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Hilfe zur Selbsthilfe. Moderne Entwicklungspolitik versucht, Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Lage selbst zu verbessern. Das Foto zeigt eine junge Frau in Äthiopien.

© dpa

Afrikahilfe: Nur 61 Prozent

Die großen Industrienationen halten ihre Hilfszusagen nicht ein. Besonders Deutschland kommt schlecht weg.

Berlin - Versprochen ist versprochen - und deswegen müsste man jetzt eigentlich leicht feststellen können, ob die G-8-Staaten ihre vor fünf Jahren gemachten Hilfszusagen für Afrika erfüllen. Denn als Bezugspunkt wurde damals auf Schloss Gleneagles im schottischen Hochland das Jahr 2010 gewählt. Doch die Zahlen gehen weit auseinander, und die offizielle Auswertung steht noch aus. Vorliegen soll sie, wenn die Staats- und Regierungschefs der acht Länder - USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Kanada und Russland - Ende Juni im kanadischen Huntsville zusammenkommen.

Die Organisation One, von Popstar Bono gegründet, hat errechnet, dass bei der Afrikahilfe bis Ende 2010 lediglich 61 Prozent der versprochenen Zuwächse erreicht werden. Das geht aus der neuen Jahresauswertung von One hervor, die am heutigen Dienstag veröffentlicht wird und deren wichtigste Passagen dem Tagesspiegel bereits vorliegen. Auf ein noch schlechteres Ergebnis war jüngst die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gekommen. Demnach werden im laufenden Jahr sogar nur 48 Prozent der versprochenen Zuwächse erreicht, nämlich zwölf statt 25 Milliarden Dollar.

Unterschiedlich sind die Zahlen, weil die Versprechen von Gleneagles und damit auch die Rechenwege alles andere als eindeutig sind. Das Abschlussdokument des Gipfels hielt folgenden Passus fest: "Die Zusagen der G 8 und anderer Spender werden zu einer Steigerung in offizieller Entwicklungshilfe für Afrika von 25 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2010 führen, eine Verdoppelung der Hilfe für Afrika verglichen mit 2004."

One leitet daraus für 2010 ab, dass insgesamt 40,228 Milliarden Dollar von den G-7-Staaten in das Afrika südlich der Sahara fließen sollen, lässt also Russland dabei außen vor. Dabei beziehen die One-Analysten zusätzliche Zusagen der einzelnen Länder und der Europäischen Union ein. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Beispiel hatte in Gleneagles mit seiner Unterschrift versprochen, dass Deutschland in diesem Jahr insgesamt 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe bereitstellen wird und 0,7 Prozent in 2015.

Doch auch diese Zahlen sind nicht so einfach, wie sie klingen. Erbittert wird zum Beispiel darüber gefochten, ob Schuldenerlasse mitgezählt werden. Hinzu kommt: Die Koordinaten haben sich durch die Rezession im vergangenen Jahr erheblich geändert. 0,51 Prozent sind jetzt in absoluten Beträgen deutlich weniger als ursprünglich gedacht - und werden trotzdem nicht erreicht. Laut OECD kam Deutschland bei der Entwicklungshilfe 2009 auf eine Quote von 0,35 Prozent und wird in diesem Jahr 0,4 Prozent erzielen. One kritisiert, dass Deutschland und Frankreich besonders große Zusagen gemacht hätten, jetzt aber nur 25 Prozent der Afrika versprochenen Zuwächse erreichten. Am schlimmsten schneide aber Italien ab, das "als G-7-Mitglied ein totaler Ausfall" sei. Die USA dagegen überträfen ihre maßvollen Zusagen bei Weitem, auch Kanada und Japan erfüllten ihre - allerdings geringen - Versprechen. Am besten stehe der damalige Gastgeber Großbritannien da.

Dabei spielt der Kursverfall des Euro in den Berechnungen noch keine Rolle. One legt in dem Bericht einen Euro-Kurs von 1,39 Dollar zugrunde, während er in Wahrheit derzeit bei 1,25 Dollar liegt. Die Euro-Staaten zahlen also rechnerisch in Wahrheit noch viel weniger, als One unterstellt. Denn versprochen wurden ja Dollar, nicht Euro. Nach One-Berechnungen wird Deutschland in diesem Jahr 3,706 Milliarden Dollar Hilfe für das Afrika südlich der Sahara leisten - es müssten aber 6,963 Milliarden Dollar sein, behauptet die Organisation. Immerhin: Dass Deutschland knapp 42 Prozent mehr Hilfe für diese Region leistet als 2004, geht aus den Zahlen auch hervor. Die Schlussfolgerungen von One sind denn auch versöhnlicher als die nackten Zahlen. "In 2010 und darüber hinaus muss Deutschland Schwung aufnehmen, um seine Globalzusagen für 2015 zu erreichen", heißt es in dem Bericht freundlich. Und Bono zeigt sich sogar regelrecht zufrieden. "In den vergangenen fünf Jahren haben wohlhabende Nationen historische Steigerungen - wenn auch weniger als versprochen - einer klügeren Hilfe für Afrika hinbekommen", schreibt er im Vorwort. Jetzt sei es an der Zeit, die Schwellenländer China, Russland, Indien und Brasilien als Geber einzubeziehen. Womit auch Bono die G 8 abschreibt und auf die G 20 setzt, die direkt nach den G 8 in Toronto tagen.

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