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Pessimistisch. IWF-Chefin Christine Lagarde fürchtet, dass Deutschland 2013 die Abkühlung in den anderen Eurostaaten sowie in den Schwellenländern zu spüren bekommt. Deutschland habe auch bei den Investitionen nachgelassen. Foto: dapd

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Wirtschaft: Allgemeine Verunsicherung

Europa belastet die gesamte Weltwirtschaft / Internationaler Währungsfonds sorgt sich um die USA.

Tokio - Die europäische Schuldenkrise und politische Grabenkämpfe in den USA können die Weltwirtschaft nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds erneut in eine tiefe Krise stürzen. „Die Risiken für eine ernsthafte globale Konjunkturabkühlung sind alarmierend hoch“, warnt der IWF in seinem am Dienstag in Tokio veröffentlichten Weltwirtschaftsausblick. Auch für Deutschland senkte der Fonds wegen der unsicheren Lage seine Prognose deutlich. Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young gehen davon aus, dass hierzulande erst 2014 die Arbeitslosigkeit wieder sinkt. Für das kommende Jahr reduzierten die Berater ihre Wachstumsprognose für Deutschland von 1,4 auf 1,0 Prozent.

Der IWF geht nur von 0,9 Prozent aus, im Juli waren es noch 1,4 Prozent . Hauptgrund für die Korrektur sei vor allem die Abkühlung in den anderen Eurostaaten sowie in Schwellenländern, sagte IWF-Ökonom Jörg Decressin. Ferner habe Deutschland bei den Investitionen nachgelassen. Für das laufende Jahr beließ der IWF seine Schätzung bei 0,9 Prozent.

Weltweit wird mit einem Konjunkturplus von 3,3 Prozent in diesem und 3,6 Prozent im kommenden Jahr gerechnet. Die Werte wurden um 0,2 beziehungsweise 0,3 Prozentpunkte gesenkt. Für den Euroraum korrigierten die IWF- Volkswirte ihre Prognose ebenfalls nach unten. In diesem Jahr werde ein Minus von 0,4 Prozent verzeichnet. 2013 werde das Bruttoinlandsprodukt zwar wieder leicht um 0,2 Prozent steigen. Bisher war aber für die 17 Eurostaaten mit einem Wachstum von 0,7 Prozent gerechnet worden. Die düsteren Aussichten lassen sich laut dem IWF vor allem mit dem „allgemeinen Gefühl der Unsicherheit über die Zukunft“ begründen, sagte IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard. Es sei derzeit für Investoren sehr schwierig vorherzusagen, ob etwa Europa seine Probleme wirklich in den Griff bekommen könne. Im schlimmsten Fall bestehe sogar die Gefahr, dass das weltweite Wachstum zwei Prozent abstürze. Die Wahrscheinlichkeit dafür liege derzeit bei 17 Prozent. Im April lag sie noch bei vier Prozent.

Um einen globalen Niedergang zu verhindern, müssten in den USA die Gesetzgeber verhindern, dass im Januar wegen auslaufender Fristen drastische Steuererhöhungen und automatische Haushaltseinsparungen in Kraft treten. Ein Sturz von dieser „Fiskalklippe“ wie auch ein erneut drohender Streit über die Erhöhung der Schuldengrenze könnte die US-Wirtschaft in eine tiefe Rezession katapultieren. „Mit schädlichen Konsequenzen für den Rest der Welt“, sagte Decressin.

Auch in Europa dürfe der Kampf gegen die Krise nicht nachlassen. Spanien und Italien müssten die Haushalte sanieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. An den Notenbanken sei es, mit ihrer Geldpolitik weiter für niedrige Zinsen zu sorgen. Blanchard nannte das Zusammenspiel der verschiedenen Maßnahmen ein „komplexes Puzzle“. Werde es schnell vollendet, „kann man berechtigt darauf hoffen, dass das Schlimmste hinter uns liegen könnte“. Gleichzeitig lobte der IWF in seinem neuen Fiskalmonitor die meisten Länder für ihre Erfolge beim Defizitabbau. Weltweit werde das Minus in Bezug auf das BIP gerechnet im kommenden Jahr auf 3,5 Prozent sinken und damit mehr als einen Prozentpunkt unter dem Wert von 2011 liegen. Spanien dagegen werde sein mit der EU abgestimmtes Sparziel von 6,3 Prozent in diesem Jahr nicht erreichen, sondern bei 7,0 Prozent landen. Auch im kommenden Jahr werde das Land mit 5,7 Prozent über den vorgesehenen 4,5 Prozent landen.

Deutschland könne dazu beitragen, das Konjunkturklima zu verbessern, etwa durch weitere Strukturreformen. Die Bundesregierung müsse Mittel finden, um die Investitionsbereitschaft zu erhöhen und die Binnennachfrage anzukurbeln. Erneut regte der IWF Maßnahmen gegen den hohen deutschen Handelsüberschuss im Euro- Raum an. dpa

Marco Mierke

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