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Wirtschaft: Alba prüft Milliardenübernahme

Berliner Entsorger am Hamburger Konkurrenten Sulo interessiert / Branche unter starkem Konsolidierungsdruck

Düsseldorf/Berlin - Der Berliner Entsorger Alba erwägt die größte Übernahme in der Geschichte der deutschen Abfallwirtschaft. Wie das „Handelsblatt“ erfuhr, hat Alba Interesse am Hamburger Konkurrenten Sulo, dem mit 1,2 Milliarden Euro Umsatz zweitgrößten Müllkonzern Deutschlands. „Sollte das Preisniveau vernünftig sein, wären wir für eine solche Übernahme offen“, bestätigte Alba-Vorstand und Mitinhaber Axel Schweitzer. Für Sulo werde bis zum Jahresende ein neuer Eigentümer gesucht, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Die Sondierungen befänden sich aber noch in einem frühen Stadium, und es lägen bisher noch keine konkreten Angebote vor.

Eric Schweitzer, neben Bruder Axel im Alba-Vorstand und Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer, betonte, das Ziel der Alba-Führung sei, „zu den Unternehmen zu gehören, die konsolidieren“, die also gegebenenfalls Wettbewerber übernehmen. Was derzeit bei Sulo geschehe, „beobachten wir“, sagte Schweitzer dem Tagesspiegel. Mehr sei noch nicht passiert. „Wir sind bei diesem Thema noch nicht angesprochen worden.“ Die Sulo-Eigentümer Blackstone und Apax hätten sich offenbar noch nicht entschieden, ob Sie Sulo an einen strategischen Investor verkaufen oder an die Börse bringen sollten.

Käme es zu einer Übernahme, dürfte der Transaktionswert andere Deals aus der Vergangenheit – etwa den Kauf des Marktführers RWE Umwelt durch die Rethmann-Tochter Remondis für 520 Millionen Euro – in den Schatten stellen. Schon beim Einstieg von Apax und Blackstone Anfang 2004 war Sulo den Beteiligungsgesellschaften rund 500 Millionen Euro wert gewesen. Im vergangenen Oktober kaufte das Unternehmen zudem für 558 Millionen Euro den Konkurrenten Cleanaway Deutschland hinzu.

„Für Alba wäre das ein Mega-Schritt nach vorn“, glaubt Branchenexperte Michael Schäfer vom Investmenthaus Equinet. Schließlich sei Sulo mit seinen süddeutschen Schwerpunkten genau dort stark vertreten, wo Alba weiße Flecken habe. Dass die Übernahme ohne fremde Hilfe für Alba finanziell kaum zu stemmen ist, wird ein Angebot kaum verhindern. Schon in der Vergangenheit konnte sich das Familienunternehmen auf die Unterstützung der WestLB verlassen.

Die Verkaufsgespräche von Blackstone und Apax stehen indes unter hohem Zeitdruck. Der Grund: Sulos Hauptkunde, das „Grüne-Punkt“-Unternehmen Duales System Deutschland (DSD), schreibt derzeit die Hälfte seiner Aufträge neu aus – mit möglicherweise gravierenden Folgen für die beauftragten Entsorgungsfirmen: „Wir rechnen mit 20 Prozent Preisreduzierungen“, lässt ein Abfallmanager nach ersten Vertragsfixierungen mit dem DSD durchblicken. Ab dem Jahreswechsel muss deshalb auch Sulo mit sinkenden Erträgen rechnen.

Die schwindenden Margen in der Abfallwirtschaft, verstärkt durch strengere Vorschriften im Deponiegeschäft und steigende Spritpreise, könnten die Konsolidierung in der Branche schneller vorantreiben. Zumal das Müllgewerbe als vergleichsweise zersplittert gilt. Während die drei größten Konzerne in Spanien 57 Prozent und in Frankreich 53 Prozent Marktanteil besitzen, kümmern sich Deutschlands Top drei – Remondis, Sulo und Alba – nur um 17 Prozent des Hausmülls. Vor allem Firmen aus der zweiten Reihe werden zu Übernahmekandidaten. „Kommt es in den jeweiligen Entsorgungsregionen zu Oligopolen“, warnt Jörg Lacher vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, „führt dies unweigerlich zu Preiserhöhungen bei den privaten Haushalten.“

Die Familienkonzerne Remondis und Alba liefern sich beim Wettlauf um Marktanteile ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Unlängst hat Alba nach der Mehrheit beim börsennotierten DSD-Konkurrenten Interseroh gegriffen – nachdem Remondis seine Anteile auf Druck des Kartellamts abgeben musste. Zwar gelang es den Berlinern lediglich, ihre Beteiligung durch ein öffentliches Angebot auf 46 Prozent zu erhöhen, faktisch übt Alba damit aber die Kontrolle über das profitable Unternehmen aus. Gegenüber dem „Handelsblatt“ schloss Alba-Vorstand und Interseroh-Aufsichtsratschef Axel Schweitzer eine Erhöhung des Anteils nicht aus. Eric Schweitzer betonte, dass Alba mit Interseroh gut aufgestellt sei. „Damit fühlen wir uns sehr wohl“. Bei einer Übernahme von Sulo gebe es allerdings Überschneidungen und möglicherweise auch kartellrechtliche Probleme. Der Konzentrationsprozess auf dem Entsorgermarkt werde sich fortsetzen.

Der DSD-Konkurrent Landbell teilte am Montag mit, man werde am Mittwoch die Zulassung für Brandenburg erhalten und dürfe damit in allen Bundesländern Verkaufsverpackungen mit dem „Grünen Punkt“ entsorgen. Der US-Beteiligungsgesellschaft KKR dürften solche Ankündigungen schwer im Magen liegen. Vor knapp zwei Jahren erwarb KKR das DSD für 807 Millionen Euro. Angesichts sinkender Umsätze und kartellrechtlicher Beschränkungen werden die Investoren die Firma nun aber kaum noch los. HB/alf

Christoph Schlautmann

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