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Wirtschaft: Air France und KLM jagen die Lufthansa

Fluggesellschaften planen Kooperation und überholen das Luftfahrt-Bündnis Star Alliance/Alitalia sucht Anschluss

Berlin (HB/kb/lan/ruf). Eine Kooperation der Fluggesellschaften Air France und KLM Royal Dutch Airlines, über die seit Wochen spekuliert wird, rückt näher. Beide Gesellschaften bestätigten am Mittwoch Gespräche. In einer gemeinsamen Presseerklärung hieß es, die Verhandlungen über eine „intensive Zusammenarbeit“ seien weit fortgeschritten. Allerdings müssten kritische Punkte noch geklärt werden. Anschluss an das neue französischniederländische Bündnis sucht auch die halbstaatliche italienische Fluggesellschaft Alitalia.

Eine Kooperation wäre nach Angaben von Analysten sinnvoll. Die Flugnetze beider Gesellschaften würden sich gut ergänzen, und es könne besser gespart werden. Dies ist wie in der gesamten Flugbranche dringend notwendig: Die großen Fluggesellschaften haben in der jüngsten Vergangenheit unter Buchungsrückgängen wegen der schwachen Konjunktur, der Lungenkrankheit Sars und dem Irakkrieg gelitten. Außerdem machen ihnen Billiganbieter verschärfte Konkurrenz.

Mit der Fusion von Air France und KLM würde die größte Fluggesellschaft Europas entstehen. KLM wäre künftig Mitglied der Luftfahrt-Allianz Sky Team. Die Niederländer würden vermutlich dann ihre US-Partner Northwest und Continental mit in das Bündnis bringen. Zur Sky-Team-Allianz gehören schon Alitalia, Korean Air und Delta Air.

Eine Erweiterung von Sky Team würde nach Einschätzung von Analysten den Wettbewerbsdruck auf die Lufthansa drastisch erhöhen. Sky Team werde die Star Alliance, in der unter anderem die Lufthansa und deren finanziell angeschlagener US-Partner United Airlines fliegen, als weltgrößte Flug-Allianz ablösen. Christian Klick, Sprecher der Star Alliance, wiederspricht: „Eine Fusion würde an unserer Position als Nummer eins nichts ändern.“ Star Alliance werde auch mit einem vergrößerten Sky Team immer noch mehr Destinationen anfliegen und Flüge anbieten. Branchen-Experten halten es für möglich, dass die Lufthansa jetzt eine lange erwartete engere Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Swiss sucht. Allerdings müsste das Schweizer Unternehmen zuerst gesundschrumpfen. Mit einer gestärkten Air France ergäben sich auch Konsequenzen für den Frankfurter Flughafen: Der Pariser Airport Charles de Gaulle könnte Frankfurt am Main als europäisches Drehkreuz ablösen.

Nach Angaben aus Branchkreisen planen KLM und Air France eine gemeinsame französisch-niederländischen Holding, unter deren Dach KLM als Marke erhalten bliebe. Bei einer vollständigen Übernahme von KLM allerdings würde der Verlust von Landerechten drohen. Noch steht nicht fest, ob ein vollständiger Zusammenschluss angestrebt ist oder ob die Kooperation durch einen Aktienaustausch zustande kommen soll. Bei einem Aktienaustausch würde KLM bis zu 20 Prozent an Air France erhalten, die Franzosen wiederum ein weitaus größeres Aktienpaket an KLM.

Skeptisch sehen vor allem die niederländischen Gewerkschaften eine mögliche Fusion. Gerade erst hat der KLM-Vorstand angekündigt, 4500 Arbeitsplätze abbauen zu müssen, da drohen auch schon neue Einschnitte durch die mögliche Fusion mit Air France. Die Pilotenvereinigung bei KLM hat deshalb schon mit Streiks und Protesten gedroht, sollte der KLM-Vorstand nicht mit Arbeitsplatzgarantien aus den Verhandlungen mit Air France zurückkommen. Auch müsse KLM als eigene Gesellschaft bestehen bleiben – nur bei Erhaltung der rechtlichen Kontinuität sei sichergestellt, dass Zusagen an Gewerkschaften eingehalten würden und KLM nicht seine Landerechte verliere.

Zusätzlichen Auftrieb erhielten die Spekulationen durch Berichte, wonach bei Air France und KLM, aber auch bei Alitalia am Mittwoch Aufsichtsratssitzungen anstanden. Der Verwaltungsrat von Alitalia sagte sein Treffen allerdings ab. An der Mailänder Börse glaubt man dennoch an eine baldige Fusion mit KLM und Air France. Bereits am Dienstag Abend hatten der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi und der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin sich darauf geeinigt, dass „die Entwicklung von Allianzen zwischen europäischen Gesellschaften ein gemeinsames Ziel der Wirtschaftspolitik“ sein müsse. In diese Richtung gehe auch die mögliche Allianz zwischen Alitalia und Air France, erklärte Berlusconi. Alitalia ist seit Jahren defizitär. Sie flog im ersten Halbjahr 2003 einen operativen Verlust von 266 Millionen Euro ein.

Bei KLM, deren Aktien noch zu 14 Prozent im Staatsbesitz sind, häufte sich ein Verlust von 318 Millionen Euro an. Für Air France dürfte die Verflechtung mit KLM der Auftakt zur geplanten Privatisierung sein. Die französische Regierung, die mehr als 50 Prozent der Aktien hält, will ihren Anteil auf 15 bis 20 Prozent reduzieren. Auch Alitalia will die italienische Regierung nach Angaben aus Luftfahrtkreisen bitten, einen 20- bis 30-prozentigen Anteil an der Fluggesellschaft für einen Aktientausch zur Verfügung zu stellen.

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