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Wirtschaft: Allensbach-Umfrage: Führende Politiker und Manager stellen SPD-Regierung gutes Zeugnis aus

Ob es jederzeit seriöse Erkenntnis abwirft, mag man bezweifeln; ein Polit-Event mit Kultqualitäten ist es allemal, wenn Allensbach-Chefin Elisabeth Noelle-Neumann gemeinsam mit dem "Capital"-Chefredakteur die Ergebnisse des "ElitePanels" vorstellt. "Europas exklusivste Umfrage", wie die Autoren in streng wissenschaftlicher Bescheidenheit anmerken, wird seit 1987 und inzwischen drei Mal im Jahr erhoben.

Von Robert Birnbaum

Ob es jederzeit seriöse Erkenntnis abwirft, mag man bezweifeln; ein Polit-Event mit Kultqualitäten ist es allemal, wenn Allensbach-Chefin Elisabeth Noelle-Neumann gemeinsam mit dem "Capital"-Chefredakteur die Ergebnisse des "ElitePanels" vorstellt. "Europas exklusivste Umfrage", wie die Autoren in streng wissenschaftlicher Bescheidenheit anmerken, wird seit 1987 und inzwischen drei Mal im Jahr erhoben. Befragt werden jeweils 600 Spitzen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung - 26 Ministerpräsidenten und Minister aus Bund und Ländern zum Beispiel oder 378 Geschäftsführer. Wer diese "Elite" ist, wieso nur ein einziger Regierungspräsident dabei ist, wie sie parteipolitisch steht - Betriebsgeheimnis.

Was denkt und glaubt nun dieser exklusive Club? Große Einigkeit herrscht über die Konjunkturentwicklung der kommenden sechs Monate: 87 Prozent rechnen mit einem Aufwärtstrend, ganze zwei Prozent der Befragten sahen schwarz. Auch das politische Barometer der "Elite" folgt dem Trend der Leitartikelspalten in Deutschlands Zeitungen. Die Chefs sind zufrieden mit der Regierung und unzufrieden mit der Union, sehen für die Grünen schwarze und für die FDP rosige Zeiten voraus.

Das liest sich so: Nahezu einhellig finden die Befragten, dass die SPD unter Gerhard Schröder wirtschaftsfreundlicher geworden ist - mit deutlichen zwei Dritteln gegen ein Drittel glauben sie zugleich, dass die Union an Wirtschaftskompetenz verloren hat. "Die CDU war immer die Wirtschaftspartei", sagt Noelle-Neumann. "Sie verliert diese Position." Und kann sie vielleicht auch nicht so bald wieder aufbauen: Was "Neue CDU" sein soll, weiß knapp die Hälfte der Befragten nicht zu sagen - fragt man normale Bürger, sind sogar zwei Drittel ratlos. Es dominiert der Eindruck, es fehle an Linien: Bei Steuer, Rente, Einwanderungspolitik. Dafür geben die Elitären eine klare Kanzlerkandidaten-Präferenz an: Edmund Stoiber (52 Prozent), nicht Angela Merkel (33 Prozent).

Nach dem Warum wird nicht gefragt

Nur logisch, dass umgekehrt vor einem Jahr noch zwei Drittel der Spitzenkräfte dem Kanzler Schröder keine Zukunft über 2002 hinaus gaben, heute hingegen die gleiche Mehrheit mindestens bis 2006 mit dem Niedersachsen rechnet. Wieso freilich Schröder zur gleichen Zeit nur bei einer Charaktereigenschaft ("Geschick, gegensätzliche Positionen zusammenzuführen") besser bewertet wird als im Vorjahr, hingegen bei der Frage nach Charisma, Mut zu unpopulären Maßnahmen und politischem Urteilsvermögen deutlich zurückhaltendere Noten bekommt als 1999, mag die Elite wissen. Die den Führungskräften den Puls fühlt, schüttelt auf solche Nachfragen nur den Kopf: "Das ist das Herrliche: Die Demoskopie braucht nie Gründe anzugeben!"

Gründe immerhin, wenn auch weniger wissenschaftliche, weiß Noelle-Neumann dafür zu nennen, dass bei einem Minister-Ranking Promis wie Justizministerin Däubler-Gmelin und Non-Promis wie Jugendministerin Bergmann fehlen, aber der Kulturmann Michael Naumann, obwohl vom Rang nur Staatssekretär, dabei ist: "Die Elite antwortet nicht länger als zwölf Minuten am Telefon." So kommt es, dass Grünen-Gesundheitsministerin Fischer zum Schlusslicht im Kabinett wird, während Finanzminister Eichel einhellig als stärkster Mann nach dem Kanzler gilt, mit Abstand gefolgt von den Ministern für Äußeres und Inneres, Joschka Fischer und Otto Schily.

"Tja, die Grünen..." Die Pythia vom Bodensee wiegt bedenklich ihr schlohweißes Haupt. Glaubt man ihrer Elite, dann fehlt es der kleinen Regierungspartei nicht an Köpfen, sondern an Themen und Glaubwürdigkeit. Nur folgerichtig, dass drei Viertel der Befragten die FDP auf dem Weg zurück zur dritten Kraft sehen. Und zwar am liebsten (45 Prozent) mit einem Parteichef Westerwelle - Amtsinhaber Gerhardt rangiert mit recht anständigen 30 Prozent auf Platz zwei, weit abgeschlagen Möllemann: zwölf Prozent. An der These von der Wiedergeburt der FDP als Programmpartei scheiden sich die Geister. Die Polit-Elite glaubt nicht daran, die Wirtschaftsspitzen halb und halb.

Bleiben noch ein paar Wünsche an die Politik zu erwähnen, die die Allensbacher und das Wirtschaftsmagazin ihrer Elite mundgerecht vorformuliert haben: Keine weitere Erhöhung der Ökosteuer, mehr für die Großunternehmen, mehr aber auch für den Mittelstand tun und einen Kompromiss bei der Renten- wie bei der Steuerreform anstreben (die Umfrage stammt von Anfang Juli). Und zum Schluss: An eine Renaissance der Zeppeline glauben 48 Prozent der Elite. Und 48 Prozent nicht. Als Börsenempfehlung taugt das nicht so richtig.

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