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Wirtschaft: Allianz sucht Partner für Dresdner Bank: Versicherungskonzern und Großaktionär unter Druck - Europäische Lösung oder Landesbanken als Alternativen

Der Staub um die zweite geplatzte Frankfurter Bankenfusion hat sich langsam gelegt. Im Gegensatz zur ersten Auflage des Scheiterns herrscht aber diesmal keine Klarheit über die Rolle der Münchner Allianz AG am Geschehen.

Der Staub um die zweite geplatzte Frankfurter Bankenfusion hat sich langsam gelegt. Im Gegensatz zur ersten Auflage des Scheiterns herrscht aber diesmal keine Klarheit über die Rolle der Münchner Allianz AG am Geschehen. Bei der verhinderten Ehe zwischen Deutscher und Dresdner Bank war die Schuldfrage noch klar auf Seiten der Kreditinstitute zu lokalisieren. Die Münchner, Großaktionär der Dresdner und mutmaßlicher Strippenzieher, wurden damals vom Aus der Gespräche ebenso überrascht wie negativ berührt. Im Fall Dresdner und Commerzbank darf spekuliert werden.

Offiziell war die Allianz nie an Gesprächen zwischen beiden Instituten beteiligt und sei deshalb nicht für ihr Scheitern verantwortlich. Halboffiziell räumen die Münchner gerade noch ein, zuletzt mit am Verhandlungstisch gesessen zu haben. Keinesfalls habe man aber Forderungen gestellt, die die Banker kurz darauf zur resignativen Feststellung veranlasst haben, die Bedürfnisse aller Beteiligten - also auch der jeweiligen Großaktionäre - seien nicht unter einen Hut zu bekommen. Dieser Darstellung der Allianz muss man nicht Glauben schenken.

Was die Münchner wollen, ist seit dem spektakulären Fall der gescheiterten Fusion zwischen Deutscher und Dresdner Bank klar. Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle will die neue Kernsparte Vermögensverwaltung ausbauen und benötigt dazu den Zugriff auf Bankfilialen als Vertriebsweg für eigene Versicherungsprodukte. Im Fall Deutsche/Dresdner wäre die hier zu Lande führende Publikumsfondsgesellschaft DWS bei der Allianz gelandet sowie eine wesentliche Beteiligung an der Deutsche Bank 24. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, bei Dresdner/Commerzbank deren fusioniertes Filialnetz sowie die Fondsgesellschaften DIT (Dresdner) und Adig (Commerzbank) als Objekt der Allianz-Begierde zu orten. Aussprechen mussten das die Münchner nicht.

Es könnte also durchaus sein, dass die beiden Spitzenbanker Bernd Fahrholz und Martin Kohlhaussen bei ihrer finalen Diskussionsrunde in München nicht nur die Räumlichkeiten der Allianz genutzt haben und dabei bemüht waren, vom hartnäckig forderungslosen Gesicht Schulte-Noelles eine Regung abzulesen. Es könnte auch sein, dass sie ihm schlicht nicht das bieten konnten, was er wollte. Offiziell war nur das Wertverhältnis beider Banken ein entscheidendes Kriterium für das Aus der Gespräche. Auch in diesem Punkt hatte die Allianz schon vor Wochen klargemacht, dass eine Parität zwischen beiden Geldhäusern nicht akzeptabel und ein Verhältnis 60 zu 40 zu Gunsten der Dresdner eher angemessen sei. Wenn Fahrholz sich dabei zum Sprecher der Allianz-Position gemacht haben sollte, würde das die Münchner dennoch nicht von Verantwortung entbinden.

Dafür, dass die Allianz nicht für das Scheitern der Bankenehe verantwortlich gemacht werden muss, spricht andererseits das Beispiel Hypovereinsbank (HVB) und Bank Austria. Auch bei der HVB ist sie Großaktionär. Beim Verschmelzen dieser Institute fällt operativ dennoch nichts für die Allianz ab. Sie profitiert nur als Anleger. Offensichtlich ist es also nicht so, dass der Versicherer chronisch habgierig wäre und ohne Zugriff auf Filialen oder Geschäftsteile keiner Transaktion zustimmt.

Grundsätzlich steht allerdings gerade nach der Steuerreform das Bekenntnis der Münchner im Raum, über die Jahre angehäuften Anteilsbesitz in Kerngeschäft umwandeln zu wollen. Dazu hat die Allianz schließlich jüngst den Fusionsspezialisten Paul Achleitner in den Vorstand geholt. Dessen Aufgabe kann es nicht sein, dabei zuzusehen, wie die Dresdner eine Fusion um die andere in den Sand setzt. Achleitner muss vielmehr zu Gunsten seines Arbeitgebers selbst Konzepte entwickeln. In Deutschland dürfte es dabei kurzfristig schwer sein, unter Banken neue Fusionen zu zimmern. Mittelfristig könnte die Europäische Kommission heimische Landesbanken und Sparkassen zu anlehnungsbedürftigen Kandidaten für weitere Bankenehen machen. Auf kurze Sicht bleibt dagegen nur ein länderübergreifender Schulterschluss. Erst jüngst hatte Vorstandschef Schulte-Noelle in einem Interview kund getan, dass die nächste Runde der Bankenfusionen eine europäische sein werde. Die Allianz wird das vermutlich offiziell wieder nur beobachten.

Thomas Magenheim-Hörmann

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