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Wirtschaft: Agrarpolitik: "Klein und Öko führt in die Sackgasse"

Die neue Agrarpolitik der Bundesregierung ist am Dienstag von 42 führenden Agrarökonomen scharf kritisiert worden. Die Wissenschaftler werfen der Regierung vor, die Schuld an der BSE-Krise auf die konventionelle Landwirtschaft zu schieben, statt eigene Versäumnisse einzugestehen.

Die neue Agrarpolitik der Bundesregierung ist am Dienstag von 42 führenden Agrarökonomen scharf kritisiert worden. Die Wissenschaftler werfen der Regierung vor, die Schuld an der BSE-Krise auf die konventionelle Landwirtschaft zu schieben, statt eigene Versäumnisse einzugestehen. Die Kritik an Agrarfabriken und industrieller Landwirtschaft bezeichneten sie als "populär, aber nicht sachgerecht". "Klein und öko" führe in die Sackgasse.

In der Neun-Punkte-Erklärung, die unter Federführung von Stefan Tangermann, Göttinger Agrarwissenschaftler und landwirtschaftlicher Berater der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast (Grüne) entstanden ist, werfen die Ökonomen der Regierung eine "zu lasche Kontrolle und Selbstkontrolle" in der Futtermittelindustrie und eine "vollkommen unreflektierte" aktuelle politische Debatte vor.

Mit Blick auf das geplanten Umsteuern der Agrarpolitik der Regierung hin zu mehr ökologischem Landbau erinnern die Agrarökonomen daran, dass ökologisch bewirtschaftete Landwirtschaftsbetriebe bereits in der Vergangenheit gefördert wurden, die Haushaltsmittel aber noch nicht einmal ausgeschöpft worden sind. Es sei zu bezweifeln, ob tatsächlich für die ökologischen Produkte eine ausreichende Nachfrage vorhanden sei.

Zudem gebe es keinerlei Garantie dafür, dass BSE nicht auf Bio-Bauernhöfen auftreten könne. Ebenso keinen Nachweis habe man dafür, dass Nahrungsmittel aus Ökobetrieben der Gesundheit der Verbraucher besser zuträglich sei. Diese Aspekte sprächen gegen eine gezielte Förderung der Öko-Landwirtschaft mit dem Argument des Verbraucherschutzes. Die Ökonomen warnen vor einer neuen Wettbewerbsverzerrungen durch einseitige Bevorzugung bestimmter Formen von Landwirtschaft. Jede zusätzliche Förderung im Rahmen der jüngsten EU-Agrarreformen wirke kontraproduktiv. Ziel sei es immerhin, sich auf Dauer von Subventionen unabhängig zu machen und nicht, neue zu bezahlen. Sollte der Staat durch Förderung die Produktion von Bioprodukten künstlich ausweiten, drohe sogar ein schädlicher Preisverfall. Die Ökonomen verweisen zudem auf die nötige Kompatibilität der deutschen mit der europäischen und internationalen Landwirtschaft. Ein Wandel zu größeren Betriebseinheiten, die auf den Weltmärkten konkurrenzfähiger seien, sei auch in Deutschland unumgänglich.

Ausdrücklich warnen die 42 Wissenschaftler vor einer Bevormundung der Verbraucher. Die unbestrittenen Leistungen der Öko-Betriebe für die Umwelt könnten auch von konventionellen Landwirten erbracht werden, und zwar oft kostengünstiger. Selbst Kritiker der traditionellen Landwirtschaft, wie der Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Georg Janßen, räumten am Dienstag ein, dass die Parole "Weg mit den Agrarfabriken" zu kurz greife. Klar sei, dass mit zehn Prozent Ökoprodukten kaum das Ende der BSE-Krise besiegelt werden könne. Trotzdem müsse mehr für die Verbraucheraufklärung getan werden, sagte Janßen. Die Bauern seien nur Spielball von Futtermittelindustrie und Lebensmitteleinzelhandel, die die wahre Markmacht darstellten und die Nachfragestrukturen beeinflussten.

mo

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