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Der Standardrentner, der 45 Jahre gearbeitet und einen Durchschnittsbeitrag gezahlt hat, kommt nach jetzigem Recht im Jahr 2030 auf eine Rente von 1240 Euro.

© Marijan Murat/dpa

Altersarmut: IG Metall will die Rente retten

Das Zukunftskonzept der größten deutschen Gewerkschaft sieht ein höheres Rentenniveau vor, aber auch höhere Beiträge und mehr Beitragszahler: Beamte und Selbstständige sollen dazu kommen.

„Die Rente ist sicher.“ Der berühmte Satz des damaligen CDU-Sozialministers Norbert Blüm ist fast 30 Jahre alt und hat inzwischen die eine oder andere Ergänzung erfahren. Die gesetzliche Rente ist immer noch sicher, aber sie reicht sicher nicht für den gewohnten Lebensstandard im Alter.

Mit der Rentenreform von 2002 hat die damalige rot- grüne Regierung versucht, die private Vorsorge zu stärken (Riesterrente), um so die Lücke bei der gesetzlichen Rente zu schließen. Später wurde die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre erhöht, was die Lücke wiederum erhöhte. Und da in den vergangenen Jahren der Niedriglohnsektor größer wurde und Erwerbsbiographien immer lückenhafter, sind weite Teile der kommenden Rentnergenerationen von Altersarmut bedroht. Deshalb wird das Thema Rente im Bundestagswahlkampf 2017 eine Rolle spielen. Und deshalb hat auch der DGB das Thema ganz oben auf seiner Kampagnen-Agenda.

Der Beitragssatz könnte von 18,7 auf 25 Prozent steigen

Die IG Metall als größte DGB-Gewerkschaft stellte am Mittwoch in Berlin ein Rentenkonzept für die kommenden Jahrzehnte vor. Kernpunkte dabei: Auch Beamte und Selbstständige sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen; in konjunkturell guten Zeiten mit hohen Einnahmen sollten nicht die Beiträge gesenkt sondern das überschüssige Geld in einer „Demografiereserve“ für schlechte Zeiten zurückgelegt werden; der Zuschuss aus Steuermitteln sollte angehoben werden und schließlich müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf höhere Beiträge einstellen. Derzeit liegt der Satz bei 18,7 Prozent, nach Berechnungen der IG Metall wird er bis 2030 auf 22 bis 25 Prozent steigen.

Arbeitgeber haben Angst vor höheren Kosten

Die Reaktion der Arbeitgeber kam prompt. „Die IG Metall betreibt Rentenpolitik auf Kosten der Jüngeren“, teilte die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) mit. Aufgrund der demografischen Veränderungen werde der Beitragssatz in den kommenden Jahren ohnehin schon auf bis zu 24 Prozent steigen. Zusätzliche Belastungen seien nicht zu verkraften. Und überhaupt „dramatisiert die IG Metall die künftige Entwicklung der Renten“, die weiter steigen würden, „in der Regel etwas weniger stark als die Löhne“, argumentierte die BDA.

Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann rechnet dagegen vor, dass der Rentner, der 45 Jahre einen Durchschnittsbeitrag eingezahlt hat, heute (im Westen) 1370 Euro bekommt. Und bis 2030 reduziert sich der vergleichbare Betrag sogar auf 1240 Euro. „Wenn nichts passiert, besteht die Gefahr, dass das Rentenniveau weiter deutlich sinken wird oder die Regelaltersgrenzen weiter steigen“, meint Hofmann. Nach Erhebungen der IG Metall, die mit 2,3 Millionen Mitgliedern die größte Gewerkschaft ist, befürchten inzwischen 64 Prozent der Bundesbürger, dass sie von ihrer Rente nicht gut leben können. Für Hofmann ist damit die Legitimation der gesetzlichen Rente in Gefahr.

Arbeitnehmer würden mehr zahlen

Nach Einschätzung der IG Metall ist die Mehrheit der Beschäftigten bereit, für eine auskömmliche Rente während des Erwerbslebens höhere Beiträge zu zahlen. Derzeit ist der Beitragssatz vom Gesetzgeber bis 2030 bei 22 Prozent gedeckelt. Nach Einschätzung der IG Metall kann dieser Satz gehalten werden, wenn noch mehr Steuermittel als bislang in die Rentenkasse fließen und wenn der Kreis der Einzahler erweitert wird.

Zur Umsetzung ihrer Vorschläge plädiert die Gewerkschaft für ein Drei-Phasen-Modell. Das Absinken des Rentenniveaus wird demnach sofort gestoppt, anschließend sollen die Renten wieder an die Lohnentwicklung gekoppelt werden und schließlich das Rentenniveau auf „ein neues Sicherungsziel angehoben werden“. Wo das Ziel liegt, sei gesellschaftlich zu diskutieren und dann von der Politik zu entscheiden.

„Das Gesamtversorgungsniveau, das im jährlichen Rentenversicherungsbericht als Versorgungsziel von gesetzlicher und Riesterrente ausgewiesen wird, könnte eine Orientierungsgröße sein“, meinte Hans-Jürgen Urban, im IG-Metall-Vorstand für Sozialpolitik zuständig. Wenn man sich danach richten würde, dann liege die Durchschnittsrente nach 45 Beitragsjahren derzeit bei 1450 Euro und damit um 5,25 Prozent höher als die aktuelle Rente.

Das Thema kommt in den Wahlkampf 2017

Hofmann versteht das Konzept seiner Gewerkschaft, das auch verbindliche betriebliche Altersvorsorgesystem und flexiblere Übergänge in die Rente beinhaltet, als Debattenvorschlag für das Wahljahr 2017 und darüber hinaus. Denn die Einbeziehung von Beamten und Selbstständigen würde sowieso „nur über Generationen umsetzbar sein“, weiß der IG-Metall-Vorsitzende.

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