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Air Berlin

© dpa

Air Berlin: Auf Expansionskurs

Air Berlin sieht sich mit der geplanten Übernahme von Condor in neue Dimensionen aufsteigen, aber hinter dem Deal stehen Fragezeichen. Das Kartellamt hat Bedenken - und Lufthansa könnte der Übernahme einen Strich durch die Rechnung machen.

Berlin/Düsseldorf - Obwohl hinter Air Berlins nächstem Übernahmecoup noch Fragezeichen stehen, probten die wichtigsten Beteiligten am Donnerstag schon einmal die Siegerpose. Wie eine Fußballmannschaft, Schulter an Schulter, die Arme auf den Rücken der Nebenmänner, bauten sich Joachim Hunold, Chef von Air Berlin, Arcandor-Boss Thomas Middelhoff, und die anderen an dem geplanten Geschäft beteiligten Manager strahlend vor den Fotografen auf. Zweifel sollten gar nicht erst daran aufkommen, dass Air Berlin den Konkurrenten Condor 2009 übernimmt und dessen derzeitiger Eigentümer Arcandor dafür im großen Stil über die Tochter Thomas Cook bei den Berlinern einsteigt.

Doch wenigstens zwei Hindernisse müssen die Konzernlenker noch aus dem Weg räumen. Das größte sind die Bedenken der Kartellwächter. Denn mit einer Übernahme der Charterfluglinie Condor würde sich die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft einen Konkurrenten einverleiben. Auf touristischen Langstrecken aus Deutschland hätte Air Berlin mit der erst vor kurzem erworbenen LTU und Condor in Deutschland ein Monopol. „Dieses Vorhaben wird mit Bedenken gesehen“, sagte Sprecherin Silke Kaul. Das Kartellamt habe die Fusion von Air Berlin und LTU vor einigen Wochen freigegeben, da Condor als wichtiger Wettbewerber angesehen worden sei. Wenn dieser Wettbewerber durch die Übernahme jetzt ausfalle, entstehe eine ganz andere Situation, sagte die Sprecherin. Das Vorhaben von Air Berlin sei dem Kartellamt bislang auch noch nicht zur Genehmigung vorgelegt worden. „Wir gehen da am Dienstag mit Condor hin“, sagte Hunold. Über mögliche Auflagen der Bonner Behörde wollte er sich nicht äußern.

Zudem könnte Hunold und Middelhoff ausgerechnet Air Berlins Konkurrent Lufthansa einen Strich durch die Rechnung machen. Der deutsche Marktführer hält knapp 25 Prozent an Condor und hat ein Vorkaufsrecht für die übrigen gut 75 Prozent an der vor gut 50 Jahren von ihr gegründeten Fluggesellschaft. Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber kündigte am Donnerstag an, sein Unternehmen werde zügig entscheiden, ob es davon Gebrauch mache. Er ließ aber durchblicken, dass die Lufthansa kein außerordentlich großes Interesse an einer Rückkehr der Condor habe. Mit dem Verkauf ihres Cook-Anteils an Arcandor zu Jahresanfang und dem Ausstieg aus der Touristik sei klar gewesen, dass Condor eines Tages von einem Konkurrenten übernommen werden könnte.Die Lufthansa hatte die Mehrheit abgegeben, um sich vom Geschäft mit Urlaubern unabhängiger zu machen, das starken Schwankungen unterlegen ist.

Offiziell sei noch kein Angebot bei Lufthansa eingegangen, sagte Sprecherin Stefanie Stotz dem Tagesspiegel. „Die Verträge werden am Freitag zugestellt“, kündigte Arcandor-Chef Middelhoff an. Dann habe Lufthansa eine Woche Zeit, das Übernahmeangebot zu prüfen.

Für den Fall, dass sich die Lufthansa querstellt und ihr Vorkaufsrecht wahrnimmt, kündigte Arcandor an, dennoch bei Air Berlin einsteigen zu wollen. „Für Condor würden wir dann eben 600 Millionen Euro Cash von der Lufthansa erhalten, womit wir uns an Air Berlin beteiligen würden“, sagte Konzernsprecher Jörg Howe. Gleichzeitig werde Arcandor die Auslastungsverträge von Condor auf Air Berlin übertragen.

Arcandor habe ein langfristiges Interesse an Air Berlin. Mit der Transaktion würde fast ein Drittel der Fluggesellschaft künftig dem Essener Konzern gehören. „Das reicht uns, damit sind alle Beteiligten glücklich“, sagt Howe. Durch die Fusion von Condor mit Air Berlin entstehe „ein erstklassiger Wettbewerber unter den deutschen Fluggesellschaften“ und ein führender Billigflieger in Europa, sagte Thomas-Cook-Chef Manny Fontenla-Novoa. Das Unternehmen habe auch mit anderen möglichen Kooperationspartnern verhandelt. Dazu zählte nach einem Bericht des „Handelsblatt“ auch die Lufthansa selbst.

Thomas Cook verfolge nach den Worten seines Chef damit weiter die Strategie, über möglichst geringe feste Kapitalbindungen Risiken zu verringern. Zudem sichere man sich in Air Berlin einen langfristigen Partner für erforderliche Flugkapazitäten.

Ihren Einfluss bei Air Berlin wollen Arcandor und Thomas Cook auch über das neue Personaltableau des Unternehmens geltend machen. Sicher ist, dass Condor-Chef Ralf Teckentrup als Vorstand in die Unternehmensspitze von Air Berlin aufrücken wird. Aber aus Unternehmenskreisen erfuhr der Tagesspiegel, dass auch Thomas Middelhoff und Thomas-Cook Chef Fontenla-Novoa künftig als Aufsichtsräte dem Führungsgremium der Gsellschaft angehören sollen.

Juliane Schäuble, Nils-Viktor Sorge

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