von sieben Branchenverbänden. Liefen Verträge künftig kürzer, stelle das die Kalkulation für Infrastrukturinvestitionen in Frage und gefährde den „flächendeckenden Ausbau von hochleistungsfähigen Gigabit-Infrastrukturen und Mobilfunknetzen“.

Will keine langen Verträge mehr: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.
Will keine langen Verträge mehr: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.

© AFP

Zudem schade die geplante Reform den Verbrauchern, schreiben Verbände wie der Bitkom und der VATM. Denn die Kunden würden künftig mehr zahlen: nicht nur für die eigentliche Dienstleistung, sondern auch für das neue Handy, das es derzeit beim Abschluss eines 24-Monats-Vertrages verbilligt dazu gibt.

Die Kombination lohnt sich für die Kunden, rechnen die Anbieter: Ein neues Smartphone koste 800 Euro, schließt man einen zweijährigen Telekommunikationsvertrag, zahle man 35 bis 40 Euro im Monat – für das Gerät und die Dienstleistung zusammen, eines der beiden gibt es also praktisch gratis.

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Und obwohl die Unternehmen schon heute gesetzlich verpflichtet sind, auch einen Vertrag mit einjähriger Laufzeit anzubieten, würden sich die meisten Kunden für die Zwei-Jahres-Variante entscheiden.

Sieht die geplanten Änderungen kritisch: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
Sieht die geplanten Änderungen kritisch: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

© Reuters

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht das ähnlich. Längere Laufzeiten sollte man nicht pauschal als „Abzocke“ bezeichnen, heißt es aus Kreisen des Ministeriums. Im Gegenteil: Sie könnten im Interesse der Verbraucher liegen, weil die Konditionen günstiger sind. Der Widerstand des Wirtschaftsministeriums gefährdet die Reform. Bis Montag hatten die Verbände Zeit, Stellung zu nehmen, wie es jetzt weitergeht, ist unklar.

Die FDP wünscht sich, dass alles so bleibt wie es ist. "Die gesetzliche Verkürzung der Vertragslaufzeiten ist unsinnig", meint die verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion, Katharina Willkomm. "Oft haben Verbraucher ohnehin schon die Wahl, kürzere oder monatlich kündbare Verträge zu wählen - etwa bei Streaming-Anbietern oder im Fitnessstudio." Bei Mobilfunkanbietern wäre ein Zwang zu kurzen Verträgen sogar schädlich für die Verbraucher, weil diese ihre preislich subventionierte Smartphones verlieren würden. "Für viele Mobilfunkkunden ist das ein wichtiges Argument", sagt Willkomm, nur ein Viertel der Kunden würde einen jederzeit kündbaren Prepaid-Vertrag wählen.

Bei O2 gibt es das Handy auch separat

Dabei gibt es bereits heute Beispiele, dass es auch anders geht. Telefónica (O2) entkoppelt schon jetzt den Mobilfunk- und den Handykaufvertrag. Sind die Raten für das Handy getilgt, zahlen die Kunden lediglich für ihren Mobilfunkvertrag. Gegen einen Aufpreis von fünf Euro monatlich bietet O2 einen Vertrag, den man jederzeit kündigen kann.

Auch im Kombiangebot O2You ist die Vertragslaufzeit des Mobilfunkvertrags völlig flexibel, Kunden schließen einen Ratenvertrag für das Handy. Die Mehrzahl der Verbraucher würde aber dennoch einen Vertrag über 24 Monate wählen, räumt ein Telefónica-Sprecher ein, wegen der günstigen Kombiangebote.

Auch die Telekom weist darauf hin, dass sie bereits heute Telekommunikationsverträge mit begrenzten Laufzeiten und kurzen Kündigungsfristen anbietet. "Selbstverständlich werden wir aber auch künftige rechtliche Vorgaben bei der Vertragsausgestaltung beachten und diese einhalten", sagte ein Sprecher auf Anfrage. Inwieweit dann auch bestehende Verträge angepasst werden müssten, hänge von der Gesetzgebung ab.

Das Gratis-Handy kann teuer werden

Die Tarife mit Gratis- oder subventioniertem Smartphone sind nicht immer die günstigsten, warnt Henning Gajek vom Internetportal Teltarif. „Es kann sich lohnen, das Handy auf eigene Faust zu kaufen“, gibt der Telekommunikationsexperte zu bedenken. Das ist vor allem für diejenigen attraktiv, die nicht immer das neuste Modell haben müssen und bereit sind, ihr Smartphone auch länger als zwei Jahre zu nutzen. Das schont Umwelt wie Geldbeutel gleichermaßen.

Dass Lambrechts Reform zwingend die Mobilfunktarife in die Höhe treibt, glaubt Gajek nicht. „Der Markt ist sehr lebendig“, sagt er mit Blick auf den Wettbewerb. So gebe es Prepaid-Angebote mit einer Leistung von zwei oder drei Gigabyte schon für acht Euro im Monat.

Verbraucherschützer wünschen sich übrigens noch strengere Regeln. Sie wollen, dass Telekommunikationsverträge maximal sechs Monate laufen. Und telefonisch geschlossene Verträge sollen nur wirksam werden, wenn Verbraucher sie bestätigen. Aber das ist Zukunftsmusik, wie das gesamte Projekt.

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