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Wirtschaft: Air Berlin muss Börsengang verschieben

Zeichnungsfrist für die Aktien wird wegen schwacher Nachfrage bis zum 10. Mai verlängert – jetzt soll der Preis sinken

Berlin - Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin hat ihren für Freitag geplanten Börsengang im letzten Moment verschoben. Die Frist, in der Investoren Aktien zeichnen können, werde bis voraussichtlich 10. Mai verlängert, teilte das Unternehmen am Donnerstagabend mit. Für den 11. Mai sei die Erstnotiz an der Frankfurter Börse geplant.

Wie der Tagesspiegel aus Finanzkreisen erfuhr, will Air Berlin seine Aktien nun billiger anbieten. Bisher konnten Investoren die Aktie in einer Preisspanne zwischen 15 und 17,50 Euro zeichnen. „Eine Senkung der Spanne ist sehr wahrscheinlich“, hieß es in den Kreisen. „Der zweite Schuss muss sitzen."

Air Berlin äußerte sich nicht zum Preis und nannte auch keine Gründe für die Verschiebung. „Es war einfach nicht genügend Nachfrage da“, hieß es in Finanzkreisen. Die hoch angesetzte Preisspanne sei einer der entscheidenden Gründe dafür gewesen. „Die Aktie war offenbar nicht überzeichnet“, sagte Florian Weber, Vorstand der Wertpapierhandelsbank DKM, dem Tagesspiegel. Als Faustregel gilt, dass größere Börsengänge mindestens zweifach überzeichnet sein sollten, um die Aktien zuverlässigen Investoren zuteilen zu können. Die Air-Berlin-Führung beriet am Donnerstagabend mit Bankenvertretern über das weitere Vorgehen.

Die erste Zeichnungsfrist für die Air-Berlin-Aktien war am Donnerstag um 17 Uhr ausgelaufen. Bereits in den vergangenen Tagen hatten Händler auf mangelndes Interesse der Investoren hingewiesen. Air Berlin hatte dagegen immer wieder von großem Interesse und einem planmäßigen Verlauf gesprochen. Auf dem Graumarkt, wo Aktien bereits vor ihrer eigentlichen Börsennotiz gehandelt werden, hatten sich die Kurse in den vergangenen Tagen zwischen 16 und 17 Euro bewegt. Als am Donnerstagnachmittag Gerüchte über eine mögliche Verschiebung des Börsengangs aufkamen, rutschte de Kurs der Air-Berlin-Aktie dann jedoch erstmals unter die vom Unternehmen vorgegebene Preisspanne. Am Abend lagen sie um 14 Euro.

Fachleute halten es für absolut notwendig, die Aktien jetzt günstigen anzubieten: „Ohne eine Senkung der Preisspanne macht diese Verlängerung keinen Sinn“, sagte Aktienhändler Weber. „Wer bisher nicht zu 15 Euro gekauft hat, der wird auch nächste Woche nicht für 15 Euro kaufen.“ Sinnvoll wäre es laut Weber auch, die angepeilte Stückzahl von bis zu 50 Millionen Aktien zu senken. „Wenn die Altaktionäre zumindest teilweise auf den Verkauf ihrer Anteile verzichten würden, wäre das sicher die beste Lösung", sagte er. Viele Experten bemängeln, dass rund die Hälfte des Verkaufserlöses den Alteigentümern zugute kommen soll, die ihre Anteile im Zuge des Börsengangs versilbern. So bleibe zu wenig Geld für das Unternehmen übrig.

Kritik äußerten Branchenkenner auch daran, dass die Risiken der Luftfahrtbranche sich nicht entscheidend im Angebotspreis niedergeschlagen hatten. Die steigenden Ölpreise machen den Fluggesellschaften nämlich ebenso zu schaffen wie der härter werdende Wettbewerb, der die Preise für Flugtickets immer weiter nach unten drückt. Air Berlin gilt zudem im Vergleich zur Konkurrenz als weniger profitabel. Das Bankhaus Metzler gab deshalb am Donnerstag ein Kursziel von nur zwölf Euro die Aktie aus. „Wir erwarten ein Nettoergebnis von Null für dieses Jahr“, sagte Analyst Jürgen Pieper der Nachrichtenagentur Reuters. Air Berlin schreibt seit zwei Jahren Verluste, will im laufenden Jahr aber in die Gewinnzone kommen.

Air Berlin wäre hinter Wacker Chemie der zweitgrößte deutsche Börsengang in diesem Jahr. Dass der Markt weiter intakt ist, bewies am Donnerstag der erste Handelstag des Ölförder-Dienstleisters Cat Oil an der Frankfurter Börse, dessen Aktien 25-fach überzeichnet waren und 25 Prozent über dem Ausgabepreis notierten. Auch Air Berlin kann noch ein erfolgreicher Börsengang gelingen, das zeigt das Beispiel der Baumarktkette Praktiker: Das Unternehmen musste im vergangenen November ebenfalls den Preis für die eigenen Aktien nachträglich senken, der Kurs legte seit der Erstnotiz aber um mehr als 60 Prozent zu.

Das könnte auch Air-Berlin-Chef Joachim Hunold Mut machen, der gestern eine weitere schlechte Nachricht hinnehmen musste: Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, der in den Aufsichtsrat von Air Berlin einziehen sollte, gab ihm einen Korb. „Ich kann das zeitlich gar nicht machen, ich kümmere mich in erster Linie um die Bahn", sagte Mehdorn in Berlin. Politiker hatten Mehdorn zuvor einen Interessenkonflikt vorgeworfen, da Billigflieger wie eben Air Berlin zu den Konkurrenten der Bahn zählen.

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