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Neuaufstellung. Künftig soll sich eine externe Abteilung um alle Anrufe, Mails und Briefe der Air-Berlin-Kunden kümmern.Foto: Bloomberg

© Bloomberg via Getty Images

Wirtschaft: Air Berlin geht zu Bertelsmann

300 Mitarbeiter des Service arbeiten künftig für Arvato und müssen mit schlechteren Konditionen rechnen.

Berlin - Air Berlin will zwei Dienstleistungsabteilungen mit insgesamt 300 Mitarbeitern zusammenführen und diese zum 1. Oktober verkaufen. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Mitarbeiterkreisen. Konkret geht es um 220 Angestellte des Service Centers und 80 des Kundenservices. Sie sollen künftig für den Kundenkontaktdienstleister Arvato aus dem Bertelsmann-Konzern arbeiten und von dort aus Air-Berlin-Passagiere betreuen – mit einem besseren IT-System, als ihnen heute zur Verfügung steht.

Zur Begründung heißt es in einer internen Präsentation der Strategieabteilung: Beide Abteilungen seien als eigenständige Einheiten nicht optimal aufeinander abgestimmt, sie müssten zudem einen Beitrag zum Sparprogramm „Turbine 2013“ leisten. Air Berlin habe keine „Kernkompetenz im Call-Center-Business“. Es seien größere Investitionen in IT und Know-how „zeitnah notwendig“ – ohne Partner aber „nicht finanzierbar“.

Air Berlins Vertriebsvorstand Paul Gregorowitsch informierte die Mitarbeiter Ende vergangener Woche über den Plan. Der Verkauf habe auf den Bestand der Arbeitsverhältnisse „zunächst keinen Einfluss“, schrieb er in einem Brief, der dieser Zeitung ebenfalls vorliegt. Arbeitsverträge würden mindestens zwölf Monate fortbestehen. Im Anschluss strebe Arvato die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse zu „marktüblichen Konditionen“ an und biete weitere sechs Monate Vergütung auf Air-Berlin-Niveau. Ein dauerhafter Fortbestand des Betriebes werde allerdings nur gewährleistet, wenn nach zwölf Monaten mindestens 98 Prozent aller dann noch verbliebenen Mitarbeiter dem Abschluss neuer Verträge zustimmen, schrieb der Vorstand. „Sollte diese Quote nicht erreicht werden, wird Bertelsmann-Arvato den Betrieb mangels Wirtschaftlichkeit schließen“, kündigte Gregorowitsch in dem Brief an.

Die Geschäftsführung von Air Berlin bestätigte lediglich die Zusammenführung der Abteilungen zu einem „Customer Interaction Center“ zum 1. Oktober 2013. „Ziel ist es, den Air-Berlin-Gästen einen einheitlichen Kontaktpunkt zu bieten und die Kundenzufriedenheit zu steigern“, erklärte eine Air-Berlin-Sprecherin. Dazu hätten Gespräche stattgefunden. Ein Sprecher von Arvato in Gütersloh sagte, man sei bereits seit mehreren Jahren als Dienstleister für Air Berlin und andere Airlines tätig. „Derzeit sprechen wir mit unserem Kunden über einen Ausbau dieser Partnerschaft“, bestätigt er.

Dass Air Berlin die Abteilungen für Kundenkontakte auslagert, dürften Aktionäre im Zweifel eher begrüßen, da sich für das Unternehmen die Chance ergibt, Kosten zu senken und den Service zu professionalisieren. Arvato ist nach eigenen Angaben hierzulande der größte Anbieter von Kundenkommunikationsdienstleistungen. Die Firma betreibt 18 Callcenter in Deutschland, eines davon in der Badenschen Straße in Berlin-Wilmersdorf und eines in Potsdam. Gut möglich, dass die Mitarbeiter dorthin umziehen – allerdings wohl erst im Sommer 2014. Bis dahin können sie mit ihren bald ehemaligen Kollegen in der Air-Berlin-Zentrale am Saatwinkler Damm im Stadtteil Charlottenburg-Nord bleiben, wie aus der Präsentation hervorgeht.

Die Mitarbeiter seien „entsetzt“, schrieb ein betroffener Air Berliner, der nicht genannt werden will, dieser Redaktion. „Mitarbeiter und Reisebüros warnen den Vorstand seit Jahren über den schlechten Bearbeitungsstandard der Arvato-Mitarbeiter“. Die Fluktuationsrate sei dort wegen der schlechten Bezahlung hoch. „Um der Öffentlichkeit eine schlankere Air-Berlin-Group vorzustellen, schreckt der Vorstand vor nichts zurück“, schrieb er.

Allerdings schreckte auch die Lufthansa-Chefetage davor nicht zurück. Sie gab die Abteilung Kundenbeschwerden schon vor längerer Zeit an Arvato ab. Die Ticketbestellung läuft indes weiter über die Tochter Lufthansa Global Tele Sales mit Sitz in Berlin-Adlershof. Dort betreibt diese ein Callcenter – neben sieben weiteren etwa in Irland, Südafrika, Australien, Kanada und China.

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