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Ein Langstreckenflieger der Air Berlin in Berlin Tegel (Archiv).

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Air Berlin: Verdi mit Teilerfolg - doch Betriebsrat fürchtet schnelle Kündigungen

Kleiner Lichtblick für viele der 8000 Beschäftigten: Eckpunkte eines Sozialplans stehen fest. 1400 Mitarbeiter aber müssen offenbar schnell gehen.

Mitten in der heißen Phase der Bietergespräche für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin einigten sich die Verwalter des Unternehmens mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf Eckpunkte eines Sozialplans. Am kommenden Donnerstag (12. Oktober) will der Gläubigerausschuss entscheiden, an welche Interessenten Teile des Unternehmens verkauft werden, vier Tage später sollen Gespräche über die Tochtergesellschaft Air Berlin Technik beginnen. Das für diesen Freitag vorgesehene Ende der Bieterfrist für diese Sparte wurde auf den 16. Oktober verschoben.

Die Gewerkschaften und Betriebsräte hatten mehrfach kritisiert, dass es bei den Verhandlungen um Gerät, Start- und Landerechte, aber nicht um die Zukunft der mehr als 8000 Mitarbeiter, geht. Verdi hatte sich für einen regulären Betriebsübergang eingesetzt, der den Beschäftigten im Falle eines Unternehmensverkaufs das Recht sichern würde, zu vergleichbaren Konditionen eingestellt zu werden. Das hatten die Verwalter strikt abgelehnt. Auch Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), die sich für den 150-Millionen-Euro-Kredit für Air Berlin eingesetzt hatte, zeigte sich skeptisch, dass die Gewerkschaften mit dieser Forderung durchkommen.

Nun hat Verdi für die Fluggesellschaft und ihr Wartungsunternehmen Air Berlin Technik immerhin einen so genannten Rahmentarifsozialplan ausgehandelt. Darin würden sich die Vertragsparteien verpflichten, „alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Transfergesellschaften zu installieren“, teilte Verdi am Freitag in Berlin mit. Zudem habe man darin die Bedingungen für die betrieblichen Sozialpläne festgelegt.

„Der Tarifvertrag ist nur ein erster Schritt hin zu einem Rettungsprogramm und die rechtliche Grundlage, um Gelder zu akquirieren und eine Transfergesellschaft aufzubauen“, sagte das für den Flugverkehr zuständige Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Sie kritisierte zugleich, dass Air Berlin nicht bereit gewesen sei, die Frage der Finanzierung der Transfergesellschaft mit in die Verhandlungen mit den Erwerbern zu nehmen. „Offensichtlich wurden die Verhandlungen durch den Druck der Erwerber an dieser Stelle blockiert. Das ist verantwortungslos“, sagte Behle und fügte hinzu: „Das Absurde ist jetzt: Eine Transfergesellschaft ist möglich – allerdings fehlt das Geld, weil die Erwerber blockieren.“

Betriebsrat: Rund 1400 Beschäftigten droht die Kündigung

Unterdessen meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Verweis auf eine Mitarbeiterinfo des Berliner Betriebsrates, dass rund 1400 Air-Berlin-Beschäftigten nach Einschätzung des Betriebsrats die Kündigung droht. Dies gelte für das Verwaltungs- und Bodenpersonal der insolventen Fluggesellschaft, heißt es in dem Papier, das Reuters am Freitag vorlag.

Demnach habe die Geschäftsführung Arbeitnehmervertretern am Donnerstag mitgeteilt, dass dem gesamten Bodenpersonal bis Ende Oktober gekündigt werden solle. Wer für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs benötigt werde, erhalte eine Kündigung zu Ende Februar 2018. Die anderen Mitarbeiter würden wahrscheinlich freigestellt. Ein Insider ergänzte, dass die Kündigungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen werden sollten. Air Berlin lehnte eine Stellungnahme dazu ab.

Der Betriebsrat empfiehlt nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur in seinem Schreiben: „Alle Kollegen sollten zur Jobbörse gehen und/oder sich bei den entsprechenden Suchmaschinen (...) anmelden.“ Die Abwicklung von Air Berlin und der Arbeitsplätze werde „im Schweinsgalopp“ umgesetzt.

Wie aus dem Papier hervorgeht, könnte es zur "Einstellung des Flugbetriebs der Air Berlin" kommen. "Das knallt jetzt noch mal", sagte der Insider. Aufrechterhalten werden soll hingegen laut Mitarbeiterinfo der operative Service für die österreichische Tochter Niki, die Regionalflugtochter LGW und Maschinen im sogenannten Wetlease, die die Lufthansa von Air Berlin einschließlich ihrer Besatzung gemietet hat. Lufthansa hat auch ein Kaufangebot für Niki und LGW abgegeben.

Derweil schafft ein Kaufinteressent Fakten: Die Lufthansa-Tochter Eurowings, die bis zu 60 Maschinen der Air Berlin kaufen will, teilte mit, sie habe „vom Fleck weg“ fast 130 Flugbegleitern eine Einstellungszusage gegeben. 1000 Stellen für Piloten und Flugbegleiter seien ausgeschrieben, 2500 Bewerbungen lägen vor – nicht nur von Mitarbeitern der Air Berlin.

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