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Wirtschaft: Allein durch die Krise

Wie lege ich 50 000 Euro an? Ein Test bei Banken und Sparkassen zeigt: Gute Tipps sind selten

Berlin – Nimmt man die Festigkeit des Händerdrucks als Maßstab für Solidität, Vertrauen und Zuversicht, führt mein Berater bei der Commerzbank mit weitem Abstand. Sein Kollege von der Berliner Sparkasse dürfte an Geduld und Gewissenhaftigkeit nur schwer zu überbieten sein. Deutsche Bank und Dresdner Bank rangieren da eher im Mittelfeld.

Die Frage lautete, wie ich in Zeiten der Finanzkrise 50 000 Euro anlege, die ich von meiner Tante geerbt habe. Das Gespräch bei der Commerzbank wurde nach kürzester Zeit unterbrochen: Bombenalarm. Bei der Sparkasse nahm man sich Zeit. Ich sollte ein- bis eineinhalb Stunden veranschlagen für die erste Runde, sagte man mir. Ob ich die hätte? Eineinhalb Stunden für die sichere und gewinnbringende Anlage von 50 000 Euro erschien eine lohnende Investition, also hatte ich die Zeit.

Sparkasse: Der Risiko-Typ ist entscheidend

Zu Gesprächsbeginn zückt der Berater einen umfangreichen Fragebogen und will meine Ziele und Wünsche wissen. Als mir so schnell keine großen Wünsche einfallen, hilft er mir auf die Sprünge. Weltreise? Ferienhaus? Wann wollen Sie aufhören zu arbeiten? Alles wird auf einer Zeitachse eingetragen. Die große Frage, die dahinter steht: Wann braucht der Kunde größere Geldbeträge, wie lang kann er sein Erbe anlegen? Nicht überraschend, dass auch der Familienstand und das Netto-Einkommen von Interesse sind. Dann folgt die aktuelle Vermögensaufstellung. Wo haben sie noch Konten, Geld oder Depots? Alles wird getreulich in Listen eingetragen.

Die erste Stunde vergeht schnell, und wir haben noch nicht über ein einziges Anlageprodukt gesprochen. Obwohl ich doch dafür gekommen bin. „Wir kennen uns ja noch nicht, wir müssen uns erst kennenlernen“, sagt mein Berater. Gut so.

Schließlich kommt er zum Wesentlichen, zu der alles entscheidenden Frage, besonders in diesen Zeiten. Welcher Risiko-Typ ich bin, will der Berater wissen. Ich ahne es, aber weiß es natürlich auch nicht. Mehrere Fragebögen helfen bei der Bestimmung. Das Ergebnis: Ich bin ein „wachstumsorientierter Anleger“ und „aufgeschlossen gegenüber Anlagen, die ein überschaubares Risiko bieten“.

Dann tritt Kollege Computer in Aktion. Sollte man sich in diesen Zeiten nicht lieber auf einen Ratgeber aus Fleisch und Blut verlassen, denke ich. Aber der Berater beruhigt: „Der Computer, der macht nur Vorschläge, ich wähle dann aus, und entscheiden tun Sie, aber erst wenn sie genügend Zeit hatten, über alles nachzudenken.“ Der Computer macht in der Tat Vorschläge, die im Groben verwertbar erscheinen. Aber bevor ich Ja oder Nein sagen kann, werde ich entlassen. Ich bin auch dankbar, zu Hause in Ruhe alles lesen zu können. Denn natürlich bekomme ich ein Protokoll, alle ausgefüllten Unterlagen und einen neuen Termin in wenigen Tagen.

Es folgt noch etwas Small Talk über das wichtigste Thema in diesen Tagen. Über Sicherheit, die Garantie der Bundeskanzlerin für Sparguthaben, die Zinsabschlagsteuer und Spekulationsfristen. Die erste Runde ist beendet, und der Kunde hat eine Idee, wie es weitergehen könnte. Fest steht schon mal: Festzinssparen, Aktien und Fonds. Keine Zertifikate, keine Immobilien und keine Derivate.

Zum Schluss hat der Banker noch zwei Fragen an den Kunden. Warum dieser zur Sparkasse gekommen sei und mit welchen Erwartungen. Ich kann ihm immerhin sagen, dass meine Erwartungen übererfüllt wurden. Ich bin gut beraten worden. Riskante Papiere wurden mir keinesfalls angedreht.

