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Wirtschaft: Adecco beruhigt die Finanzbranche

Zeitarbeitskonzern legt verspätet Zahlen vor / Kein Fälschungsverdacht mehr

Zürich Nach einer Serie von Pannen hat der weltgrößte Personalvermittler Adecco gestern mit viermonatiger Verspätung seinen Abschluss für das vergangene Jahr vorgelegt. Danach haben die Schweizer ihren Reingewinn um 26 Prozent auf 305 Millionen Euro steigern können. Die Kosten von 100 Millionen Euro, die durch die aufwändige Untersuchung von Buchhaltungsproblemen entstanden sind, enthält dieses Ergebnis noch nicht. Von Unregelmäßigkeiten findet sich in dem Zahlenwerk nichts – für Anleger und Investoren eine gute Nachricht. Sie hatten monatelang befürchtet, dass die Bilanz falsche Zahlen aufweisen könnte.

Adecco hatte die ursprünglich für den 4. Februar vorgesehene Veröffentlichung des Jahresabschlusses zweimal verschoben, weil Konzernprüfern Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung aufgefallen waren. Die Unsicherheit über das Ausmaß der Probleme, die durch die spärliche Information des Konzerns noch verstärkt wurde, hatte den Aktienkurs einbrechen lassen. Die Entlassung von Finanzchef Felix Weber und der Austausch des Managements in Nordamerika sorgten für zusätzliche Irritationen.

Untersuchungen einer unabhängigen Kommission haben nun aber keine gravierenden Mängel zu Tage gefördert, teilte Adecco gestern mit. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young werde deswegen die Jahresrechnung ohne Vorbehalte genehmigen. Frühere Abschlüsse müssten nicht angepasst werden. Man habe die Hinweise der Revisionsstelle auf „materielle Schwächen“ in der Rechnungslegung ernst nehmen müssen, verteidigte Adecco-Sprecher François Vassard die Untersuchung von 23 Millionen Seiten mit E-Mails und zwei Millionen Seiten mit schriftlichen Dokumenten. Wo genau in der Buchhaltung getrickst worden ist, darüber schwieg sich Adecco aus. Verwaltungsratspräsident John Bowmer kündigte nur an, dass „interne Kontrollsysteme“ verbessert werden sollten.

Das Jahresergebnis weist einen Umsatzrückgang um fünf Prozent auf 16,3 Milliarden Euro aus. Die Nettoverschuldung konnte um 35 Prozent auf 918 Millionen Euro verringert werden. Trostpflaster für gebeutelte Aktionäre: Die Dividende soll um 17 Prozent auf 0,70 Schweizer Franken pro Aktie steigen.

In Sammelklagen in den USA werfen Adecco-Aktionäre dem Unternehmen vor, durch öffentliche Äußerungen gegen das Wertpapiergesetz verstoßen zu haben. Adecco beabsichtige diese Klagen „mit aller Kraft zu bekämpfen“, hieß es.

Für dieses Jahr zeigt sich Adecco zuversichtlich. „Die Umsatzentwicklung liegt über jener am Ende des vergangenen Jahres“, sagte Adecco-Chef Jérôme Caille. Da der Konzern aber zuletzt seine Preise senken musste, um seine Kunden bei der Stange zu halten, dürfte seine Rentabilität leiden. Zudem erklärten die Manager, dass die Profitabilität durch die Kosten der Untersuchung belastet wird.

Das Ergebnis liegt im Bereich der Erwartungen. „Jedenfalls ist Adecco nun eine Lieferschuld los, womit hoffentlich die sehr leidige Geschichte bald ad acta gelegt werden kann“, sagt ein Analyst der Privatbank Wegelin & Co. Anleger sahen das gestern offenbar genauso: Die Titel legten in Zürich zeitweise um sechs Prozent auf 64,05 Franken zu. oli/HB

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