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Wirtschaft: Alstom lehnt Siemens als Partner ab

Eine Kooperation kommt für die Franzosen nicht in Frage – Clement will darüber in Paris diskutieren

Paris - Alstom-Chef Patrick Kron steht mit dem Rücken zur Wand, teilt aber trotzdem kräftig aus. Bei der Vorstellung der Bilanz des Mischkonzerns erteilte Kron einer Partnerschaft mit dem Wettbewerber Siemens eine klare Absage: „Ich habe bereits vor einiger Zeit gesagt, das wir keine Gespräche mit Siemens führen, denn solch eine Annäherung ist weder im Sinne unserer Kunden noch unserer Aktionäre oder Mitarbeiter“, so Kron. Auf die Frage, ob Alstom mit Siemens nicht zusammen einen europäischen Champion bilden könnte, sagte er: „Wir sind für europäische Champions. Erfreulicherweise haben wir in Europa gleich zwei, einer davon ist Alstom.“

Kron stellte den Plan zur Rekapitalisierung für Alstom vor, im Zuge dessen der französische Staat zum größten Einzelaktionär aufsteigt. Nach wochenlangem Poker will EU-Wettbewerbs-Kommissar Mario Monti nun diese Beihilfen genehmigen, wenn Alstom binnen vier Jahren „industrielle Partnerschaften“ in den Kernbereichen Transport und Energie eingeht. Monti wollte sich nicht zu möglichen Partnern äußern, relativierte aber Krons Absage an Siemens: Es sei „verfrüht, jetzt schon mögliche und unmögliche Partner zu identifizieren.“

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) kündigte an, er werde das Thema Alstom beim deutsch-französischen Industriepolitik-Gipfel Anfang kommender Woche ansprechen. In dem Gespräch werde Berlin „ganz klar machen, dass Europa eine Industriepolitik braucht, die europäische Champions hervorbringt“, sagte Clement. Im Fall der Aventis-Übernahme durch das französische Unternehmen Sanofi-Synthélabo sei dies „nicht ganz zweifelsfrei“ gelungen. Anfang Mai hatte Clement vor einem drohenden Staatsinterventionismus in Frankreich gewarnt und mögliche Konsequenzen angekündigt.

Scharfe Kritik kam unterdessen von Wirtschaftsforscher Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner Ifo-Instituts: Frankreich habe sich bereits „die deutsche Pharmaindustrie einverleibt. Das kann jetzt nicht so weitergehen, indem sie Alstom mit riesigen Staatskrediten hochpäppeln, obwohl das Unternehmen ja eigentlich pleite ist“, sagte Sinn auf Deutsche-Welle-TV.

Alstom-Chef Kron betonte, dass sein Konzern bei einer Partnerschaft nicht die Rolle des Junior-Partners übernehmen werde. „Ich werde keine Zerschlagung von Alstom akzeptieren“, sagte Kron. Das Alstom-Management sieht in der großzügigen Hilfe der französischen Regierung indes keine Wettbewerbsverzerrung. Der Staat habe nur seine Arbeit gemacht und Alstom geholfen, die Folgen eines Unfalls zu überwinden. Als „Unfall“ gilt der Kauf des Großturbinen-Geschäfts vom Mischkonzern ABB. Denn diese Turbinen entpuppten sich als Fehlkonstruktionen.

Schlechter als befürchtet fiel das Ergebnis Alstoms für das abgelaufene Geschäftsjahr aus: Der Netto-Verlust lag bei 1,836 Milliarden Euro.

Holger Alich

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