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Privatreise im Ambulanz-Jet. Die fliegenden Intensivstationen des Autoclubs dienen eigentlich dem weltweiten Patiententransport. Foto: dpa

© picture-alliance / dpa/dpaweb

ADAC: Privatreise im Ambulanz-Jet

ADAC-Präsident Meyer will keine „Sperenzchen“ mehr, einen Rücktritt lehnt er ab – doch neue Vorfälle erhöhen den Druck auf den Autoclub.

ADAC-Präsident Peter Meyer beteuert, dass er an der Aufklärung von Manipulationen und Unregelmäßigkeiten in seinem Verein mitwirken will. Doch nahezu täglich kommen neue Vorfälle ans Licht, die die Glaubwürdigkeit des ADAC weiter beschädigen – und Zweifel daran aufwerfen, ob der Kurswechsel unter Meyers Führung gelingen kann.

Den jüngsten Fall, über den Meyer am Wochenende selbst in einem Interview berichtete, bestätigte am Sonntag eine ADAC-Sprecherin: So seien in der Vergangenheit nicht nur Rettungshubschrauber des ADAC für Dienstflüge von Präsidiumsmitgliedern genutzt worden. Darüber hinaus sei auch ein Flugzeug der ADAC-Ambulanzflotte für private Zwecke genutzt worden. „2012 flog das Familienmitglied einer ehemaligen Führungskraft bei einem Ambulanzflug mit“, bestätigte die Sprecherin. Details nannte sie nicht. Meyer hatte erklärt, es seien nach diesem Flug „die erforderlichen personellen Konsequenzen“ gezogen worden.

Der ADAC unterhält mit der Tochterfirma Aero-Dienst GmbH einen eigenen Flugbetrieb mit vier Ambulanzflugzeugen, eigener Technik und Wartung. Die Flugzeuge sind – ähnlich wie die Rettungshubschrauber – wie Intensivstationen ausgestattet. Der Aero-Dienst organisiert nach ADAC-Angaben weltweit Patientenrücktransporte und -verlegungen.

Ob die Jets auch in anderen Fällen für private Reisen genutzt wurden, konnte die ADAC-Sprecherin am Sonntag nicht sagen. Ebenso wie die zweifelhaften Hubschrauberflüge des ADAC-Präsidiums dürfte der genannte Fall aber jetzt von der Münchner Staatsanwaltschaft untersucht werden. Sie hatte in der vergangenen Woche angekündigt, die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens zu prüfen.

Angesichts des zunehmenden öffentlichen Drucks auf den ADAC sagte Präsident Meyer zu, der Club werde sich künftig auf seine Kernaufgaben besinnen und damit sein beschädigtes Image verbessern. Auch wolle sich der ADAC mehr an den Bedürfnissen der Mitglieder orientieren und bei politischen Diskussionen Zurückhaltung üben. „Sperenzchen lassen wir jetzt grundsätzlich bleiben“, sagte Meyer der „Automobilwoche“. Er kündigte an, dass der ADAC künftig bei jedem Test und jedem Index prüfen werde, ob dieser zum Markenkern des Clubs gehöre. „Wenn er nur eine Pressemitteilung wert ist, lassen wir ihn weg“, sagte er. Wenn der ADAC künftig zu politischen Fragen Position beziehe, sollten zunächst die Mitglieder durch ein anerkanntes Institut befragt werden. „Das Ergebnis dieser Umfrage, zertifiziert und bestätigt – das ist dann die Position des ADAC, weil sie eine Mehrheitsposition ist“, betonte Meyer. Einen Rücktritt lehnte er ab.

Am Wochenende wurden weitere Forderungen nach Konsequenzen aus der ADAC-Affäre laut, die mit dem Eingeständnis von Manipulationen beim Autopreis „Gelber Engel“ begann. Das Münchner Amtsgericht prüft, ob der ADAC mit seinen rund 19 Millionen Mitgliedern noch den Status eines Vereins haben darf.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte im „Focus“ „totale Transparenz“ von dem Autoclub: „Alle Karten müssen auf den Tisch.“ Der ADAC sei eine mächtige Institution, bei der sich offenbar „eine Tendenz zur Abgehobenheit und vielleicht sogar zur Selbstüberhöhung eingeschlichen“ habe. Nötig sei eine neue Struktur. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, der ADAC habe sich mit der Affäre selbst schwer geschadet. „Verantwortung, Kontrolle und Transparenz müssen jetzt die Stichworte sein“, sagte Schäuble, der selbst ADAC-Mitglied ist, der „Bild am Sonntag“. Der finanzpolitische Sprecher der SPD, Lothar Binding, hatte vor dem Wochenende im Tagesspiegel die Steuerverwaltungen von Bund und Ländern aufgefordert, die Besteuerung des Vereins zu überprüfen. Der Verein ADAC zahlt nur auf zehn Prozent des Basistarifs seiner Mitgliedergebühr Umsatzsteuer.

Einer der schärfsten ADAC-Kritiker, der Duisburger Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, wies am Sonntag die Darstellung des Clubs zurück, auf seine Veranlassung hin habe ein Flug mit dem Rettungshubschrauber von Hamburg nach Wolfsburg stattgefunden. Dudenhöffer hatte im Juni 2003 einen solchen Flug im Zusammenhang mit zwei Vortragsveranstaltungen in Anspruch genommen. „Nur wegen ihm sind wir zwischen zwei Standorten per Helikopter gependelt“, hatte der ADAC-Präsident in einem Artikel der „WAZ“ behauptet. „Diese Behauptung von Herrn Meyer ist falsch“, teilte Dudenhöffer mit. Weil er und Meyer an den besagten Veranstaltungen in Hamburg und Wolfsburg hätten teilnehmen wollen, habe der Club ihm angeboten, im Hubschrauber mitzufliegen. „Nicht ich habe eine Forderung gestellt, sondern der ADAC hat an mich den Mitflug herangetragen.“ Ebenso falsch sei die Darstellung, er habe „fürstliche Honorare“ vom ADAC kassiert. Es sei „merkwürdig und befremdlich“, wie der ADAC mit den Fakten umgehe, so Dudenhöffer.

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