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Wirtschaft: Alles wird eins

Mit dem Handy über das Internet telefonieren, mit dem Computer fernsehen: 6262 Aussteller zeigen Neuheiten auf der Cebit

Berlin - Wie weit ist die Konkurrenz? Für die Unternehmen der Telekommunikations- und Computerbranche wird es immer wichtiger, den Wettbewerb im Auge zu haben. Denn die Konkurrenz kommt immer öfter aus Bereichen, mit denen die Firmen früher nicht gerechnet haben. Mobilfunk, Festnetz, Computer und Unterhaltungselektronik – alles wächst zusammen. Antworten finden die Unternehmen auf der weltgrößten Computermesse Cebit, die diese Woche in Hannover beginnt. „Die Cebit ist ein effizienter Weg, Geschäftspartner zu treffen und den Wettbewerb zu beobachten“, sagt Axel Freyberg, Telekommunikationsexperte der Unternehmensberatung A.T. Kearney. „Für Anbieter im Bereich Telekommunikation, Computer und Software ist sie sicher ein Muss.“

6262 Aussteller werden auf der Messe sein, 3305 davon aus dem Ausland. Die Stimmung in der Branche ist gut, weil die Investitionsbereitschaft bei den Kunden gestiegen ist, sagen Experten. Als Grund nennen sie den Technologieschub in der Telekommunikation und der Unterhaltungselektronik. Damit haben die Kunden einen Grund, neue Geräte zu kaufen.

Dabei werden nun Produkte Realität, die bereits im letzten Jahr angekündigt wurden. „Für großen Aufruhr sorgte damals ein Produkt, das bis heute in Deutschland noch nicht am Markt ist“, sagt Freyberg. Der Internetanbieter Freenet kündigte ein Handy an, mit dem man zu Hause über das Internet und unterwegs per Mobilfunk telefonieren kann. Freenet fand aber keinen Hersteller. „In diesem Jahr werden wir verstärkt Geräte sehen, über die man sowohl mobil als auch zu Hause über das Festnetz telefonieren kann, unter anderem als ,Dual Phone’ bei der Deutschen Telekom“, sagt Freyberg.

Die Festnetzanbieter versuchen so, ihr Geschäft zu verteidigen. Die Mobilfunkanbieter arbeiten ihrerseits daran, den Festnetzanschluss überflüssig zu machen: mit neuen Tarifen, mit denen man zum Beispiel zu Hause billiger telefonieren kann (Homezone) und mit noch leistungsfähigerer Technik. „UMTS wird für eine immer größere Zahl von Nutzern interessant, denn zur Cebit wird Highspeed-UMTS freigeschaltet, und es gibt jetzt auch eine große Auswahl an Endgeräten“, sagt Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom).

Doch nicht nur Festnetz- und Mobilfunkanbieter schielen auf die Umsätze der Konkurrenz, auch große Softwarefirmen wollen dabei sein, wenn aus dem Handy in immer stärkerem Maße ein Kommunikationsgerät wird. So wird es zum Beispiel bei Vodafone Handys mit Software von Microsoft geben. „Ich erwarte, dass wir künftig immer mehr Microsoft-Betriebssysteme auf Handys sehen werden“, sagt Freyberg. Die große Gefahr für die Mobilfunkanbieter: Mit der schnellen Funktechnik UMTS gelangen die Kunden über das Handy bequem ins Netz und können so auch unterwegs über das Internet telefonieren – zu deutlich günstigeren Tarifen.

Neuigkeiten wird es auch direkt aus dem Netz geben. Die Branche arbeitet am Internet der nächsten Generation, am Web 2.0. Dabei geht es um neue Wege für mehr Kommunikation und Interaktion im Netz – und auch darum, mehr Funktionen aus dem heimischen PC heraus ins Internet zu verlagern. Die Internetseiten „fühlen sich dann so an“, als ob das Programm zu Hause auf dem Rechner liefe. „Aus dieser Ecke werden wir sicher einige Innovationen sehen“, sagt A.T. Kearney-Experte Freyberg.

Dabei kämpfen alle – Telekommunikationsanbieter, Softwarefirmen und Gerätehersteller – um die Macht im Wohnzimmer. Die Deutsche Telekom, Kabelgesellschaften und andere Wettbewerber werden auf der Cebit mehr über ihre Triple-Play-Strategien verraten. Triple Play ist eine der großen Wachstumshoffnungen der Branche. Dabei geht es um das Angebot von schnellem Internet, Telefon und Unterhaltung (Spiele, Fernsehen, Filme) aus einer Hand über besonders leistungsfähige Leitungen. Die Telekom will dazu drei Milliarden Euro in ein neues Glasfasernetz investieren. Noch in diesem Jahr soll es losgehen. Doch wie das Angebot genau aussehen und was es kosten soll, hat sie noch nicht verraten.

Mit den neuen Triple-Play-Angeboten wiederum wandert der Computer endgültig vom Arbeits- ins Wohnzimmer. Dort angekommen verschmelzen im PC dann Fernseher, Videorekorder, Stereoanlage – und er steuert auch noch die Sicherheitstechnik im ganzen Haus. So jedenfalls stellt sich das die Branche vor.

Auch Bitkom-Mann Rohleder konstatiert eine gute Stimmung in der Branche. „Die Unsicherheiten der vergangenen beiden Jahre, was die politische und konjunkturelle Entwicklung betrifft, sind vorbei“, sagt er. „Die Investitionsbereitschaft ist gestiegen. Jetzt investiert auch der Mittelstand in neue IT-Systeme.“ Wegen des enormen Preis- und Wettbewerbsdrucks in der Telekommunikation, der 2005 auch die Mobilfunkbranche erreicht hat, hatte der Bitkom seine Wachstumsprognose auf 2,6 Prozent reduziert. „Für die Branche ist das hart, weil die Margen sinken. Der Kunde aber profitiert von den niedrigeren Preisen“, sagt Rohleder. Für 2006 erwartet der Verband bisher ein Wachstum um 2,4 Prozent auf 137,3 Milliarden Euro. „Diese Richtung werden wir halten“, sagt Rohleder.

Große Chancen für den Standort Deutschland sieht er in der RFID-Technik, die auf der Cebit ein eigenes Forum haben wird. Autofahrer, die ihre Wagentür per Fernbedienung aufschließen, kennen diese Funkerkennungstechnik bereits. Der Chip wird vor allem aber in der Logistik eingesetzt – weswegen auch der Handelskonzern Metro auf der Cebit sein wird. „Deutschland kann ein wichtiger Anbieter in dieser Technik werden. Wir haben die stärksten Logistikunternehmen hier im Lande, wie haben die Technik und die Systemanbieter“, sagt Rohleder.

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