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Wirtschaft: Ackermann bekommt mehr Macht

Frankfurt (Main) (ro). Der designierte Vorstandssprecher Josef Ackermann wird zum neuen starken Mann bei der Deutschen Bank.

Frankfurt (Main) (ro). Der designierte Vorstandssprecher Josef Ackermann wird zum neuen starken Mann bei der Deutschen Bank. Das Institut bestätigte gestern nach der Aufsichtsratssitzung indirekt die neue Führungsstruktur mit einem neuen Exekutiv-Komitee neben dem bisherigen Konzernvorstand. Beide Gremien sollen künftig von Ackermann geführt werden. Vorstandsmitglied Thomas Fischer legt sein Amt "auf eigenen Wunsch" mit sofortiger Wirkung nieder. Grund seien "unterschiedliche Auffassungen zur neuen Führungsstruktur der Bank", hieß es gestern in einer Mitteilung der Deutschen Bank. Details über die neue Organisation will Vorstandssprecher Breuer allerdings erst am Donnnerstag bekannt geben, genauso wie die Zahlen für das Geschäftsjahr 2001.

Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BaKred) hat allerdings die Prüfung der neuen Struktur noch nicht abgeschlossen, wie ein Sprecher des Amtes gestern Nachmittag sagte. Möglicherweise verstößt sie gegen das Aktiengesetz. Bei der Deutschen Bank erwartet man allerdings keine Schwierigkeiten. Eine formale Genehmigung ist angeblich nicht notwendig.

Nach Angaben von Aufsichtsratsmitglied Gerald Hermann hat Vorstandssprecher Breuer in der Sitzung ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland und Frankfurt abgegeben. "Die Standortfrage stellt sich für die Deutsche Bank nicht", sagte Hermann dem Tagesspiegel. Alle anderen Behauptungen seien "blanker Unsinn". Angeblich soll Ackermann eine weitere Verlagerung von Aufgaben und Bereichen nach London geplant haben, ohne den rechtlichen Sitz der Bank zu verlegen. Dies ist mit Breuers Bekenntnis jetzt vom Tisch.

Die neue Organisationsstruktur soll sofort umgesetzt werden. Dem Konzernvorstand gehören dann mit Breuer, Ackermann, Finanzchef Clemens Börsig, Hermann Lamberti und Tessen von Heydebreck nur noch fünf statt bisher acht Manager an. Die Aufgaben Fischers im Controlling und im Treasury werden kommissarisch von Ackermann und Börsig übernommen. Wer die Position Fischers besetzt, ist noch offen. Jürgen Fitschen und Michael Philipp scheiden aus dem Konzernvorstand aus. Sie sitzen aber künftig im Exekutiv-Komitee. Es setzt sich aus dem Vorsitzenden Ackermann, den übrigen vier Konzernvorständen und den Leitern der weltweit ausgerichteten Geschäftsfelder zusammen. Im Exekutiv Komitee wird das operative Geschäft der Bank gesteuert.

Wahrscheinlich werden Breuer und Ackermann die Deutsche Bank bis zur Hauptversammlung am 22. Mai gemeinsam leiten. Danach wird der Schweizer Ackermann zum bislang mächtigsten Vorstandssprecher der Deutschen Bank und übernimmt eine Stellung ähnlich einem CEO (Chief Executive Officer) in britischen oder amerikanischen Unternehmen. Eine solche Struktur ist nach Auffassung von Breuer, Ackermann und auch Aufsichtsratschef Hilmar Kopper notwendig, um die Bank besonders im internationalen Geschäft voranzubringen, wo sie immer noch deutlich hinter den Wettbewerbern - vor allem aus den USA - hinterherhinkt.

Unterdessen hat sich der Betriebsrat der Deutsche Bank-Zentrale in einem Offenen Brief an Breuer und Ackermann über die von ihnen ausgelöste Unruhe in der Bank beklagt. Entgegen den Zusagen vor Weihnachten sei kurz vor Jahresende der Abbau von weiteren 2400 Arbeitsplätzen und eine Nullrunde für die außertariflichen Mitarbeiter verkündet worden. Nach Ansicht des Betriebsrates fehlt es dem Vorstand an "unternehmerischem Einfallsreichtum". Es sei endlich wieder eine ideenreichere und verantwortungsvolle soziale Unternehmenspolitik gefordert. Angesichts der ohnehin hohen Kostenbelastung zeigt der Betriebsrat auch wenig Verständnis für die weitere Verlagerung von Aufgaben und Bereichen nach London und New York. Dort seien die Kosten zum Teil drei bis vier Mal so hoch wie in Frankfurt. Mit der neuen Struktur solle möglicherweise die gesetzlich garantierte Mitbestimmung der Arbeitnehmer ausgehebelt werden.

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