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Wirtschaft: Aktionäre machen Siemens-Chef Druck

MÜNCHEN (tmh).Unzufriedene Aktionäre haben die Ertrags- und Kursschwäche des Siemens-Konzerns sowie dessen Vorstandschef Heinrich von Pierer mit massiver Kritik überzogen.

MÜNCHEN (tmh).Unzufriedene Aktionäre haben die Ertrags- und Kursschwäche des Siemens-Konzerns sowie dessen Vorstandschef Heinrich von Pierer mit massiver Kritik überzogen."Bringen Sie den schlingernden Tanker Siemens wieder auf Kurs oder verlassen Sie die Brücke", forderte eine Aktionärssprecherin unter dem Beifall von rund 7000 Mitaktionären vor der Hauptversammlung in der Münchner Olympiahalle.Für die jüngste Misere seien Fehler des Managements und die Quersubventionierung unrentabler Konzernteile verantwortlich.Siemens mußte im Vorjahr nicht, wie durch von Pierer propagiert, einen einmaligen Hagelschauer über sich ergehen lassen, sondern stünde in einem Dauerregen, kritisierte der Sprecher einer Fondsgesellschaft.Seit Jahren verspreche der Vorstand Besserung und präsentiere Umbauprogramme, halte aber nur wenig, rügten die Aktionäre.Statt dessen werde nun die Dividende aus Gewinnrücklagen bezahlt.

Unter Kleinaktionären wurde der Ruf nach "tüchtigen Rambos" an der Konzernspitze laut.Gegen die "Beamtenmentalität" vieler Siemensianer würden nur "radikale Maßnahmen" helfen.Neben der auf den Weg gebrachten Ausgliederung des gesamten Arbeitsgebiets Bauelemente mit seinen rund 60 000 Mitarbeitern seien weitere "Bereinigungen" erforderlich.Dagegen votierten Belegschaftsaktionäre gegen eine "zu tiefe Verbeugung vor den Finanzmärkten".Überhöhte Renditeforderungen dürften nicht zu Lohn- und Sozialdumping führen.Für die Siemens-Schwäche seien "weitgehend hausgemachte Fehler" des Managements verantwortlich, die nun auf Kosten der Belegschaft beseitigt würden.Kritische Worte fanden Aktionäre auch für die Haltung des Konzerns zur Entschädigung von Zwangsarbeitern während der Nazizeit und das Festhalten an Geschäften rund um die Kernenergie.

Nur vereinzelt erntete das Management Lob von den Aktionären.Für viele der geplanten Kapitalmaßnahmen, die auf einen Siemens-Börsengang in den USA zielen, signalisierten die Aktionäre ihre Zustimmung.Von Pierer zeigte für die allgemein harschen Worte zwar Verständnis.Die Periode 1997/98 (zum 30.September) habe die Erwartungen nicht erfüllt.Im Detail wies er die Kritik aber zurück.Weder sieht er seine eigene Position gefährdet, noch sei Siemens ein Übernahmekandidat."Wir müssen aber mehr Geld verdienen", sagte von Pierer, lehnte jedoch zugleich radikale Personalschnitte ab.1998/99 sollen der Siemens-Umsatz um gut zehn Prozent und die Ergebnisse noch etwas stärker steigern.

Im Gegensatz zu den Kleinaktionären sieht der Konzernchef den Hauptproblembereich Halbleiter (HL), der im Vorjahr 1,2 Mrd.DM Verlust verbuchte, als börsenfähig an.Der Gang an die Börse soll aber frühestens Ende 1999 kommen.Im laufenden Geschäftsjahr würden der Bereich HL und die zweite Verlustsparte Verkehrstechnik ihre Defizite zwar deutlich verringern, aber noch rote Zahlen schreiben.Wenn Konzernteile in der Profitabilität hinterhinken, würden sie künftig in Kooperationen überführt oder verkauft.Neue Pläne dazu gebe es aber nicht.Auch vom grassierenden Fusionsfieber lasse sich Siemens jetzt nicht anstecken, betonte von Pierer.Bis zum US-Börsengang Frühjahr 2001 werde der Konzern jedoch einen fundamentalen Wandel abgeschlossen haben und dann eine Chance auf transatlantische Übernahmen per Aktientausch haben.Auch die geplante nominale Kapitalerhöhung auf 500 Mill.DM, die an der Börse 12 Mrd.DM erbringen könne, diene diesem Zweck.

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