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Airbus: Massenproteste wegen drohendem Stellenabbau

Die Krise des europäischen Flugzeugherstellers Airbus hat die bislang größten Protestaktionen der Beschäftigten in Deutschland ausgelöst. Der Betriebsrat befürchtet den Verlust von mehreren tausend Stellen.

Hamburg - Mehr als 24.000 Arbeitnehmer von Airbus und aus der Zulieferindustrie demonstrierten an vier Standorten für ihre Arbeitsplätze. Führende Politiker aus den Bundesländern mit Standorten sowie die Arbeitnehmervertreter kritisierten das Management für Fehler und forderten den Erhalt aller deutschen Standorte. Der deutsche Airbus-Chef Gerhard Puttfarcken räumte Versäumnisse der Firmenleitung ein, warb aber auch um Vertrauen für die bevorstehenden Entscheidungen im Airbus-Konzern.

Hintergrund des Aktionstags der IG Metall und des Airbus- Betriebsrats sind Einsparpläne der Konzernführung über rund zwei Milliarden Euro jährlich. Die Einzelheiten des Projektes "Power8 sollen erst Ende Februar veröffentlicht werden und sind nach Airbus- Angaben noch nicht entschieden, doch befürchten die Gewerkschaften den möglichen Verlust von 5000 bis 8000 Arbeitsplätzen. Ein wesentlicher Punkt des Programms ist die Steigerung der Produktivität des Gesamtkonzerns, die auch dadurch erreicht werden könnte, dass Fabriken aus dem Konzernverbund ausscheiden und zu Zulieferern werden. Dagegen vor allem richtete sich der Protest.

Management-Fehler im Fokus

Vor dem Werkstor des größten deutschen Airbus-Standorts in Hamburg-Finkenwerder hatten sich am Freitag rund 12.000 Mitarbeiter und Belegschaften der Zulieferer versammelt. "Seit sechs Monaten ist das Unternehmen nicht in der Lage, den Menschen eine Perspektive zu zeigen. Das finde ich langsam unanständig", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Airbus Deutschland, Rüdiger Lütjen. Im Zusammenhang mit den geplanten Restrukturierungen gebe es offenbar Bestrebungen, weitere Entscheidungsstrukturen nach Frankreich zu verlegen.

Airbus-Deutschlandchef Puttfarcken warb um Vertrauen für die geplanten Veränderungen im Konzern. Gleichzeitig räumte er schwere Managementfehler im Unternehmen ein, die mit zur Krise bei Europas größtem Flugzeugbauer geführt hätten. Puttfarcken sagte, niemand könne angesichts der täglichen Berichte "ruhig und gelassen bleiben. Auch uns geht das unter die Haut". Er betonte, dass es beim Programm "Power8" noch keine Entscheidungen gebe. Dies gelte auch für Hamburg.

Auftakt für den bundesweiten Aktionstag war am Morgen in oberschwäbischen Laupheim. Auch in Bremen und für die niedersächsischen Standorte gemeinsam in Varel machten sich die Beschäftigten für ihre Arbeitsplätze stark. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sagte in Laupheim, an der Misere seien Fehler des oberen Managements und Abstimmungsprobleme zwischen den Hauptstadtorten Hamburg und Toulouse Schuld. Auch Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) warf dem Management Fehler vor. "Wir werden alles tun, um wertvolle Arbeitsplätze zu erhalten. Die schwierige Situation ist durch Managementfehler verursacht. Wir sind bereit zu kämpfen, gemeinsam und für jeden Arbeitsplatz" sagte er.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) warnte in Varel vor einer "einseitigen Benachteiligung" der norddeutschen Standorte. Der stellvertretende Airbus-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas Busch kritisierte zuvor: "Die Krise ist hausgemacht. Die Erfolge der vergangenen Jahre haben das Management geblendet." Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) vertraut weiterhin auf die Zusagen und Verträge mit Airbus und geht davon aus, dass das Großraumflugzeug A380 in Hamburg ausgestattet und ausgeliefert wird. "Ich habe nicht den Eindruck, dass die Zusagen bezüglich des A380 zur Disposition stehen", sagte von Beust nach einem Treffen mit Betriebsräten des Unternehmens.

Petitionen gegen Stellenabbau

Parallel zum Protesttag der Airbus-Beschäftigten in Deutschland mobilisierten die französischen Gewerkschaften gegen einen drohenden Arbeitsplatzabbau. In Petitionen an Präfekten und Regierung fordern sie ein Eingreifen des Staates als Aktionär für Werke und Arbeitsplätze. Protestaktionen sind jedoch in Frankreich oder an anderen europäischen Airbus-Standorten nicht geplant.

Airbus wird die Arbeitnehmervertreter voraussichtlich am 20. Februar über "Power8" informieren. Anders als erwartet dürfte Airbus dabei dem Vernehmen nach keine Werksschließungen oder -verkäufe ankündigen, sondern sich auf die Nennung von Produktivitätszielen und Optionen für Werke beschränken. Es obläge dann den Werken, die Ziele im Konzernverbund oder mit Hilfe von Arbeitsverlagerungen nach außen zu erreichen. Der Arbeitsplatzabbau in den einzelnen Ländern wäre dabei unterschiedlich sichtbar, je nachdem, ob Airbus-Werke oder Zulieferer betroffen sind.

(tso/dpa)

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