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© dpa

Air Berlin: Zweifel am Aufseher Mehdorn

Ex-Bahn-Chef Mehdorn soll Air Berlin beaufsichtigen. Nicht alle Experten halten das für eine gute Idee.

Berlin - Zwei der umstrittensten deutschen Verkehrsmanager sind jetzt in einem Gremium vereint: Air-Berlin-Chef Joachim Hunold und Hartmut Mehdorn, der den Namenszusatz „Bahn-Chef“ erst kürzlich ablegen musste. Hunold hat Mehdorn in das Aufsichtsgremium der Fluggesellschaft berufen, die unter englischem Recht als Public limited company (Plc) firmiert. Während sich Hunold auf die künftige Mitarbeit „einer der bekanntesten Führungskräfte Deutschlands“ freut, wundern sich Arbeitnehmervertreter über die Berufung eines Managers, der seinen vorigen Posten wegen eines Bespitzelungsskandals aufgeben musste.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Arbeitnehmervertreter der Berufung Mehdorns zugestimmt hätten, wenn es bei Air Berlin einen Aufsichtsrat nach deutschem Recht geben würde“, sagte Peter Büddicker von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Verhandlungsführer bei den Tarifverträgen für das Bodenpersonal. Das Ausspionieren von Mitarbeitern bei der Bahn in seiner Amtszeit qualifiziere ihn nicht gerade für ein Aufsichtsratsmandat. Aktionärsschützer sehen die Berufung Mehdorns weniger kritisch. Da er durch einen Skandal aus dem Amt schied, könne sein neues Unternehmen einen gewissen Imageschaden erleiden, sagte Lothar Gries, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. „Andererseits ist er in der Logistik-Wirtschaft weltweit bestens vernetzt und bringt viele politische Kontakte mit. Das kann schon Sinn machen für Air Berlin.“

Andere bezweifeln, dass der 66-Jährige noch als politischer Türöffner taugt. „Bei den meisten Verkehrspolitikern hat es sich Mehdorn durch sein Agieren in der Bespitzelungsaffäre verdorben“, sagte Winfried Hermann, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, dem Tagesspiegel. Auf Air Berlin werfe die Berufung Mehdorns ein schlechtes Licht, da dieser bei der Bahn ein System der Überwachung, Verdächtigung und des Misstrauens etabliert habe. „Die Berufung zu Air Berlin liegt wohl in der Freundschaft zweier Männer begründet, die glauben, man könne ein Unternehmen noch im Rambo-Stil als Ein-Mann-Betrieb führen“, sagte der Verkehrspolitiker. Sie folge der merkwürdigen Tradition vieler deutscher Unternehmen, gescheiterte Manager in Aufsichtsräten noch mit Posten zu versorgen.

Tatsächlich findet sich für viele Topmanager auch nach umstrittener Amtszeit noch irgendwo ein Mandat. Klaus Esser zahlte zur Beendigung des Mannesmann-Prozesses im Vergleich 1,5 Millionen Euro. Heute beaufsichtigt er unter anderem die Navigationssoftwarefirma Navigon. Viele Anteilseigner verbinden Ron Sommer mit dem Abstieg der Telekom-Aktie – er sitzt heute im Kontrollgremium der Münchner Rück. Und Thomas Middelhoff, dessen Rolle als Arcandor-Chef derzeit die Staatsanwaltschaft Essen prüft, ist Aufsichtsratsvorsitzender bei Senator Entertainment.

Bei Air Berlin begründet man Mehdorns Berufung vor allem mit seiner fachlichen Eignung, da er Erfahrung von branchennahen Unternehmen wie Airbus, Dasa und eben dem Logistiker Bahn AG mitbringe. Über geschäftliche Kontakte sei er Joachim Hunold schon viele Jahre bekannt. Er sitzt ab sofort bei Air Berlin als Aufseher im Board. Diesem Leitungsgremium angelsächsischer Tradition gehören sowohl geschäftsführende als auch aufsichtführende Vorstände an. Die Vergütung für die insgesamt sechs Aufseher weist Air Berlin nicht einzeln aus. „Der Mittelwert liegt bei etwa 60 000 Euro jährlich“, sagte Air-Berlin-Sprecher Hans-Christoph Noack auf Anfrage.

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