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Air Berlin: Hartmut Mehdorn frisst Kreide

In einer Videobotschaft hat der neue Air Berlin-Chef die Mitarbeiter beruhigt: Jobabbau sei das "allerletzte Mittel". Außerdem teilte er mit, dass er länger als bisher angenommen in der Konzernspitze bleiben will.

Berlin - Mit seinem Amtsantritt als neuer Chef bei Air Berlin hat Hartmut Mehdorn die Mitarbeiter der Fluggesellschaft auf härtere Zeiten eingestimmt. Zugleich versuchte der ehemalige Chef der Deutschen Bahn, die Belegschaft zu beruhigen – angesichts der „gewissen Schieflage“, in der Air Berlin stecke, wie er es ausdrückte. Er wisse, dass im Haus schon Diskussionen über Personalmaßnahmen herumgehen. „Diese kann man nie ganz ausschließen, aber lassen Sie mich Ihnen auch heute gleich zurufen: Personalmaßnahmen sind das allerletzte Mittel, das wir uns vorstellen können, wenn es um Verbesserungsmaßnahmen für das Unternehmen geht“, sagte Mehdorn in einem firmeninternen Onlinevideo, das am Donnerstag per E-Mail an die fast 9000 Mitarbeiter verschickt wurde.

Er bedankte sich bei seinem Freund und Vorgänger im Amt. „Es ist angebracht, Achim Hunold großen Respekt zu zollen für die Arbeit, die Leistung der letzten 20 Jahre.“ Er sei so, wie er war, einfach nicht zu ersetzen. „Ich werde nicht Achim Hunold sein, und ich kann das auch nicht sein. Wir werden also viele Dinge anders machen, anders anfassen“, fuhr Mehdorn fort.

An dem grundsätzlichen Geschäftsmodell will er nach eigenem Bekunden aber festhalten, erklärte er. Air Berlin gilt in der Branche als Hybrid-Fluggesellschaft, da sie Eigenschaften von etablierten Fluggesellschaften, Charter- und Billigfliegern vereint. „Hybrid ist zwar ein Wort, das ich nicht sehr schön finde“, sagte Mehdorn, „aber ich habe bisher nichts erkennen können, was uns von dem bisherigen Geschäftsmodell abbringen sollte. Ich glaube, wir sind gut aufgestellt.“ Bankanalysten hatten dieses Modell mehrfach kritisiert – zuletzt nach dem Rücktritt Hunolds vor gut zwei Wochen. Es falle Kunden und möglichen Anlegern schwer, die Marke Air Berlin einzuordnen, heißt es oft. Allerdings dürfte es dem Management unter Mehdorn auch schwerfallen, sich von diesem Geschäftsmodell zu trennen, da es gewachsen ist. Mehdorns Vorgänger hatte über 20 Jahre einige höchst unterschiedliche Fluggesellschaften wie LTU oder Niki unter einem Dach integriert.

Lesen Sie auf Seite 2, wie Hartmut Mehdorn die aktuelle Lage bei Air Berlin einschätzt.

Zur aktuellen Lage zeichnete Mehdorn ein düsteres Bild. „Wir werden auch im dritten und sicherlich auch im vierten Quartal noch mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben“, sagte er. Der Markt sei gekennzeichnet durch Überkapazitäten, zum Teil auch von Dumpingpreisen. „Das macht es uns schwer, weil die Rahmenbedingungen, die in diesem Markt stattfinden, nicht die gleichen sind.“ Viele europäische Wettbewerber seien etwa nicht in dem Ausmaß von der Luftverkehrssteuer betroffen, die die Bundesregierung Anfang des Jahres eingeführt hatte. „Wir müssen jetzt angreifen, wir müssen unsere Zahlen, unsere Prozesse und Produkte verbessern, weiter nach vorne bringen.“

Der 69-Jährige trat zugleich Spekulationen entgegen, er würde bereits nach wenigen Monaten seinen Posten an einen jüngeren Luftfahrtmanager abgeben wollen. Man werde noch „geraume Zeit“ zusammenarbeiten. „Das werden nicht nur drei Tage oder drei Monate sein, es werden sicher eineinhalb Jahre oder gegebenenfalls auch mehr“, sagte er.

Bei den Arbeitnehmervertretern stieß die Botschaft auf ein gemischtes Echo. „Seine Aussagen sind erst mal grundsätzlich nicht schlecht. Er schließt zwar keinen Jobabbau aus, aber wer kann das schon?“, sagte Peter Büddicker, der für die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Tarifverhandlungen mit Air Berlin leitet. Er betonte, dass zumindest das Kabinenpersonal in diesem Jahr bereits einen großen Beitrag zur Rettung von Air Berlin geleistet habe. „Klar ist, durch die angemessenen Tarifabschlüsse – bei ex-LTU und Air Berlin – haben die Beschäftigten bereits einen Beitrag zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze geleistet.“ Bald stünden eh neue Tarifverhandlungen an. „Wir werden dort natürlich auf einer Vereinbarung zur Sicherung der Arbeitsplätze bestehen“, schrieb Büddicker in einer ersten Reaktion an die Verdi-Mitglieder bei Air Berlin. „Die Air-Berlin-Sanierung darf nicht zulasten der Beschäftigten erfolgen. Schließlich sind sie auch nicht – anders als die Aktienvertreter im Air-Berlin-Board – für die bisherige Strategie verantwortlich“, ergänzte er.

Heinz Denninger, der als Vorstandsmitglied der Vereinigung Cockpit auch in der Personalvertretung bei Air Berlin sitzt, sagte: „Wir kennen Mehdorn, schließlich saß er ja schon lange im Board von Air Berlin. Entsprechend sind unsere Erwartungen eher zurückhaltend.“

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