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Airbus: Proteste gegen Sparpläne

Europaweit haben die Beschäftigten des Flugzeugherstellers Airbus gegen die Sparpläne demonstriert. Niedersachens Ministerpräsident Wulff warf den Managern fatale Fehler vor und forderte Nachbesserungen bei "Power 8".

Hamburg/Toulouse - In Deutschland kamen nach Gewerkschaftsangaben allein rund 20.000 Menschen zu einer zentralen Kundgebung auf der Hamburger Reeperbahn zusammen, um gegen das umstrittene Sanierungsprogramm "Power 8" Front zu machen. 15.500 Teilnehmer seien mit Bussen angereist. Die Polizei zählte insgesamt 14.000 Demonstranten. Mit einer Menschenkette rund um das Werk Laupheim in Baden-Württemberg protestierten mehr als 2000 Menschen gegen den geplanten Verkauf des Standortes.

In Frankreich nahmen fast 10.000 Menschen an den Aktionen im Rahmen eines europaweiten Protesttages gegen die Airbus-Sparpläne teil, in Spanien mehrere tausend. Auch in Großbritannien legten hunderte Airbus-Beschäftigte die Arbeit nieder.

IG Metall-Chef Jürgen Peters bekräftigte den Widerstand der Arbeitnehmer gegen das Airbus-Sanierungsprogramm "Power 8", das den Abbau von 10.000 Stellen und Werksverkäufe vorsieht. "Das ist ein Plan, den wir nicht akzeptieren", sagte der Gewerkschaftschef in Hamburg. Er forderte Nachbesserungen und kündigte ein gemeinsames Konzept der Gewerkschaften an. Airbus werde aus den "eigenen Reihen schlecht geredet". Das Unternehmen habe begehrte Produkte und übervolle Auftragsbücher.

"Wir sind es leid"

"Wir kämpfen niemals gegen unsere Kollegen in Frankreich", sagte Peters. Die Arbeitnehmer ließen sich nicht gegeneinander ausspielen. Er kritisierte heftig das Versagen des Airbus-Managements bei der Planung des weltgrößten Passagierflugzeugs A380. "Wir sind es leid, wieder und wieder die Zeche zahlen zu müssen", sagte Peters.

Unterstützung erhielt der Gewerkschaftschef von der Politik. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) griff das Airbus-Management scharf an und forderte Nachbesserungen bei "Power 8". "Ich sehe nicht ein, dass die Manager die Fehler machen und die Arbeiter für die Fehler am Ende bezahlen müssen", sagte Wulff in Hamburg.

"Weg mit Power 8", rief der französische Chef des Europäischen Airbus-Betriebsrats, Jean-François Knepper, vor einer großen applaudierenden Menge in Toulouse. An der zentralen Kundgebung vor der Airbus-Zentrale nahmen nach Gewerkschaftsangaben etwa 7000 Menschen teil, die Polizei sprach von 5500.

Das umstrittene Sparprogramm von Airbus sieht allein in Frankreich den Abbau von 4300 Stellen vor - davon 1100 in der Airbus-Zentrale in Toulouse, in Deutschland sollen 3700 Stellen wegfallen - in Großbritannien 1600 und in Spanien 400. Für die Werke in Varel (Niedersachsen) und Laupheim (Baden-Württemberg) mit zusammen 2500 Beschäftigten sucht Airbus Käufer. Eine Konzentration von zwei auf ein Werk erfolgt voraussichtlich im französischen St. Nazaire. Für Nordenham (Niedersachsen) mit 2200 Beschäftigten sowie Fulton in Großbritannien und Méaulte in Frankreich soll mit Industriepartnern verhandelt werden.

Politik sichert Gewerkschaften Unterstützung zu

"Wir stehen an ihrer Seite," rief Wulff den protestierenden Airbus-Beschäftigten in Hamburg zu. Die Politik werde alles tun, um die Hochtechnologie-Standorte in Deutschland zu retten. "Das Sanierungsprogramm reicht nicht aus", sagte Wulff. Dagegen erklärte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums, die Bundesregierung begrüße das Programm "Power 8" so wie es beschlossen sei. Nun liefen die Umsetzung und die Gespräche mit dem Unternehmen.

Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger warf der Airbus-Führung schwere Fehler vor. "Am Fleiß und am Einsatz der Arbeitnehmer liegt es nicht, dass Airbus in der Krise steckt." Die Politik werde den "friedlichen, aber harten Kampf" der Gewerkschaften in ganz Europa tatkräftig unterstützen. Von der Airbus-Spitze forderte Oettinger Klarheit über Details der geplanten Sanierung und Nachbesserungen an "Power 8". Die Manager müssten nun "die Karten auf den Tisch legen". Er sehe nicht, was der Verkauf einzelner Werke bringen soll.

Airbus will mit dem Sanierungsplan "Power 8" Milliardenbelastungen durch die gravierenden Produktionsverzögerungen beim Riesenjet A380 wettmachen und zugleich neue Strukturen einführen. Am Montag startet die A380 als Lufthansa-Flug erstmals mit rund 500 Passagieren - darunter geladene Gäste und Mitarbeiter von Lufthansa und Airbus - nach New York. Weitere Flüge führen jeweils über Frankfurt nach Hongkong, Washington und München. Die Lufthansa hat insgesamt 15 der Maschinen bestellt, die ab Sommer 2009 ausgeliefert werden sollen.

Sparpläne trotz voller Auftragsbücher

Die Airbus-Sparpläne angesichts voller Auftragsbücher stoßen auch bei den Beschäftigten des Mutterkonzerns EADS auf Unverständnis. Aus Solidarität mit ihren Airbus-Kollegen ließen die Beschäftigten des Eurocopter-Werkes in Donauwörth (Bayern) am Freitag für rund eine Stunde die Arbeit ruhen. Dort nahmen rund 1500 Mitarbeiter des Hubschrauberherstellers nach Angaben der IG Metall an einer Kundgebung teil. Eurocopter gehört wie Airbus zum europäischen Flugzeugbau- und Rüstungskonzern EADS.

Der französische Chef des Europäischen Airbus-Betriebsrats Knepper befürchtet, dass "Power 8" der Zerschlagung von Airbus dient. "Ziel der Direktion ist es, Airbus stückchenweise zu verkaufen", kritisierte er in Toulouse. Beim Treffen des Europäischen Betriebsrats am kommenden Montag würden die Arbeitnehmervertreter fordern, auf eine Veräußerung der gefährdeten Airbus-Werke zu verzichten und die Arbeitsplätze zu erhalten.

In den französischen Airbus-Werken in Nantes sowie St. Nazaire legten den Organisatoren zufolge fast 2000 Mitarbeiter die Arbeit nieder. Die Protestierenden skandierten "Nein, nein, nein zu Power 8". In Spanien kam es zu Protesten an allen Fertigungsstätten von Airbus und der Konzernmutter EADS. Rund 80 Prozent der Beschäftigten hätten sich beteiligt, berichteten Gewerkschaftsvertreter. Airbus und EADS beschäftigen in Spanien rund 9000 Menschen. (tso/dpa)

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