Commerzbank: Schnelle Geschäfte

Bei der Commerzbank sind wir im ersten Anlauf nicht weit gekommen. Gerade einmal hatte mein Berater gefragt, wie lange ich den Betrag denn anlegen wollte. Kurz- oder eher langfristig? Meine Antwort, „langfristig, etwa zehn Jahre“, quittiert er mit einem zweifelnden Lächeln. Auf die Frage, ob dies in seinen Augen nicht langfristig sei, konnte er keine Antwort mehr geben. Der Bombenalarm kam dazwischen. Im zweiten Anlauf werden wird dann immer wieder von Anrufen unterbrochen. Dem Berater ist schnell anzumerken, dass er einen stressigen Tag hinter sich hat. Eine Stunde für mich sollte da reichen.

Die Fragen sind dementsprechend dürftig. Seine Empfehlung wenig überraschend. Ein Immobilienfonds aus dem eigenen Konzern und gegebenenfalls Festgeld, ebenfalls aus dem eigenen Haus. In welchen Ländern der Fonds überhaupt Immobilien kauft und hält, müssen wir dann gemeinsam aus dem Prospekt erarbeiten. Die Frage nach den Kosten kann er ebenfalls noch nicht genau beantworten. Der Fonds läuft erst seit einem halben Jahr. Ich solle mir die Prospekte zu Hause in Ruhe durchlesen und mich dann wieder melden, so seine Bitte. Es gibt kein Protokoll und keinen Termin für ein weiteres Treffen.

Deutsche Bank: Ein Wust an Infos

Ein Protokoll gibt es auch bei der Deutschen Bank nicht. Immerhin arbeiten deren Berater glücklicherweise nicht nur aus Leidenschaft. Denn von Leidenschaft ist wenig zu spüren, die Arbeit aber ist dennoch gut. Viele, viele Fragen zur Steuer, zu Riester, zu Immobilien und zum Schluss ein Hinweis auf ein neues Angebot des Konzerns. Festgeld für ein halbes Jahr: 5,52 Prozent, durch die Kanzlerin abgesichert. Die andere Hälfte meines Vermögens könnte vielleicht in ein neues Produkt des Konzerns fließen: den „db Privat Mandat Comfort“ der DWS. Dieser Fonds wird derzeit auch heftig beworben. Der Clou, es gibt einmal im Jahr eine Kapitalgarantie, in die auch bis dahin aufgelaufene Gewinne einbezogen werden können. Der Haken: An einer neuen Auflage wird gerade gearbeitet, aktuelle Informationen sind deshalb noch nicht verfügbar. Das Gespräch dauert etwa eine Stunde, ich bekomme eine dicke Mappe mit Informationen über das ausgelaufene Produkt. Mein Berater wird für zwei Wochen in Urlaub gehen und sich danach melden, um einen neuen Termin zu vereinbaren. Zwei Wochen werde ich auch brauchen, um die Informationen durchzuarbeiten.

Berliner Volksbank: Kredite statt Krise

Bei der Berliner Volksbank überrascht die Beraterin, dass „Sie hier noch so ruhig sitzen können“. Sie ist momentan offenbar Schlimmeres gewohnt. Gerade kam in den Nachrichten, dass der Deutsche Aktienindex in Frankfurt am Main um rund zehn Prozent abgestürzt ist.

Es sind geschlossene Sonderfonds, die die Beraterin im Gespräch in den Vordergrund rückt. Gemeint sind Schiffsfinanzierungen oder Fonds im Bereich alternative Energien. Zum Beispiel aufgelegt von Union Investment, wie die Volksbank zum Genossenschaftsverbund gehörig. Die Beraterin hat alle relevanten Daten des Kunden bereits im Computer, immerhin ist die Volksbank die Hausbank des Kunden. Leider darf die Beraterin aber in der Risiko-Klasse Sonderfonds nicht tätig werden. Sie vereinbart aber gern ein Gespräch mit dem zuständigen Kollegen. Ein Prospekt zur Riester-Rente folgt fast schon automatisch.

Auf die aktuelle Börsenentwicklung und einzelne Werte kommt die Bankerin nicht weiter zu sprechen – auf Wunsch des Kunden, den dies ja offensichtlich nicht besonders interessiert. Da bleibt Zeit, um auf Pläne und Wünsche einzugehen und das Kreditangebot der Volksbank ins Gespräch zu bringen. „Ich prüfe mal ganz schnell und unverbindlich, welchen finanziellen Spielraum Sie bei uns haben.“

Daniel Rhée-Piening

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