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Geldgeschäfte seit über 500 Jahren. In den vergangenen Jahren soll aber nicht immer alles mit rechten Dingen zugegangen sein im Bankhaus Monte dei Paschi di Siena.

© Reuters

Ältestes Geldhaus der Welt: Bankenaffäre belastet auch EZB-Chef Draghi

Ein Verlust von mehr als 700 Millionen Euro bedroht die Existenz der italienischen Bank Monte dei Paschi. Im Fall eines Desasters könnte EZB-Chef Draghi politisch mitverantwortlich sein.

Die Affäre um die italienische Bank Monte dei Paschi di Siena ist längst auch eine Affäre Mario Draghi. Denn der heutige Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) war oberster Bankenaufseher seines Landes, als die nebulösen Geschäfte über die Bühne gingen, die die älteste Bank der Welt nun in den Fokus der Justiz und ins Scheinwerferlicht der Weltpresse ziehen.

Es ist durchaus möglich, dass Draghi als Gouverneur der Zentralbank Italiens gar nichts gewusst hat von jenen offenbar unlauteren Geschäften, die jetzt zu einem Verlust von etwa 720 Millionen Euro bei Monte dei Paschi geführt und außerdem die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen haben.

Doch selbst wenn es nur Draghis frühere Untergebene bei der Banca d'Italia waren, die nicht genau genug hingesehen haben - Draghi wäre politisch mitverantwortlich für das Desaster.

Draghi weiß das. Und der schon vielfach wegen seiner Zeit bei der US-Investmentbank Goldman Sachs und seiner Nähe zu den Boliden der Hochfinanz unter Beschuss geratene Ökonom trat genau deshalb die Flucht nach vorne an.

Am Montag traf er sich in Rom mit Italiens Finanzminister Vittorio Grilli. Der, nicht Draghi, wird dem Parlament in Rom erklären müssen, wie es dazu kommen konnte, dass hinter der Fassade einer der traditionsreichsten Adressen in der Bankenlandschaft Europas riskanteste Derivate- und Handelsgeschäfte getätigt wurden, und keiner von Draghis Aufsehern offenbar etwas davon mitbekommen hat.

Für Draghis ehrgeizigstes Projekt - die Aufsicht über die Banken der Euro-Zone unter dem Dach der EZB zu zentralisieren - ist das keine gute Empfehlung. Zumal seit bekannt ist, dass Inspektoren der Banca d'Italia schon Ende 2010 davor warnten, dass sich bei Monte dei Paschi etwas zusammenbrauen könnte.

Die selben Memos der Aufseher zeigen, wie komplex und eng verwoben die Welt der Derivatehändler ist. Der Skandal, in dessen Zentrum Monte dei Paschi steht, reicht nämlich bis zum japanischen Bankhaus Nomura und zur Deutschen Bank .

Insbesondere Geschäfte der Italiener mit den Deutschen werden in dem Report als “nicht angemessen für die Rolle der Abteilung, die sie ausgeführt hat“, bezeichnet. Auch sei der Vorstand von Monte dei Paschi nicht beziehungsweise nicht ausreichend über die eingegangenen Risiken informiert gewesen.

Eine weitere Frage trifft die Aufseher. Diese hatten zwar, nachdem sie 2010 Wind von riskanten Transaktionen bekommen hatten, binnen 30 Tagen einen Stellungnahme angefordert. Doch bis dato ist völlig unklar, ob die Banca d'Italia jemals eine Antwort bekommen hat aus Siena, ob die Führung von Monte dei Paschi den Aufsehern versprach etwas zu unternehmen oder ob die ganze Aktion im Sande verlief. Wenn ja, wäre das wohl ganz klar ein Versagen der Aufseher. Auch ob die Draghi das Papier, dass immerhin die Unterschrift des damaligen Chefaufsehers Vincenzio Cantarella trägt, je gelesen hat, ist unklar.

Draghi muss sich zudem die Frage gefallen lassen, warum er ganz offenbar keinen Grund sah irgendetwas Verdächtiges daran zu finden, dass Monte dei Paschi nur Wochen, nachdem die spanische Großbank Santander im Spätherbst 2007 das italienische Regionalbank Antonveneta für 6,6 Milliarden Euro gekauft hatte, satte neun Milliarden Euro für das Kreditinstitut aus Padua auf den Tisch legte. Draghi verlangte von Monte dei Paschi lediglich eine Kapitalerhöhung. Heute ermittelt der Staatsanwalt gegen Monte dei Paschi wegen des Verdachts auf Bestechung.

Draghi hat sich bislang zur Affäre um Monte dei Paschi und zur Rolle seiner Aufsicht nicht geäußert. Sein Nachfolger auf dem Chefsessel der italienischen Zentralbank, der sonst eher medienscheue Ignazio Visco, nutzte hingegen vergangene Woche ein Fernsehinterview am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos um abzuwiegeln: “Es ist falsch, den Eindruck zu erwecken, dass es bei der Aufsicht eine Lücke gegeben hat.“ Fragen, ob Draghi von den Machenschaften bei Monte dei Paschi wusste, wich er aus. Als neuer Oberaufseher über Europas Banken wird der aber Stellung beziehen müssen - zu viele Fragen sind im Skandal um Monte dei Paschi noch offen. (rtr)

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