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Reiseziel Pyramiden. Die meisten Ägyptentouristen sind mittlerweile Russen. 2014 waren es drei Millionen.

© imago stock&people

Ägypten: Zwischen Terror und Tourismus

Millionen Arbeitsplätze hängen in Ägypten am Tourismus, doch die Zahlen im Reisegeschäft sind wegen der instabilen Lage im Land dramatisch eingebrochen. Ägypten sei ein sicheres Urlaubsland, behauptet der Tourismusminister, und verrät, wie er die Deutschen an den Nil locken will.

Am Wochenende erst explodierte eine Bombe im beliebten Reiseort Assuan in Oberägypten. Mitten in Kairo werden Demonstranten von Sicherheitskräften getötet. Im Norden des Sinai und im Nachbarland Libyen tobt der „Islamische Staat“. Keine guten Voraussetzungen für den Tourismus, der für Ägypten lange einer der wichtigsten Wirtschaftszweige war – und wieder sein soll.

Tourismusminister Hisham Zaazou behauptet, er mache sich wenig Sorgen um die Sicherheit der Gäste am Nil. Denn Ägypten sei schön wie eh und je. Und es gebe keinerlei Gefahren für die Gäste, versicherte der Minister auf der Tourismusmesse ITB, die am Dienstag in Berlin ihre Tore für Fachbesucher öffnete. „Der Terror, den wir bald besiegt haben werden, richtet sich alleine nach innen, der Tourismus hat damit nichts zu tun“, erklärt Zaazou.

Die ägyptische Gesellschaft sei dabei, sich zu ordnen, die Touristen blieben außen vor. Panzer direkt an den Stränden von Sharm el-Sheikh und Hurghada? Die gebe es nicht. Das ägyptische Militär und die Polizei würden dezent für Sicherheit sorgen. Das große Vorbild für den Tourismusminister ist Spanien: „Die hatten den Terror der ETA – und der Tourismus dort ist stabil geblieben.“

Der ägyptische Tourismusminister Hisham Zaazou
Der ägyptische Tourismusminister Hisham Zaazou

© promo

Dass das Reisegeschäft alles andere als stabil läuft, wird der Minister allerdings kaum leugnen: In der ersten Hälfte 2014 schrumpfte der Markt um mehr als 25 Prozent, nur eine Stabilisierung in der zweiten Jahreshälfte verhinderte eine wirtschaftliche Katastrophe. Rund 2,5 Millionen Arbeitsplätze hängen in dem Land am Tourismus. Auch für deutsche Reiseveranstalter ist Ägypten traditionell wichtig, weil sie dank billiger Arbeitsplätze, kultureller Schätze und stabil guten Wetterbedingungen dort einen Großteil ihrer Pauschalangebote rentabel anbieten können. In den letzten Jahren kamen fast zehn Millionen Besucher, kaum mehr als 2013. Im vergangenen Jahr hatte der Sektor einen Anteil von rund 15 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Im Jahr vor der Revolution vom 25. Januar 2011 lag der Anteil bei rund 20 Prozent.

Die Ägypter wollen die ITB in ihr Land holen

Die soziale Krise verschärft sich, weil weniger Deutsche an den Pyramiden auf Kamelen reiten. Doch es geht nicht nur um die Zahl der Touristen, sondern auch um das Profil derjenigen, die mit dem Flieger am Nil und am roten Meer landen. So sind die meisten Ägyptentouristen mittlerweile Russen; im vergangenen Jahr waren es drei Millionen, viele angelockt von günstigen Pauschalangeboten und dem derzeit exzellentem politischen Verhältnis zwischen Kairo und Moskau. Russische Touristen geben im Schnitt pro Urlaubstag aber nur 55 Dollar aus, weit weniger als Touristen aus Westeuropa, die deutlich mehr als 80 Dollar pro Tag dort lassen. „Die Briten sind wieder zurück, die Deutschen kommen nach“, prophezeit Minister Zaazou. Hofft er. Aus Deutschland kamen im Jahr 2014 immerhin wieder rund 900 000 Touristen ins Land, vor der Revolution war die Millionenmarke längst überwunden.

Auf der ITB wirbt der Minister deswegen mit dem Slogan „Lebe die Magie“, für die nächste Reisesaison startet sein Ministerium eine neue Kampagne für den europäischen Markt. Werbung lohnt sich. So geschehen mit den arabischen Gästen. Eine spezielle Kampagne mit dem Titel „Ägypten ist nah“ und einem Videoclip mit singenden arabischen Stars und Sternchen brachte eine Steigerung von rund 150 Prozent aus den Golfstaaten in der zweiten Jahreshälfte 2014. Diese Besucher geben wiederum viel mehr aus, als ein Durchschnittsdeutscher zur Verfügung hat. Dennoch will Zaazou Deutsche gewinnen: „Wir setzen dabei auf unser Alleinstellungsmerkmal: unsere einzigartige Kultur.“

Und noch etwas möchte der Tourismusminister in sein Land locken: die ITB selbst. Eine ägyptische Version der Messe soll an den Nil ziehen. Seit drei Jahren wird unter anderem auch mit der Messe Berlin verhandelt. Der afrikanische Markt leidet in den letzten Jahren unter Unruhen im Norden, Terror in Kenia und Nigeria und die Ebola-Epidemie in Westafrika. In Singapur gibt es schon eine „ITB Asia“, in Ägypten soll der Fokus auf Tourismus im Nahen Osten und Afrika liegen.

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