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Gekauft. Microsol will fast alle Standorte und Mitarbeiter von Solon übernehmen – auch die Zentrale in Berlin-Adlershof, wo diese Module auf dem Dach stehen.

© David Heerde

Alles unter Dach und Fach: Indische Investoren feiern Solon-Übernahme

Indische Investoren haben die insolvente Berliner Solarfirma Solon übernommen. In der Zentrale Adlershof blickt man optimistisch in die Zukunft, die meisten Arbeitsplätze konnten gerettet werden.

Berlin - Stefan Säuberlich kann nicht mehr zählen, wie oft sie „beim Inder um die Ecke“ waren, um noch spät Abends über die Übernahme zu verhandeln. Dabei sei auch mal Rum oder Whisky geflossen. Am Dienstagabend kehrte der Solon-Chef aber vorerst zum letzten Mal in dem Restaurant ein: „Ich kann das Essen nicht mehr sehen“, ulkte Säuberlich. Nun wollte er mit den neuen indischen Partnern von Microsol einfach nur den Abschluss feiern. Dann fliegen die neuen Hausherren nach Hause und Säuberlich kann ab heute „möglichst nüchtern“, wie er betonte, wieder an die Arbeit gehen – nun zwar nicht mehr als Vorstandschef, dafür als Geschäftsführer der neuen Solon Energy GmbH.

Die alte börsennotierte Solon SE, Deutschlands erstes und einst größtes börsennotiertes Solarunternehmen, gibt es so nicht mehr. Am Dienstagnachmittag hatte Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg – wie erwartet – das Angebot des indischen Solarunternehmens Microsol formal angenommen und mit den Microsol-Chefs einen Vertrag zur Übernahme des Geschäftsbetriebs geschlossen. „433 der 471 Arbeitsplätze und der Standort Berlin sind damit gerettet“, teilte Wienberg mit. Auch die Tochtergesellschaften in Norditalien und den USA mit 177 beziehungsweise 58 Beschäftigten gehen an Microsol.

Deren Chefs waren gestern mindestens so gut aufgelegt wie Säuberlich, lobten diesen als „erfahrenen Manager und Sanierungsexperten“, den man weiterhin bei Solon brauche. Gleiches gelte wie für den bisherigen Technikvorstand Lars Podlowski. Auch von Insolvenzverwalter Wienberg zeigten sie sich beeindruckt. „Er war immer sehr darauf bedacht, dass möglichst viele Jobs erhalten bleiben“, sagte Anjan Turlapati, der Vorstandschef von Microsol dem Tagesspiegel.

Alle glücklich also? In der Zentrale im Forschungspark Adlershof schon. Dort würdigte selbst die Betriebsratsvorsitzende Sabine Lutze die Übernahme: „Wir haben den Eindruck gewonnen, dass Microsol ein Partner ist, der uns optimistisch nach vorn schauen lässt“, sagte sie.

Aktionäre, Gläubiger – vor allem aber der Bund so wie die Länder Berlin und Mecklenburg-Vorpommern verbuchen nun gleichwohl Verluste: Letztere hatten vor einem Jahr für Kredite in der Höhe von mehr als 146 Millionen Euro gebürgt, in der Hoffnung, Solon würde es ohne Insolvenz schaffen. Schon damals hatte Microsol ja über eine Übernahme verhandelt. „Uns war damals aber die Zeit davon gelaufen. Es war einfach zu spät“, sagte Solon-Chef Säuberlich jetzt. Auch der Microsol-Chef will den Vorwurf nicht im Raum stehen lassen, er habe damals eine Übernahme nur platzen lassen, weil er dann auch die 400 Millionen Euro Schulden, die auf Solon lasteten, hätte übernehmen müssen. „Solon steckte damals in einem sehr komplizierten Beziehungsgeflecht, da waren Banken, Regierungen und Regulierer involviert. Mit der Insolvenz haben wir erst den Durchblick gewonnen“, sagte Turlapati. Auch die jüngste Debatte um Kürzungen der Einspeisevergütung für Solarstrom hierzulande habe zwar „einige Gespräche mit dem Verwaltungsrat erfordert“, diesen aber letztlich nicht abgeschreckt.

Microsol schätze vor vor allem das technische Knowhow und die Erfahrung in der Projektplanung, die sich Solon in vielen Jahren hart erarbeitet habe. Microsol wolle mit seiner Tochter Solon zwar auch noch Freiflächenprojekte hierzulande umsetzen und Anlagen für Haus- und Fabrikdächer bauen, allerdings wolle man auch in andere europäische Märkte exportieren, sagte Turlapati. Dafür solle die Produktion in Berlin bleiben. In sechs bis acht Monaten solle das Adlershofer Werk das gewünschte Niveau erreichen.

So ganz allein wollen die Inder dann aber offenbar doch nicht auf deutsche Tugenden wie Fleiß vertrauen. Man werde bald einen Manager schicken, der mit dem Prinzip der „Hard-Core-Fertigung“ vertraut sei, sagte der Inder.

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