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Wirtschaft: Aldis Edeltochter erobert die USA

Bio-Kette Trader Joe’s drängt in Städte der Ostküste

Phoenix/Chicago - Catherine hat gute Laune. Sie bietet an einem der Probierstände vegetarische Tortellini an, und die Kunden stehen geduldig Schlange. „Ein toller Job, hier macht es Spaß zu arbeiten“, sagt die 54-jährige Verkäuferin, „und wir haben fabelhafte Produkte, die Sie sonst in keinem Supermarkt finden.“ Auch an den Kassen der Filiale von Trader Joe’s in Scottsdale im US-Bundesstaat Arizona stauen sich gegen 17 Uhr die Einkaufswagen.

Doch niemand klagt über die Wartezeit. Denn Einkaufen bei Trader Joe’s ist für viele Amerikaner mehr, als nur Lebensmittel in den Wagen zu legen. Die 345 Läden umfassende 1967 gegründete Discounter-Kette hat mittlerweile Kultstatus unter jenen Bürgern erreicht, die Wert auf ökologisch-korrekte Produkte ohne Konservierungsstoffe und künstliche Färbungen sowie eine außergewöhnliche Warenpalette legen: Mini-Tigerkürbisse, Lakritze in Hundeform, Truthahnfleischbällchen, Getoasteter Seetang und Meeresfrüchtewurst sind im Sortiment. Oder 30 verschiedenen Kaffeesorten, von Röstern aus Bali, Indien und New Orleans.

Nur die wenigsten Kunden wissen, dass ihre Einkäufe am Ende einem deutschen Konto gutgeschrieben werden. Denn Trader Joe’s ist eine Aldi-Tochter, im Jahr 1979 von Theo Albrecht gekauft und derzeit in den USA in Richtung der großen Ostküste-Metropolen expandierend. Trader Joe’s spezialisiert sich, anders als die großen Supermärkte, die durchschnittlich 50 000 Produkte anbieten, auf Ungewöhnliches. Das Sortiment ist mit rund 4000 Artikeln überschaubar – wobei die wichtigste Devise lautet: Qualität zu kleinem Preis. Als Edel-Aldi könnte man Trader Joe’s bezeichnen. Die Krise und die knappen Budgets der US-Bürger tragen einen Teil dazu bei, die Kette immer populärer werden zu lassen.

„Der einzige Laden, der mir für 60 Dollar zwei Wochen lang den Kühlschrank füllt“, lobt Kundin Brit in einem Internetforum. „Die Preise sind unschlagbar“, sagt auch Jennifer aus Chicago, die regelmäßig bei Trader Joe’s einkauft. „Und die Angebote sind ökologisch verträglich.“ Produkte aus China sind aus den Trader-Joe’s-Läden verbannt, seit sich Zweifel am Qualitätsstandard in den vergangenen Jahren häuften. Stattdessen setzt die Aldi-Tochter auf Waren mit eigenem Label, die 80 Prozent des Bestandes ausmachen – wie das Bier „Joseph Brau“ oder Backwaren namens „Baker Josef“.

Manchmal gibt es Lebensmittel sogar umsonst: Kunden, die Einkaufstaschen mitbringen, können Warenkörbe gewinnen. Kein Wunder also, dass die Zeitschrift „Consumer Report“ den Nobel-Discounter 2009 zur zweitbesten Supermarktkette wählte. Und wer in den USA eine Immobilie nahe einer Filiale anbietet, verzichtet mittlerweile auf einen Hinweis nicht mehr: „Zur U-Bahn und zu Trader Joe’s nur wenige Minuten.“ Friedemann Diederichs

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