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Wirtschaft: Agrarpolitik: Mischen, mahlen, mogeln

Was da so drinsteckt, möchte man lieber nicht so genau wissen. Blut, Federn, Borsten, Sägespäne und noch viele andere unappetitliche Ingredienzien mischen die Produzenten dem Brei aus zerschredderten Tierkadavern bei, wenn sie Tiermehl bereiten - und das völlig legal.

Was da so drinsteckt, möchte man lieber nicht so genau wissen. Blut, Federn, Borsten, Sägespäne und noch viele andere unappetitliche Ingredienzien mischen die Produzenten dem Brei aus zerschredderten Tierkadavern bei, wenn sie Tiermehl bereiten - und das völlig legal. Da es keine Liste gibt, die ihnen vorschreibt, was ins Tiermehl hineingerührt werden darf, und keine offene Kennzeichnungspflicht für Futter, mahlte und mischte die Branche, was das Zeug hielt - nur billig mussten die Bestandteile sein. Erst 1991 verbot die EU-Kommission, Kot, Urin und mit Holzschutzmitteln behandeltes Holz ins Futter zu mischen, Hausmüll durfte noch bis 1995 reingemengt werden. Alles, was nicht verboten ist, ist zugelassen.

"Es ist kein Zufall, dass der größte kommunale Abfallentsorger Deutschlands gleichzeitig der größte europäische Tierfutterfabrikant ist", sagt Lutz Ribbe, Direktor der Umweltstiftung Euronatur in Radolfzell. "In der Branche gibt es eine hohe kriminelle Energie." Es sei ein Skandal, sagt Ribbe, dass die Futtermittellobby bis heute eine Positivliste verhindert habe, in der steht, was ins Viehfutter rein darf und was nicht.

Obwohl es schon seit 1994 verboten war, Tiermehl an Wiederkäuer zu verfüttern, tauchten Spuren von Tiermehl immer wieder auf. Aber die Beteiligten - vom Tierfutterhersteller über die Bauern bis zum staatlichen Kontrolleur - hätten nicht so genau hingesehen, sagt Richard Bröcker vom Deutschen Bauernverband. "Es gab über Jahre eine Toleranzgrenze von 0,5 bis ein Prozent", sagt er. "Das war eine praxisübliche Handhabe." Auf diese "Handhabe" bauen die Hersteller offenbar noch immer. Auch nachdem am 1. Dezember 2000 die Verfütterung von Tiermehl verboten wurde, tauchten in Futterproben in Bayern Spuren des infektiösen Mehles auf, das als wahrscheinlichster Verursacher der Rinderseuche BSE gilt.

Doch die Branche sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. "Wir haben das Verbot eingehalten", sagt Manfred Schräder, Vorsitzender des Verbandes der Futtermittelindustrie in Deutschland. Dem Verband sind rund 500 Mitgliedsfirmen angeschlossen, die pro Jahr gut 19 Millionen Tonnen Futter produzieren. Allerdings, räumt Schräder ein, könnten sich unbeabsichtigt Reste früheren Chargen in den Lieferungen wiederfinden. Futtermittelwerke seien nun mal keine Apotheken. "Das ist absoluter Unsinn", hält Bröcker dagegen. Technisch sei es kein Problem, Geflügel und Rinderfutter getrennt herzustellen und zu lagern. Gerhard Flachrowski von der Bundesanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig, sieht nur eine Möglichkeit, das Problem in den Griff zu bekommen: Härter durchgreifen. "Die besten Gesetze nützen nichts, wenn nicht ausreichend kontrolliert wird."

pet

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