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Andreas Wimmer ist Firmenkundenvorstand bei der Allianz Leben.

© promo

Allianz-Vorstand im Interview: „Bei der Betriebsrente gibt es Nachholbedarf“

Allianz-Vorstand Andreas Wimmer über die Reformpläne der Regierung und neue Betriebsrentenangebote ohne Garantien.

Herr Wimmer, die Bundesregierung will die betriebliche Altersvorsorge reformieren. Taugt die Reform etwas?

Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung die betriebliche Altersvorsorge attraktiver machen will. Das ist ein gutes Zeichen. Die Regierung will erreichen, dass mehr Geringverdiener vorsorgen und dass noch mehr kleine und mittlere Arbeitgeber Betriebsrenten anbieten. Das ist wichtig. Hier gibt es Nachholbedarf.

Stimmen die Instrumente?

Das lässt sich im Detail erst beurteilen, wenn der Gesetzentwurf vorliegt. Insbesondere die Vorschläge des Bundesfinanzministeriums scheinen aber in die richtige Richtung zu gehen. Geringverdiener haben bisher kaum etwas von der steuerlichen Förderung, weil sie nur wenig Steuern zahlen. Es ist daher gut, wenn der Steuerbonus für diese Gruppe ausgeweitet wird. Wichtig ist hierbei auch das Thema Grundsicherung. Bisher wird die Betriebsrente mit der Grundsicherung verrechnet, das motiviert Menschen mit kleinen Einkommen nicht gerade zum Sparen. Und auch dass die Arbeitnehmer künftig höhere Beträge steuerfrei umwandeln dürfen, ist hilfreich. Kleine und mittlere Unternehmen kommen dann vielleicht mit nur noch einem Durchführungsweg aus, damit wird die betriebliche Altersversorgung einfacher.

Ist die Betriebsrente bisher eher was für Top-Manager, die im Alter noch ein paar Millionen extra kassieren?

Nein. Der Verbreitungsgrad ist zwar in Großunternehmen und bei Normal- bis Besserverdienenden höher, aber 60 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben eine betriebliche Altersvorsorge. Das Instrument ist also sehr weit verbreitet. Wenn man die Riester-Rente noch mit reinrechnet, sind wir sogar bei einem Verbreitungsgrad von mehr als 70 Prozent.

Kleine Arbeitgeber haben oft Angst vor der Bürokratie.

Wenn sie beispielsweise die Direktversicherung wählen, die Lebensversicherer anbieten, ist der Verwaltungsaufwand für die Firmen sehr überschaubar. Und die Digitalisierung wird die Verwaltung noch erleichtern.

Wie viele Verträge hat die Allianz in der betrieblichen Altersvorsorge?

3,7 Millionen Menschen verlassen sich bei ihrer Betriebsrente auf uns. Jeder vierte Arbeitnehmer, der die Direktversicherung nutzt, ist unser Kunde. Allein im vergangenen Jahr haben wir im Firmenkundengeschäft rund 92.000 Neukunden gewonnen.

Ist sichergestellt, dass ich mein Erspartes mitnehmen kann, wenn ich den Arbeitgeber wechsele?

Ja, in der Direktversicherung ist das möglich. Hier gibt es auch ein Übertragungsabkommen zwischen den Versicherern. Man kann den Vertrag auch privat fortführen, wenn man vorübergehend keinen Arbeitgeber hat.

Die Betriebsrente leidet unter den Niedrigzinsen. Was springt noch heraus?

Jede Form der kapitalgedeckten Altersvorsorge ist von den Niedrigzinsen betroffen. Bei der Allianz Leben sind wir ganz gut aufgestellt, wir haben hohe Reserven und breit gestreute Kapitalanlagen. Für dieses Jahr bieten wir für unser Vorsorgekonzept „Perspektive“ eine Überschussbeteiligung von vier Prozent.

„Perspektive“ zahlt aber keinen festen Garantiezins. Ist der Verzicht auf Garantien bei den Betriebsrenten angekommen?

Was den traditionellen Garantiezins anbelangt, ja. Wir haben auch in der betrieblichen Altersvorsorge den Schwenk hin zu höher rentierlichen Produkten mit neuen Garantien vorgenommen. Wir sehen das ganz deutlich in der Direktversicherung und bei der Entgeltumwandlung. Wir setzen jetzt auf kapitalmarktnähere Produkte, die uns mehr Anlagemöglichkeiten lassen und höhere Renditechancen bieten, aber zugleich die Vorgaben des Betriebsrentengesetzes erfüllen. Und wir wollen weiter die Kosten senken. Auch hier wird uns die Digitalisierung helfen, weil sie die Effizienz steigert.

Was garantieren Sie denn noch?

Wir geben mindestens eine Beitragsgarantie und garantieren eine Mindestrente. Es gibt zudem auch Varianten mit jährlich gutgeschriebenen Überschüssen. Letztlich entscheidet der Arbeitgeber über die angebotenen Vorsorgekonzepte.

Der hessische Finanzminister will, dass der Staat Betriebsrenten anbietet, weil das billiger ist.

Wir arbeiten bei den Betriebsrenten sehr kostengünstig. Wenn Sie etwa einen „Perspektive“-Vertrag in der betrieblichen Altersversorgung mit einer Laufzeit von 30 Jahren nehmen, dann mindern die Verwaltungs- und Vertriebskosten die Rendite gerade mal um 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte im Jahr. Das lässt sich sehen.

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium schlägt ein Standardprodukt vor – ein einfaches Produkt, das bei allen Unternehmen einheitlich sein soll.

Hier wäre für mich zunächst zu klären: Soll es um Rahmenbedingungen gehen, die Produkte erfüllen sollen, oder um eine echte Einheitslösung, die für alle gleich ist? Das ist ein Unterschied. Und ehrlich: Ich frage mich, ob eine solche Einheitslösung im Sinne der Arbeitgeber und Arbeitnehmer wäre.

Das Interview führte Heike Jahberg

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